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Letzte Aktualisierung: 23.04.2024

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Immer mehr Deutsche erkranken an Asthma

Das neue "Weißbuch Lunge" gibt wertvolle Informationen

von Torben Brinkema

(31.03.2023) Alarmierende Zahlen stehen im neuen Weißbuch Lunge: Alle vier Minuten stirbt in Deutschland ein Mensch an den Folgen einer Lungen- oder Atemwegserkrankung. Das Auftreten von Asthma hat in den vergangenen Jahren um 17 Prozent zugenommen, das von chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD) um acht, von Lungenkrebs um 33 und von Lungenembolien um 71 Prozent. Das sog. Schlafapnoe-Syndrom, also verminderte Atmung oder Atemstillstände während des Schlafs, verzeichnet sogar einen Anstieg von 92 Prozent.

Die Autoren des neuen Weißbuchs Lunge: Professor Winfried J. Randerath, Professor Berthold Jany und Professor Adrian Gillissen
Foto: Christian Beier / Mike Auerbach / privat
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„Erstmals war es uns möglich, eine deutschlandweite, homogene Datenbasis von insgesamt 8,8 Millionen Versicherten für unsere epidemiologischen Analysen zu verwenden. Dies erlaubt uns eine sehr verlässliche und transparente Hochrechnung – mit der jetzt auch die Politik im Zuge der aktuellen Krankenhausreform verlässlich arbeiten kann“, erklärt Professor Winfried J. Randerath, einer der drei Autoren des Weißbuchs und Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP).

Das Weißbuch wurde am Donnerstag im Rahmen des Pneumologie-Kongresses mit 4.400 Teilnehmern in Düsseldorf erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Es fasst – auch für Patienten – die aktuellen Eckpunkte der häufigsten Lungenerkrankungen in Deutschland zusammen und erklärt in verständlicher Sprache die medizinischen Hintergründe von den Symptomen über die notwendige Diagnostik bis hin zur Therapie.

Grundsätzlich nimmt die Häufigkeit der meisten Lungenerkrankungen zu, teilweise stark. Und die langfristigen Folgen der Corona-Pandemie sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht einmal genau abzuschätzen. Dies stellt nicht nur die Pneumologie vor enorme Herausforderungen, sondern auch das gesamte Gesundheits- und Versicherungswesen. Mit dem Weißbuch Lunge, das die Deutsche Lungenstiftung (DLS) und die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) gemeinsam herausgeben, kann die Tragweite von pneumologischen Erkrankungen klar verdeutlicht werden – und dies bietet sowohl der Politik als auch dem Gesundheits- und Versicherungswesen eine wichtige Entscheidungshilfe.

„Diese transparenten Zahlen gab es in dieser Form und diesem Umfang noch nicht. Sie erlauben z. B. auch eine bessere Kostenabschätzung für den stationären Sektor. Und sie zeigen vor allem, dass es für die adäquate Behandlung von Atemwegs- und Lungenerkrankungen noch viel mehr Finanzierung braucht“, sagt Mitautor Professor Adrian Gillissen, Chefarzt der Medizinischen Klinik III an den Kreiskliniken Reutlingen. 

Bessere Datenqualität: Tuberkulose-Fälle gehen zurück – Niveau von Mukoviszidose und Lungenentzündungen gleichbleibend 

Auf relativ gleichbleibendem Niveau sind im Untersuchungszeitraum indes die Fälle von Mukoviszidose und Lungenentzündung. Eine Abnahme um sechs Prozent konnte bei der Tuberkulose festgestellt werden. Speziell für die Tuberkulose konnte auf Daten des Robert Koch-Institutes zurückgegriffen werden. In die umfassende Analyse des Weißbuchs Lunge wurden Daten der Dekade von 2010 bis 2019 einbezogen, anonymisiert zur Verfügung gestellt von der BARMER Ersatzkasse. Sie liefern verlässliche Zahlen darüber, wie häufig die wichtigsten Erkrankungen von Atmungsorganen in Deutschland auftreten – und wie sich deren Verbreitung entwickelt.

Das Weißbuch Lunge erscheint seit 1996, zuletzt 2014. „Die Qualität der Daten für die vollständig überarbeitete Auflage des Weißbuches Lunge hat sich gegenüber der Version von 2014 signifikant verbessert, weil noch mehr und detailliertere Datenquellen verwendet werden konnten. Und diese heterogenere Datenbasis belegt eindeutig, dass die meisten Lungenerkrankungen häufiger auftreten“, ergänzt Randerath, Chefarzt und ärztlicher Direktor des Krankenhauses Bethanien in Solingen und Direktor des wissenschaftlichen Instituts für Pneumologie an der Universität zu Köln. 

Guter Ausgangspunkt für nächstes Weißbuch mit Pandemie-Auswirkungen 

Um diesen neuen, großen Herausforderungen zu begegnen, ist auch eine exzellente Forschung wichtig. In einem separaten Kapitel widmet sich das Weißbuch Lunge explizit der pneumologischen Forschung, die sich in den vergangenen Jahren erfolgreich weiterentwickelt hat. Mit Blick in die Zukunft sagt Mitautor Professor Berthold Jany: „An diesem Weißbuch haben wir zusammen mit unseren Kooperationspartnern über vier Jahre lang gearbeitet, auch über die gesamte Corona-Zeit hinweg. Die Datenbasis für diese Auflage haben wir bewusst mit dem Jahr 2019 beendet, denn mit dem Start der SARS-CoV-2-Pandemie im Frühjahr 2020 ergeben sich sehr wahrscheinlich noch einmal neue Entwicklungstendenzen, die den aktuellen Trend verstärken könnten. Die tatsächlichen Auswirkungen auf die stationäre und ambulante Versorgung werden wir erst vollständig im nächsten Weißbuch behandeln können. Die jetzt vorliegenden Zahlen bieten dafür einen zuverlässigen Ausgangspunkt“, so der Mediziner, ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin.

Über die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. 

Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) hat sich als wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaft darauf spezialisiert, die Prävention, Diagnostik sowie Therapie von Atemwegs- und Lungenerkrankungen zu verbessern. Lange stand dabei die Tuberkulose im Vordergrund, seit den 1960er-Jahren haben Volkskrankheiten wie Asthma, die dauerhaft atemwegsverengende Lungenerkrankung COPD, Lungenentzündung und Lungenkrebs die Pneumologie zu einem der großen Schwerpunktfächer der Inneren Medizin gemacht. 

Wichtige aktuelle Themen sind die Entwöhnung vom Rauchen, die Auswirkungen von Luftschadstoffen auf die Atemluft, schlafbezogene Atmungsstörungen, die Beatmungsentwöhnung sowie das Coronavirus SARS-CoV-2 und die daraus resultierende Infektionskrankheit COVID-19. Die DGP wurde 1910 gegründet und hat heute rund 4.700 Mitglieder aus Medizin und Forschung. Weitere Informationen unter www.pneumologie.de


 

 


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