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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Hessen hat neuem Glücksspielstaatsvertrag zugestimmt

von Bernd Bauschmann

(06.04.2021) Ein großes Wunder war dies nicht, denn immerhin hatte Hessen längst angedroht, wenigstens im Sportwettenbereich eigene Lizenzen zu vergeben, wenn nicht endlich eine gültige Regelung gefunden werden würde.

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Der neue Glücksspielstaatsvertrag wurde von Hessen angenommen - bald ist der Weg für eine Regulierung der Online-Casinos also frei.
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Was müssen Spieler in Zukunft beachten?
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Zusammen mit, aktuell, zehn anderen Bundesländern stimmte auch Hessen dem neuen Glücksspielstaatsvertrag zu. Aber was bedeutet die Umsetzung und sind eigentlich alle Länder vollends zufrieden mit der Regelung? Dieser Artikel schaut sich das einmal an.

Es haben bereits viele Bundesländer zugestimmt
Elf Bundesländer gaben ihre Zustimmungen, zwei weitere Länder fehlen noch, damit der Glücksspielstaatsvertrag als ›vollends angenommen‹ klassifiziert werden kann. In Kraft treten wird er – vermutlich – auch, wenn keine 13 Länder zusammenkommen. Die Zeit drängt und wenngleich die Kritik, die fast alle Länder äußern, berechtigt ist, ist die Regelung des Onlineglücksspiels zu wichtig. Aber warum ist das so?

  • Druck – in Deutschland ist das Online-Glücksspiel, bis auf wenige Ausnahmen, verboten. Nach EU-Recht ist es aber erlaubt, sofern der Anbieter innerhalb der EU lizenziert ist. Somit floriert das Online-Glücksspiel gerade im Casinobereich, was für die Länder, die keine Lizenzen vergeben, tatsächlich nachteilig ist. Denn dort, wo eine Lizenz vergeben wird, ist auch ein Sitz des Casinos, der besagt, dass Einnahmen versteuert werden müssen. Deutschland geht aktuell also viel Geld verloren.
  • Keine Kontrolle – ohne eigene Lizenzen hat Deutschland keine Kontrolle über den Glücksspielmarkt im Internet. Das Netz ist grenzenlos und Deutschland hat keine Handhabe, gegen Casinos vorzugehen, die in Malta stationiert sind.
  • Kritik – Datenschutz und Spielerschutz sind zwei Faktoren, die am neuen Glücksspielstaatsvertrag kritisiert werden. Um das Einzahlungslimit zu kontrollieren, soll beispielsweise ein Superaccount erschaffen werden, der alle Spielvorgänge eines Spielers erfasst. Dies ist datenschutzrechtlich schwierig. Zugleich ist der Spielerschutz ein Thema, wobei hier besonders die Werbemöglichkeiten genannt werden. Jeder Bürger kennt die Glücksspielwerbung, die täglich, scheinbar rund um die Uhr, im TV läuft.
  • Örtliche Spielstätten – sie haben ihre eigenen Kritikpunkte. So müssen Casinos und Spielhallen vor Ort gewisse Abstandsregeln zu Jugend- und Kindereinrichtungen einhalten. Das Online-Glücksspiel hebt diese Abstandsregeln auf, jedoch nur für die Online-Optionen. Das heißt: Mitunter muss das Casino 350 Meter vor dem Jugendzentrum schließen, während ein Onlinespieler auf der Bank des Spielplatzes zocken kann.
  • Gefahren – das Glücksspiel soll zudem reguliert werden, was sich insbesondere bei den Sportwetten deutlich zeigt. Hier sollen die Live-Wetten hart beschränkt werden. Diesbezüglich warnen etliche Seiten, dass Spieler automatisch zu illegalen Angeboten abgedrängt werden, wenn die Einschränkungen zu heftig sind. Zumal die illegalen Angebote weiterhin nach EU-Recht legal wären, denn dieses Recht kann aus deutscher Sicht gar nicht berührt werden. Man würde allerdings den Vorteil verlieren, Spielern eine sichere Umgebung zu bieten, wenn diese für ihre Lieblingswetten wiederum abwandern müssten.

Auf der anderen Seite ist die Zustimmung zum Staatsvertrag auch ein politisches Ränkespiel. So heißt es immer noch, dass Sachsen-Anhalt die Zustimmung von Änderungen am Rundfunkgebührenvertrag abhängig macht. Was wiederum bedeuten würde, dass das Bundesland wohl die neu zu erschaffende Glücksspielbehörde verlieren würde, denn diese kann nicht in einem Bundesland stehen, welches dem Vertrag nicht zustimmt.

Trotz aller Hindernisse ist davon auszugehen, dass der Glücksspielstaatsvertrag ganz normal zum 01. Juli in Kraft tritt. Einen Tag vorher endet der bisherige Vertrag und echte Übergangsfristen sind nicht vorgesehen. Im Endeffekt könnte nur das eintreten, was 2012 schon geschehen ist: Die zustimmenden Länder haben einen Vertrag, die nicht zustimmenden Länder nutzen übergangsweise eigene Regelungen. Schleswig-Holstein, 2012 der Ausreißer, vergab eigene Lizenzen und trat kurze Zeit später dem Glücksspielstaatsvertrag bei.

Was ändert sich?
Die wichtigste Antwort zuerst: Für Spieler ändern sich nur Details. Natürlich hieß es bislang, dass das Online-Glücksspiel in Deutschland illegal sei, doch reichte dieser Blickwinkel nur bis zum deutschen Tellerrand. Das EU-Recht verspricht Dienstleistungsfreiheit für in der EU lizenzierte Unternehmen, sodass das Spiel auf EU-rechtlichem und legalem Boden stattfand. Auch eine deutsche Lizenz ist, aus diesem Blickwinkel, eine EU-Lizenz.
Natürlich bedeutet eine Lizenzierung automatisch eine Regulierung, wodurch sich Änderungen ergeben:

  • Einzahlungslimit – Spieler dürfen nur noch bis zu 1.000 Euro monatlich einzahlen. So ganz ist dieser Punkt nicht geklärt, denn ob sich das Limit auf ein Casino, auf Casinos, auf Casinos und Sportwetten oder auf alle Angebote inklusive Lotto beziehen, wurde nicht klar kommuniziert. Für die meisten Spieler dürften jedoch 1.000 Euro im Monat schon jetzt ein nicht erreichtes Limit sein. Hier finden sich Casinos, wo man mit kleinem Betrag spielen kann.
  • Spielerschutz – er soll deutlich aufgewertet werden. Das Limit ist ein Punkt. Künftig ist es jedem Spieler möglich, sich auf eigenen Wunsch deutschlandweit in Casinos und bei Sportwettenanbietern sperren zu lassen. Diese Regelung funktioniert on- und offline. Für kurze Sperrungen sind Panikknöpfe da, sie sperren Spieler für 24 Stunden. Auch Casinos sind angehalten, auffällige Spieler zu melden. Besonders soll die Werbung reglementiert werden und ins Nachtprogramm kommen.
  • Einschränkungen – im Sportwettenbereich trifft es vermutlich die Live-Wetten. Unsicher ist, wie es mit virtuellem Roulette und Poker aussieht, sofern die Spiele nicht im Live-Bereich stattfinden. Während der aktuellen Duldungsphase dürfen die Teilnehmer diese Spiele nämlich nicht anbieten.
  • Pluspunkte – die Lizenzierung hat den Vorteil, dass Spielern bald mehr Zahlungswege zur Verfügung stehen. Eigentlich dürften Banken und Sparkassen nämlich keine Ein- und Auszahlungen aus dem Online-Glücksspiel akzeptieren. Dass eine Ablehnung bislang eigentlich nie geschieht, steht auf einem anderen Blatt.

Spieler selbst müssen sich wohl die geringsten Sorgen machen. Wer jetzt schon in einem Casino zockt, welches in Schleswig-Holstein zugelassen ist, der kann davon ausgehen, dass der Anbieter auch deutschlandweit eine Lizenz beantragt und erhält. Dasselbe gilt für die Anbieter, die an der Duldungsphase teilnehmen. Sie werden wohl vorzugsweise behandelt.

Fazit – was lange währt ...
Rund um das Online-Glücksspiel wurde über Jahre abgewartet, um jetzt einen Glücksspielstaatsvertrag aufzusetzen. Zur Erinnerung: Im letzten Staatsvertrag wurde die Onlinewelt hart gekürzt. In vollkommen trocknen Tüchern ist der Vertrag noch nicht, da sich aktuell noch einige Länder zieren, ihre Unterschriften zu geben – dies kann jedoch auch drängenderen Problematiken geschuldet sein. Für Spieler gibt es dennoch die gute Nachricht, dass sich bis auf Lizenzen für die meisten Zocker wenig ändert.