Letzte Aktualisierung: 11.12.2024
Großes Interesse an Wiederverwendung beim Re-Use Symposium
von Ilse Romahn
(28.09.2022) Am 7. September fand das erste Re-Use Symposium für mehr Wiederverwendung in Hessen statt. Der Veranstaltungsbericht ist nun online verfügbar unter re-use-hessen.de/symposium. Über 80 Teilnehmende aus Kommunen und Landkreisen, öffentlich-rechtlichen Entsorgern, sozialen Secondhand-Warenhäusern sowie Kultur, Bildung und Wissenschaft diskutierten beim Re-Use Symposium über Chancen und Perspektiven in der Wiederverwendung.
Denn noch immer landen zu viele Gegenstände und Geräte in der Tonne oder dem Wertstoffcontainer, die eigentlich noch verwendet werden können. Für eine effiziente Sammlung und Aufarbeitung gibt es in hessischen Kommunen und Landkreisen gute Beispiele, aber auch noch viel Handlungsbedarf.
Die Aufarbeitung von gebrauchten Waren erfordert viel Handarbeit und Fachwissen. Das zeigen die Vorträge des EAD Darmstadt über das „Kaufhaus der Gelegenheiten“ und der GWR Frankfurt über die Sammlung, Prüfung und Reparatur von Elektroaltgeräten. Der Landkreis Darmstadt-Dieburg präsentierte einen regionalen Bauteilkreisel mit anschaulichem Handbuch über Einsatzbereiche für wiederverwendete Bauteile. Die bundesweit aktive Plattform Weitergeben.org stellte aktuelle Forschungsergebnisse über die Herausforderungen bei der Weitergabe von Schulmöbeln und kommunalen Möbeln vor.
Viele Handgriffe sind notwendig bis Waschmaschinen und Kinderspielzeug, Klinkerfassaden und Waschbecken, Schultische und Büromöbel beim neuen Verwendungszweck angekommen sind. Kostendeckend sind diese Tätigkeiten unter derzeitigen Marktbedingungen selten. Qualitätsgeprüfte Re-Use Produkte können oft nicht mit günstig importierten Neuprodukten aus dem Ausland konkurrieren. Dabei ist der ökologische Nutzen und soziale Mehrwert erheblich. Jede Verlängerung der Produktnutzungsdauer verringert den Verbrauch von Primärrohstoffen, Wasser und Energie für die Neuproduktion. Die Abhängigkeit von globalen Lieferketten wird reduziert und es entstehen einheimische Arbeitsplätze. Der hohe Anteil an Handarbeit und spezifischem Fachwissen birgt jede Menge Potenzial für Ausbildung und Qualifizierung in der betrieblichen Praxis.
Die Vorteile von Wiederverwendung wurden im Vortrag von Matthias Neitsch, Vorsitzender des Re-Use und Reparatur-Netzwerk Österreich (kurz: RepaNet) besonders deutlich. In Österreich haben die 43 RepaNet-Betriebe im Jahr 2021 Arbeit für insgesamt 3000 Menschen ermöglicht, neue Jobchancen für 1879 ehemalige langzeitarbeitslose Menschen realisiert und 145 Jobs für Menschen mit Behinderungen gesichert. Es wurden 17.440 Tonnen gesammelter Waren durch 168 Re-Use Shops der Wiederverwendung zugeführt und damit fünf bis sechs Millionen Euro kommunale Entsorgungskosten gespart und 266.600 Tonnen CO₂-Äquivalente gespart. Vergleichbare Zahlen präsentierten der europäische Dachverband RREUSE und der deutschen Verband Re-Use Deutschland, die ebenfalls beim Symposium vertreten waren.
Eine gezielte Vernetzung bietet großes Potenzial sich gegenseitig zu unterstützen, voneinander zu lernen und Möglichkeiten für Kooperationen zu entdecken. Denn nicht immer können die Herausforderungen im Spannungsfeld zwischen Umweltrecht, Arbeitsmarktförderung und sozial verantwortlicher Betriebsführung von den Kommunen oder Betriebs alleine gelöst werden. „Gemeinsam sind wir stärker“ lautet eine wiederkehrende Einschätzung in den Gesprächen auf dem Re-Use Symposium. Die GWR - Gesellschaft für Wiederverwendung und Recycling treibt deshalb im Auftrag des hessischen Umweltministeriums und des Umweltamts der Stadt Frankfurt den Aufbau eines hessenweiten Re-Use Netzwerks voran.
Mit überzeugenden Botschaften möchte das entstehende Re-Use Netzwerk das Thema Wiederverwendung in die Mitte der Gesellschaft tragen. Re-Use soll Lifestyle werden. Nicht nur ökologisch und fair, sondern auch bezahlbar und attraktiv. Angesichts von Krisen wie den Störungen der globalen Lieferketten, Klimakollaps und Energieknappheit sind attraktive Angebote wichtig. Eine Riesenchance für die Re-Use Branche, die nun beweisen kann, was in ihr steckt. Durch gemeinsames Marketing, abgestimmte Positionen, Erfahrungsaustausch und Weiterbildung können Marktchancen erschlossen und öffentliche Gebührenhaushalte entlastet werden. Denn nachhaltig konsumieren muss einfach und bezahlbar sein.
Im organisierten Zusammenwirken realisieren regionale Partner die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Potenziale von Wiederverwendung. Die Zusammenarbeit zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgern und qualifizierenden Secondhand-Warenhäusern ermöglicht eine effiziente Sammlung, Logistik und Vermarktung von gebrauchten Waren. Kommunen können auf diese Weise die Verpflichtungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes einhalten und ihre Klimaschutzziele erreichen. Und für Bürgerinnen und Bürger entsteht eine attraktive Konsumlandschaft, die nachhaltigen Konsum auch mit kleinem Geldbeutel ermöglicht.
Mehr Infos zum Aufbau des Re-Use Netzwerks in Hessen finden sich unter re-use-hessen.de.
Weitere Informationen gibt es unter umwelt.hessen.de/Nachhaltigkeit-und-Ressourcenschutz/Netzwerk-ReUse und frankfurt.de/themen/umwelt-und-gruen/umwelt-und-gruen-a-z/abfall/abfall-und-muellentsorgung/zero-waste-city. (ffm)