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Letzte Aktualisierung: 23.04.2024

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FR-Redakteur Pitt von Bebenburg mit dem Otto-Brenner-Preis ausgezeichnet

von Ilse Romahn

(21.10.2021) Pitt von Bebenburg, hessischer Landeskorrespondent der Frankfurter Rundschau (FR) in Wiesbaden, hat den mit 10.000 € dotierten 1. Preis für kritischen Journalismus 2021 der Otto Brenner Stiftung erhalten.

Pitt von Bebenburg
Foto: Christoph Boeckheler
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Damit zeichnet die Stiftung von Bebenburgs investigative Artikelserie aus, die seit Juli 2020 in der FR veröffentlicht wurde und die dem Zusammenhang zwischen rechtsextremen Drohschreiben des Absenders „NSU 2.0“ und zuvor erfolgten, illegalen Datenabfragen der hessischen Polizei auf den Grund geht.

Im Dezember 2018 erfuhr die Öffentlichkeit erstmals von rechtsextremen Morddrohungen unter dem Absender „NSU 2.0“ – und davon, dass vorher persönliche Daten der betroffenen Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz von einem Polizeicomputer abgefragt worden waren. Seitdem ist der Kabarettistin Idil Baydar und der Linken-Politikerin Janine Wissler dasselbe widerfahren: Auch ihre Daten wurden illegal abgerufen, auch sie wurden weiterhin von „NSU 2.0“ mit dem Tode bedroht. Pitt von Bebenburg rückte in die Öffentlichkeit, was den drei Frauen, die sich klar gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit positionieren, widerfahren ist, gab ihnen eine Stimme und setzte die Verantwortlichen so unter den notwendigen Handlungsdruck.

Nach Auffassung der Jury der Otto Brenner Stiftung hat Pitt von Bebenburg damit „etwas sehr Beachtliches“ geschaffen: Seine Rechercheleistung löste einen Polizei- und Politskandal aus und bewirkte zum einen personelle Konsequenzen und zum anderen, dass die Verantwortlichen sich zwei Jahre nach den ersten Morddrohungen endlich ernsthaft mit rechtsextremen Umtrieben in den Sicherheitsbehörden beschäftigten: „Eine journalistische Leistung, die aller Ehren wert ist.“ Gleichzeitig, so die Jury-Begründung, sei von Bebenburg etwas Fulminantes gelungen, indem er sich bei seiner Arbeit „Differenzierung (…) und die Achtung vor demokratischen Institutionen“ bewahrt habe. Beides Phänomene, „die in unserer Zeit erschreckend rasch schwinden und dabei so wichtig im Kampf gegen rechts sind.“

„Ich freue mich sehr über die Auszeichnung mit dem Otto Brenner Preis“, so der Preisträger Pitt von Bebenburg. „Die umfangreichen Recherchen zu den rechtsextremen und rassistischen Drohmails mit dem Kürzel ,NSU 2.0‘ und den damit verbundenen illegalen Polizeiabfragen wären nicht möglich gewesen ohne die Unterstützung der gesamten Redaktion der Frankfurter Rundschau.“

Die Ehrung besitzt für die Frankfurter Rundschau besonders große Bedeutung, weil es zu den Kernanliegen der Zeitung seit ihrer Gründung im Jahr 1945 gehört, rechtsextreme Tendenzen aufzudecken – erst recht, wenn sie sich in Sicherheitsbehörden zeigen und die Politik nicht energisch dagegen einschreitet. „Ich sehe den Preis als Ermunterung, die Arbeit auf diesem Feld fortzusetzen, und verstehe ihn zugleich als Rückenstärkung für alle Opfer von rechtsextremer Bedrohung und Gewalt in diesem Land“, sagt Pitt von Bebenburg.

Thomas Kaspar, Chefredakteur der Frankfurter Rundschau, freut sich, dass der Preis zum zweiten Mal in Folge an einen FR-Redakteur geht. „Pitt von Bebenburg hat bei seiner Artikelserie Außergewöhnliches bewirkt. Artikel wie seine beweisen, welchen Einfluss die Medien als vierte Säule der Demokratie nach wie vor auf Missstände in der Gesellschaft und Politik haben. Ich freue mich für ihn, dass seine Leistung in dieser besonderen Weise gewürdigt wurde.“

Im vergangenen Jahr erhielt Gregor Haschnik den ersten Preis der Otto Brenner Stiftung für seinen Artikel „Wie starb Jan H.?“, in dem er dem Sekten-Mord an einem vierjährigen Jungen in Hanau auf den Grund ging. Haschnik und von Bebenburg nehmen ihre Preise gemeinsam am 22. November in Berlin in Empfang.

Die Artikel über den „NSU 2.0“-Skandal finden sich hier: https://www.fr.de/rhein-main/ausgezeichnete-recherche-91055658.html.

Pitt von Bebenburg, der in Frankfurt Soziologie studiert hat, berichtet seit mehr als 40 Jahren als Journalist für die Frankfurter Rundschau. Nach Stationen als stellvertretender Nachrichtenchef in Frankfurt und Hauptstadt-Korrespondent in Berlin arbeitet er seit 2005 als hessischer Landeskorrespondent der FR. Direkt aus Wiesbaden schreibt er über die hessische Landespolitik - und verfasst regelmäßig zum Ausklang der Woche die Kolumne "Gut gebrüllt".