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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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EU-Prüfer nehmen Schutz der Fluggastrechte während der COVID-19-Krise ins Visier

von Ilse Romahn

(23.03.2021) Der Europäische Rechnungshof hat eine Prüfung eingeleitet, um zu bewerten, ob die Kommission wirksame Maßnahmen ergriffen hat, um die Rechte von Bürgerinnen und Bürgern, die während der Coronavirus-Krise mit dem Flugzeug gereist sind oder Flüge gebucht haben, zu sichern.

Die Prüfer werden untersuchen, ob die derzeitigen Vorschriften über die Fluggastrechte ihren Zweck erfüllen und ausreichend robust sind, um sich in einer solchen Krise zu bewähren. Sie werden genau hinschauen, ob die Kommission engmaschig verfolgt hat, dass die Fluggastrechte in der Pandemie eingehalten wurden, und entsprechende Schritte unternommen hat. Bewertet werden soll außerdem, ob bei der Gewährung staatlicher Soforthilfen für die Reise- und Verkehrsbranche Fluggastrechte von den Mitgliedstaaten berücksichtigt wurden.

\"In Zeiten der COVID-19-Pandemie mussten die EU und die Mitgliedstaaten ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Wahrung der Fluggastrechte und der Unterstützung von in Schwierigkeiten geratenen Fluggesellschaften finden\", erklärt Annemie Turtelboom, das Mitglied des Hofes, dem die Leitung der Prüfung untersteht. \"Im Rahmen unserer Prüfung werden wir analysieren, ob die Rechte von Millionen von Flugreisenden in der EU im Kampf um die Rettung von in Not geratenen Fluggesellschaften nicht auf der Strecke bleiben.\"

Der COVID-19-Ausbruch und die als Reaktion auf die Krise ergriffenen Gesundheitsmaßnahmen haben zu großen Störungen im Flugverkehr geführt: Fluggesellschaften strichen rund 70 % der Flüge und Neubuchungen brachen ein. Die Menschen konnten oder wollten nicht länger reisen, unter anderem aufgrund der häufig unkoordinierten Sofortmaßnahmen der verschiedenen Länder wie Flugverbote, Grenzschließungen in letzter Minute oder Quarantäneauflagen.

Die EU-Mitgliedstaaten führten weitere Sofortmaßnahmen ein, um ihren in Schwierigkeiten geratenen Reiseverkehrsunternehmen, einschließlich der Fluggesellschaften, unter die Arme zu greifen, beispielsweise indem sie ihnen staatliche Beihilfen in noch nie dagewesener Höhe gewährten. Aus Schätzungen geht hervor, dass Fluggesellschaften – einschließlich Fluggesellschaften aus Nicht-EU-Ländern – während der gesamten Krise bis Dezember 2020 staatliche Beihilfen in Höhe von bis zu 37,5 Milliarden Euro erhalten hatten oder erhielten. Darüber hinaus meldeten 12 Mitgliedstaaten der Kommission staatliche Beihilfemaßnahmen in Höhe von rund 2,6 Milliarden Euro, mit denen Reiseveranstalter und Reisebüros unterstützt werden sollen.

Die Mitgliedstaaten räumten den Fluggesellschaften auch mehr Flexibilität bei der Rückerstattung des Flugpreises im Falle der Annullierung von Flügen ein. Die Kommission gab Leitlinien und Empfehlungen heraus, in denen unter anderem festgelegt ist, dass durch die Tatsache, dass Gutscheine angeboten werden, der Anspruch der Fluggäste auf Rückerstattung des Flugpreises nicht erlischt. Fluggäste, deren Flüge annulliert worden waren, wurden jedoch häufig von den Fluggesellschaften dazu gedrängt, statt einer Rückerstattung des Flugpreises Gutscheine zu akzeptieren. In anderen Fällen erhielten Fluggäste keine fristgerechte oder gar keine Erstattung von den Fluggesellschaften.

Mit dem noch vor der Sommerpause erwarteten Bericht der EU-Prüfer sollen die Fluggäste in Krisenzeiten unterstützt werden. Er steht im Gesamtkontext des allgemeinen Bemühens um Wiederherstellung des Vertrauens in die Luftfahrtbranche. Im Rahmen dieser Prüfung untersuchen die Prüfer auch, ob die von ihnen in ihrem Bericht über Fahr- und Fluggastrechte aus dem Jahr 2018 ausgesprochenen Empfehlungen in die Praxis umgesetzt wurden.

Hintergrundinformationen: Der Schutz der Passagierrechte bildet einen EU-Politikbereich, der unmittelbare Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger hat und somit in allen Mitgliedstaaten ganz besonders im Rampenlicht steht. Nach Auffassung der Kommission stellt dieser Politikbereich insofern einen ihrer größten Erfolge bei der Stärkung der Position der Verbraucher dar, als dadurch deren Rechte garantiert werden. Ziel der EU ist es, allen Flugreisenden das gleiche Schutzniveau zu bieten. Nach der Fluggastrechteverordnung haben Flugreisende im Fall der Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und bei Nichtbeförderung Anspruch auf Rückerstattung des Flugpreises, auf anderweitige Beförderung und Unterstützung vor Ort etwa in Form unentgeltlich angebotener Leistungen wie Mahlzeiten und Hotelunterbringung. Vergleichbarer Schutz wird Personen, die Pauschalreisen buchen (z. B. Flug plus Hotel), durch eine EU-Richtlinie geboten.

Weitere Einzelheiten sind der Prüfungsvorschau \"Air passenger rights during the Covid-19 crisis\" zu entnehmen, die in englischer Sprache unter eca.europa.eu abrufbar ist. Prüfungsvorschauen stützen sich auf vorbereitende Arbeiten im Vorfeld einer Prüfung und sollten nicht als Prüfungsbemerkungen, Prüfungsschlussfolgerungen oder Prüfungsempfehlungen betrachtet werden. Der Hof veröffentlichte kürzlich zwei Analysen über die Reaktion der EU auf die COVID-19-Krise, eine über gesundheitliche Aspekte und die andere über wirtschaftliche Aspekte. In seinem Arbeitsprogramm für 2021 kündigte der Hof an, dass jede vierte neue Prüfung des Hofes in diesem Jahr im Zusammenhang mit COVID-19 und dem Aufbaupaket stehen wird.

eca.europa.eu