Eltviller Stadtturm ist Denkmal des Monats
Historisches Schmuckstück von Privatmann saniert
Einst diente er als Festung der Stadt gegen feindliche Angriffe, heute ist der Stadtturm von Eltville Tagungs-, Begegnungs- und Ausstellungsort. Erworben hat ihn 2013 Prof. Dr. Dr. Rainer Schmelzeisen, Zahnchirurg an der Universität Freiburg, ein gebürtiger Eltviller, der sich damit gerne wieder an seine frühere Kindheit und Jugend erinnert.
Der historische Stadtturm, neben dem Kurfürstenturm und dem St. Sebastian Turm einer von drei Eltviller Türmen, wurde im 13. Jahrhundert erstmals erwähnt, drei Jahrhunderte später als Teil der Stadtbefestigung von den Schweden zerstört und danach wieder aufgebaut. Später benutzte ihn die Stadt der Rosen, des Weins und des Gutenberg-Memorials als Gefängnis, Obdachlosenasyl und Stadtarchiv. Anfang des neuen Jahrtausends stand er leer, bis die Stadt sich entschloss, den Stadtturm zu verkaufen, erst für mehr Geld, bis man sich dann auf die Kaufsumme von 150 000 Euro mit Prof. Schmelzeisen einigte. Kommentar eines hiesigen Bankmitarbeiters: “Ach Sie sind der Bekloppte, der das heruntergekommene Gebäude erwerben will!“.
Eine Renovierung freilich hätte die Kommune viel Geld gekostet. Das Bauwerk war zu diesem Zeitpunkt in keinem guten Zustand. Der Turm stand seit 1987 leer, der Außenputz löste sich, tiefe Risse zogen sich durch das Mauerwerk, die Fenster kaputt, Schimmel im unteren Bereich, drinnen war es oft kälter als draußen, sind doch die Mauerwände rund 50 Zentimeter dick. Doch der Professor ließ sich nicht beirren, nichts hielt ihn davon ab, daraus ein Schmück zu machen.
Unter Federführung seines Architekten Manfred Kempenich aus Geisenheim, ein Experte für historische Werte, sanierte er den Turm mit Bewusstsein für dessen Geschichte. So erinnert im untersten Geschoss eine historische Gefängnistür an den einstigen Zweck des Turms, in den unteren drei Stockwerken sind Lichtkunstwerke berühmter Fotografen installiert, in einem weiteren Bereich hat der Besitzer ein kleines Museum über den Arzt, Dichter und Essayisten Gottfried Benn eingerichtet.
Zu ihm hat Schmelzeisen ein besonderes Verhältnis: er ist Vorsitzender der Gottfried-Benn-Gesellschaft und zeigt mit der Ausstellung, was Benn mit dem Rheingau verband – unter anderem schrieb er ein Gedicht über Rüdesheim. Nach 41 Stufen Aufstieg genießt Erwerber Schmelzeisen vom obersten Stockwerk einen weiten Blick über des Rheintal und auf der Rückseite in die Taunus-Berge. In Zukunft will er im Stadtturm Lesungen, medizinische Fortbildungen und Besichtigungen anbieten.
Was die Gesamtsanierung in gekostet hat, darüber schweigt sich der Professor für Zahnchirurgie aus. Er ließ sich nicht die Kosten entlocken. Jedenfalls werden es ein Vielfaches der Erwerbskosten gewesen sein, zumal er sich ganz oben auch wohnlich eingerichtet hat.
Seine künstlerische Initiative erreichte schließlich auch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst, bei dem er 2018 bereits vergeblich einen Antrag auf den Hessischen Denkmalspreis eingereicht hatte. Doch das Ministerium erinnerte sich an seine frühere Initiative und Kunst- und Kunstministerin Angela Dorn zeichnete nunmehr sein Gebäude als „Denkmal des Monats“ aus und überreichte ihm Urkunde und Plakette, die nun auch am Haus außen angebracht wird.
Die im Juni 2018 erstmals verliehene Auszeichnung, die mit 1.000 Euro dotiert ist, können Personen, Initiativen oder Körperschaften erhalten, die sich für die Erhaltung ihrer Denkmäler in besonderer Weise verdient gemacht haben. Vorgestellt werden denkmalpflegerische Maßnahmen, die individuell mit handwerklich-technischer Qualität und besonderem Engagement ausgeführt werden.
Ministerin Dorn würdigte sein „Werk“, indem sie den Turm als ein „Schmuckstück“ bezeichnete und „das Ergebnis eines bewundernswerten persönlichen Einsatzes ist. Um alte Kulturdenkmäler im Land zu schützen und zu pflegen, sind wir auf Menschen wie Prof. Schmelzeisen angewiesen“.
Der Uni-Professor bedankte sich für die Auszeichnung und sagte abschließend: „Ich sehe es als Verpflichtung an, das heimatliche Erbe zu erhalten und an interessierte Nachkommen weiter zu geben“.