Letzte Aktualisierung: 09.12.2024
Ein Jahr Waffenverbotszone im Frankfurter Bahnhofsviertel
von Ilse Romahn
(01.11.2024) Ein Jahr Waffenverbotszone – das haben Oberbürgermeister Mike Josef, Ordnungsdezernentin Annette Rinn und Polizeipräsident Stefan Müller im Rahmen einer Pressekonferenz zum Anlass genommen, um die Gesamtsituation im Frankfurter Bahnhofsgebiet zu betrachten und eine vorläufige Bilanz der gemeinsamen Maßnahmen zu ziehen.
Alle drei sind sich einig: Es gilt eine Balance im öffentlichen Raum zu schaffen, die den Gemeingebrauch des Areals in den Mittelpunkt stellt und dabei die Bedürfnisse aller unterschiedlicher Gruppen berücksichtigt. Dies ist nur mit einem Schulterschluss von Stadt, Polizei, Anwohnern, sowie ansässigen Vereinen, Initiativen und Unternehmen möglich. Hierfür benötigt es ganzheitliche Maßnahmen für komplexe und zahlreiche nicht voneinander trennbare Probleme. Die Maßnahmen wirken durch Synergie im Zusammenspiel.
Oberbürgermeister Mike Josef sagte: „Die Maßnahmen, die wir getroffen haben, zeigen: Wir sind im Bahnhofsviertel auf einem guten Weg. Es war richtig und wichtig, dass wir in enger Abstimmung gemeinsam mit Ordnungsdezernentin Rinn und Polizeipräsident Müller vor einem Jahr die Waffenverbotszone gestartet haben. Jede Waffe weniger im Umlauf ist aktiver Opferschutz. Die Waffenverbotszone und auch die Videoschutzanlagen haben zusammen mit weiteren Maßnahmen die Situation im Viertel merklich verbessert. Dennoch ist klar: Nachhaltige Veränderungen im Viertel herbeizuführen ist ein Marathon, kein Sprint. Konsum und Handel müssen reduziert und bekämpft werden. Und ich betone an dieser Stelle noch einmal deutlich: Wir können in Frankfurt nicht drogenkranke Menschen aus ganz Süddeutschland versorgen. Auch andere Städte müssen ihrer Verantwortung nachkommen. Dazu haben Gespräche stattgefunden und weitere werden geführt.“
Balance im öffentlichen Raum
Die Optik des Viertels zu verbessern und einen Stadtteil für alle zu schaffen sind grundlegende Bausteine für das Gleichgewicht im Bahnhofsviertel. Ein Beispiel dafür ist der Bereich des Kaisertors – dem Entrée der Stadt. Die bauliche Umgestaltung und Belebung der Außengastronomie dort tragen bereits jetzt zu einer positiven Veränderung und einer belebten und vielfältigen Nutzung bei. Der Wegfall der Baustelle und die Wiederöffnung des Abgangs in die B-Ebene verbessern das Areal. Im Zuge der Optimierung der Situation rund um das Kaisertor führten Sicherheitsdezernentin Rinn und Polizeipräsident Müller mit Beginn des Monats Mai eine gemeinsame Sicherheitsstreife von Landes- und Stadtpolizei allein für den Bereich zwischen Bahnhofsvorplatz und Moselstraße sowie den angrenzenden Straßen ein. Die deutlich sichtbare Verbesserung, die vor mehreren Jahren über lokale Initiativen auch am Wiesenhüttenplatz gelang, soll perspektivisch auch für weitere belebte Plätze und Bereiche realisiert werden.
Die Verkehrsberuhigung am Kaisertor sowie die städtischen Maßnahmen gegen den „Roller-Wildwuchs“ sind zwei weitere wesentliche Faktoren, die zu einer Umgestaltung beitragen. In Folge der Einrichtung von Stellflächen für E-Scooter an mehr als 50 Plätzen im Bahnhofsgebiet und der Innenstadt ist ein freies Abstellen der E-Scooter nicht mehr möglich.
Seit den Sommermonaten 2024 hat sich nach Aussagen von unterschiedlichen verantwortlichen Stellen im Bahnhofsgebiet die Anzahl der im öffentlichen Raum lagernden Schwerstabhängigen deutlich reduziert, ohne dass eine Verdrängung festzustellen ist. Auch dies trägt zu einer positiven Veränderung bei.
Ordnungsdezernentin Rinn sagt: „Die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit der beteiligten Dezernate und Ämter, dem Sicherheits-, dem Gesundheits- und Sozial-, dem Verkehrs-, dem Wirtschafts- und dem Planungsdezernat hat gemeinsam mit dem Schulterschluss mit Oberbürgermeister und Polizeipräsidenten dazu geführt, dass wirksame Maßnahmen zu einer spürbaren Verbesserung im Bahnhofsviertel geführt haben. Natürlich bleibt noch viel zu tun, aber die positiven Rückmeldungen der Anwohnenden, der Gewerbetreibenden und der Gäste unserer Stadt zeigen, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden.“
Schulterschluss gegen anhaltend hohe Kriminalitätsbelastung
Ein wichtiger Baustein der Sicherheitsarchitektur für das Bahnhofsgebiet und die Innenstadt ist zudem die erweiterte und ertüchtigte Videoschutzanlage. Auf der Achse zwischen Kaisertor und Allerheiligenviertel gibt es bislang drei Videoschutzzonen: Das Bahnhofsgebiet, die Hauptwache und die Konstablerwache mit angrenzender Staufenmauer und dem in unmittelbarere Nähe befindlichen Allerheilgenviertel.
Polizeipräsident Müller sagt dazu: „24 Stunden am Tag beobachten Polizeibeamte das Geschehen an den Brennpunkten. Der hohe Einsatzwert der Kameras zeigt sich darin, dass Straftaten und brenzlige Situationen frühzeitig erkannt und durch die unmittelbare Entsendung von Einsatzkräften verhindert beziehungsweise frühzeitig unterbunden werden können. Sie sind ein effektives Mittel zur Aufklärung von Straftaten und deren Beweisführung. Vor allem entfalten sie aber eine kriminalpräventive Wirkung. Die Videoschutzanlagen tragen wesentlich dazu bei, das Bahnhofsgebiet und die Innenstadt sicherer zu machen.“
Die Kriminalitätsbelastung im Bahnhofsgebiet und in Teilen der Innenstadt ist weiterhin auf einem hohen Niveau. Erfreulich ist der Rückgang der zuvor stark gestiegenen Raubdelikte. Insbesondere die Videoschutzanlagen tragen sehr erfolgreich zur Kriminalitätsbekämpfung bei, führen aber auch zu einer deutlichen Erhellung des Dunkelfelds. Straftaten, von denen viele nicht zur Anzeige gebracht worden wären, werden nun gesehen, zu einem hohen Anteil aufgeklärt oder im besten Fall sogar verhindert. Im Zusammenwirken mit der erhöhten Polizeipräsenz wird dieser Effekt nochmals verstärkt.
2024 konnten – Stand Oktober – durch circa 1400 Auswertungen der Aufnahmen der Videoschutzanlagen bislang rund 670 Tatverdächtige identifiziert werden. Dabei entfaltete die Videoschutzanlage im Frankfurter Bahnhofsgebiet mit knapp 1000 Auswertungen und der Identifizierung von gut 500 Tatverdächtigen ihre größte Wirkung. Häufig sind bei diesen Straftaten auch Waffen und andere gefährliche Gegenstände involviert. Um deren Anzahl nachhaltig zu reduzieren, unternehmen die Stadt Frankfurt am Main und die Frankfurter Polizei gemeinsam größte Anstrengungen. Dazu trägt auch die am 1. November 2023 für Teile des Frankfurter Bahnhofsgebietes eingerichtete Waffenverbotszone bei. Mit der dadurch geschaffenen Möglichkeit, Messer zwischen vier und zwölf Zentimetern Klingenlänge dauerhaft aus dem Verkehr zu ziehen, wurde eine Lücke im Waffengesetz geschlossen. Seit Bestehen der Rechtsverordnung wurden – Stand Oktober 2024 – bei 80 Ordnungswidrigkeitsverfahren 80 Waffen und gefährliche Gegenstände sichergestellt, davon 66 Messer. Diese können bei Auseinandersetzungen nicht mehr eingesetzt werden. Das dient dem unmittelbaren Schutz der Frankfurterinnen und Frankfurter sowie der Besucherinnen und Besucher der Stadt. Die Stadt Frankfurt hat in dieser Zeit 70 Bußgeldbescheide erlassen (Stand 24. Oktober 2024).
Ordnungsdezernentin Rinn betonte: „Trotz der anfänglichen Bedenken einzelner Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung können wir heute die Einführung der Waffenverbotszone und die lange geplante Ertüchtigung der Videoschutzanlagen als große Hilfe bei der Bekämpfung der Kriminalität im Bahnhofsviertel werten. Viele Taten konnten aufgeklärt, viele verhindert werden und so das allgemeine Sicherheitsgefühl gesteigert werden. Gemeinsam mit vielen Beteiligten befinden wir uns auf einem guten Weg zu mehr Sicherheit.“
Der Betrachtungszeitraum seit Bestehen der Waffenverbotszone ist kurz und war geprägt von herausragenden Ereignissen. Das Jahr 2024 war ein besonders Jahr mit der UEFA EURO 2024, mit zahlreichen Gästen im Bahnhofsgebiet, die eine nochmals höhere Polizeipräsenz zur Folge hatte. Was sich jedoch abzeichnet ist, dass sich Delikte unter der Verwendung von Waffen oder gefährlichen Gegenständen nach wie vor in etwa zu gleichen Teilen innerhalb und außerhalb des bisherigen zeitlichen Geltungsbereiches der Waffenverbotszone ereignen. Aus diesem Grund und um den unmittelbaren Schutz der Bürgerinnen und Bürger weiter auszubauen, plant Oberbürgermeister Josef zusammen mit Ordnungsdezernentin Rinn in enger Absprache mit der Landespolizei die bisherige zeitliche Beschränkung der Waffenverbotszone im Bahnhofsgebiet im Dezember 2024 zu erweitern, um künftig an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr maximale Sicherheit zu gewährleisten. Dabei begrüßt die Stadt Frankfurt die neuen Regelungen des Sicherheitspakets der Bundesregierung.
Oberbürgermeister Josef nutzte den Anlass auch, um die Einrichtung einer Waffenverbotszone in einem örtlich beschränkten Bereich „Alt-Sachsenhausen“ zu verkünden. Diese erstreckt sich in einem Karree zwischen Paradiesgasse, Großer Rittergasse, Dreieichstraße und Klappergasse und ist an Wochenenden in den Zeiträumen von Freitag, 20 Uhr, bis Samstag, 6 Uhr, und Samstag, 20 Uhr, bis Sonntag, 6 Uhr, gültig.
Eine von der Landespolizei durchgeführte Analyse ergab eine deutliche Konzentration der Straftaten und Waffendelikte in diesen Zeiträumen. Die Frankfurter Polizei ist seit Jahren jedes Wochenende mit zusätzlichen Beamtinnen und Beamten im Vergnügungsviertel im Einsatz. Die Innenstadtoffensive wird weiter fortgeführt, Schwerpunktkontrollen und eine weitere hohe Polizeipräsenz bleibt bestehen.
Das Bahnhofsviertel bleibt im Fokus – so das Zwischenfazit von Stadt und Polizei zur Gesamtsituation im Bahnhofsgebiet und der Innenstadt. Der Ausbau der Videoschutzanlage, die Einführung von Waffenverbotszonen, die Beordnung der E-Scooter, die Umgestaltung des Kaisertors sowie der Ausbau der polizeilichen Präsenz sind hier beispielhaft zu nennen. Polizeipräsident Müller fasste zusammen: „Wir begrüßen die örtliche und zeitliche Ausweitung von Waffenverbotszonen an kriminalitätsbelasteten Orten. Die Stadt Frankfurt und die Polizei treiben die positiven Entwicklungen im Bahnhofsgebiet mit großem Engagement voran.“ (ffm)