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Letzte Aktualisierung: 25.04.2024

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Drei große Frauen – drei große Ausstellungen

Museum Angewandte Kunst stellt Jahresprogramm vor

von Karl-Heinz Stier

(24.01.2020) Ein ambitioniertes Programm soll es sein - so der Museumsdirektor Prof. Matthias Wagner K bei der Vorlage seines Programms 2020. Die Gestalterinnen der neuen Ausstellungen bezeichnete er als „starke Frauen“, eine Illustratorin, eine Tonkünstlerin und als Highlight eine Designerin.

Bildergalerie
Die neuen Jahresvorhaben erläuterten Annie Bünker (verantwortlich für die Pressearbeit) und Direktor Prof. Matthias Wagner K
Foto: Karl-Heinz Stier
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Michelle Elle mit einer ihrer „provozierenden Kleidung“.
Foto: Luigi Ciacco
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Gesicht einer nachdenklichen Frau - Illustration von Ingrid Godon
Foto: Ingrid Godon
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Motiv für das Tanzfestival „Pharenheit“ von Anette Lenz
Foto: Anette Lenz
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Bei der Letzteren wird  Kleidung durch einen kulturellen Kontakt zu Mode. Es geht ihr nicht nur ihrem japanischen Vorbild Rei Kawaboku nachzuahmen, sondern spielerisch und lustvoll den männlichen, durch westliche Schönheitsideale gelenkten Blick zu stören, allerdings aber dabei Aufsehen zu erregen.

Designerin und Mode-Ikone Michelle Elle liebt und sammelt  die Entwürfe der Japanerin leidenschaftlich. Das Museum Angewandte Kunst zeige Elle’s Sammlung in ihrem Kölner Alltag und lässt sie selbst die Geschichten der jeweiligen Stücke erzählen: Vom Moment der Entdeckung über den Erwerb bis hin zum Erleben auf dem eigenen Körper und den unterschiedlichsten Reaktionen, die das Tragen bei anderen provoziert. „Life doesn’t frighten me“  - so der Titel auch der Ausstellung (vom 27. Februar bis 15. März) - sagt die gebürtige Haitianerin. Tatsächlich gehört Mut dazu, Kawakubo zu tragen und sich damit gegen gesellschaftliche Normen zu positionieren. Sie fordert gleichsam ihre Betrachter in ihren etwa 50 Objekten heraus, ihr  eigenes Körpererleben zu reflektieren. 

Die nächste Ausstellung heißt: „Ich wünsche Open House“, in der sich Ingrid Gordon präsentiert (27. Februar bis 15. März). Ihre Auffassung von Kunst: In einer Zeit des rasanten technologischen Wandels, des fortschreitenden Populismus sowie der Angst vor Kriegen und Katastrophen, liegt ihr Potenzial in individuellen Wünschen. Veränderung von Missständen fange nicht mit eingeengtem Wissen oder bestimmten Fähigkeiten an, sondern zu allererst mit dem Wunsch, etwas verändern zu wollen. Die Illustrationen der international renommierten belgischen Künstlerin dienen hier als Ausgangspunkt für diese Reflexion, sie zeigen sich mal lebensgroß, mal winzig klein. Sie zeigt Gesichter ernster Kinder, wehmütiger Männer und nachdenklicher Frauen.

Während der gesamten Laufzeit verwandelt die für die Ausstellung konzipierte Klangsituation „die sound 48H silence“ die Architektur des Museums in einen Klangkörper: Sie mündet am letzten Wochenende in einer 48-stündigen Live-Performance mit namhaften internationalen MusikerInnen. Besucher jeden Alters werden zum  sinnlichen Erleben, Verweilen und Wandeln eingeladen. Das Museum Angewandte Kunst gibt sich als ein lebendiges und pulsierendes, aber auch stilles und kontemplatives Open House. 

Die dritte  neue Ausstellung im Museum bestückt Anette Lenz unter dem Titel „A propos“ (25. April bis 30. August). Sie lebt in Paris und zählt zu den einflussreichsten Gestalterinnen der Gegenwart. Das Angewandte Museum in Frankfurt im Schaumainkai 17 widmet ihr erstmals in Deutschland eine Ausstellung. Aus dem Misstrauen gegen kommerzielle Werbung entwickelte sie nach dem Vorbild des Gestalterkollektivs Grapus völlig neue Strategien für die öffentliche Kommunikation. Die Künstlerin gab mehreren französischen Städten, Theater und Museen eine neue Identität oder wie man neumodisch sagt eine „Corporate Identy“, entwickelte in ihrem Spiel mit Typografie, Farbe und teilweise auch Fotografie außergewöhnliche Plakatserien, Ausstellungsdesigns und Bücher. Sie kann als Vorreiterin einer neuen Generation von Grafik-Designerinnnen gewertet werden. In ihrer Ausstellung verwandelt sie die Museumsräume in begehbare grafische Welten, die die visuelle Kommunikation nicht als Kauf– sondern als sinnlichen Denkanstoß erleben lassen. 

Weitere Ausstellungen und Veranstaltungen sind u.a. „Schalen. Metamorphosen einer Grundform“. Hier geht es um die archetypischen Formen mit Beispielen aus China, Korea, Japan und Südostasien, gefertigt über vier Jahrtausende hinweg in unterschiedlichen Materialien und Techniken (ab September 2020). Eine Konzertreihe mit Neukompositionen vom Isenburg Quartett (24. Juni und 11. November). Und eine Podiumsreihe „Grafikdesign denken – Grafikdesign sprechen“. Dabei stellt sich die Frage, ob wir der Wirkungsmacht von Grafikdesign gerecht werden, wenn wir es bloß als eine formale Angelegenheit bewerten. Es geht dabei um den Stellenwert, den man dem Grafikdesign einräumt. ( Mai 2020).

In einem Rückblick auf Zahlen und Fakten aus 2019 konstatierte Direktor Wagner K, dass das vorige Jahr - von den Besucherzahlen her gesehen – zu dem erfolgreichsten gehört.  167 144 Besucher hatten das Museum besucht, über 25 000 mehr als 2018. Positiv sei auch die Entwicklung bei den Besuchern von Kindern und Jugendlichen. Hier wurden 10 694 registriert, 300 mehr als ein Jahr davor. Nach Einschätzung des Direktors wird sich die positive Entwicklung in diesem Jahr fortsetzen. 

Zum Abschluss der Jahres-Pressekonferenz versicherte er, dass er keinen Arbeitswechsel von Frankfurt weg beabsichtige. „Frankfurt bleibt die internationalste Kulturstadt in Deutschland. Hier wird unsere Arbeit bei Menschen und Institutionen aber auch auf monetärer Art geschätzt“.

Öffnungszeiten: DI, Do-So 10-16 Uhr, Mi 10-20 Uhr. Eintritt: 12 Euro, ermässigt 6 Euro. 

Weitere Infos unter Tel. (069)21231286 oder www.museumangewandtekunst.de