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Letzte Aktualisierung: 12.11.2024

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Dietrich Bonhoeffer wird im US-Wahlkampf zum Idol gewaltbereiter Christen

deutsche Bischöfe protestieren in einem offenen Brief

von ZEIT Verlagsgruppe

(17.10.2024) „Christliche Nationalisten berufen sich immer häufiger auf Dietrich Bonhoeffer“, kritisieren deutsche Bischöfe und amerikanische Theologen in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT. Der Widerstandskämpfer werde „dazu benutzt, politische Gewalt zu legitimieren“, heißt es in einem offenen Brief, der unter anderem von Heinrich Bedford-Strohm und Wolfgang Huber unterzeichnet ist, beide ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland.

„In der Sorge um das Gemeinwohl warnen wir vor missbräuchlichem Umgang mit dem Erbe Bonhoeffers“, so die Verfasser. Im US-Wahlkampf würden gewaltbereite Christen „ihre politischen Gegner mit Nazi-Verbrechern“ gleichsetzen und „ihre eigenen militanten Aktionen auf eine Stufe mit dem Widerstand gegen die nationalsozialistische Schreckensherrschaft“ stellen. 

Die Autoren stellen klar: „Dietrich Bonhoeffer setzte sich für Gerechtigkeit und Nächstenliebe ein, insbesondere im Dienste der Schwächsten.“ Er habe sich bereits 1930 gegen die Gefahren des christlichen Nationalismus verwahrt. 

Konkret richtet sich der Protestbrief gegen Trump-Unterstützer wie Eric Metaxas, der eine populäre Bonhoeffer-Biografie schrieb, und gegen einen Film, der im November unter dem Titel „Bonhoeffer: Pastor, Agent, Märtyrer und Prophet“ in die amerikanischen Kinos kommt. Metaxas habe Gewalttäter, die wegen des Angriffs auf das Kapitol in Washington verurteilt wurden, mit Bonhoeffer verglichen. Der deutsche Widerständler werde auch von anderen Parteigängern Trumps benutzt, um politische Gegner zu dämonisieren. 

Die Warnung der Bonhoeffer-Experten: „Nichts verbindet solche Parolen und Handlungen mit dem, wofür Dietrich Bonhoeffer gelebt hat und wofür er hingerichtet wurde.“ 

Zu den Erstunterzeichnern gehören auch Lori Brandt Hale, Präsidentin der Internationalen Bonhoeffer-Gesellschaft, englischsprachige Sektion; Florian Höhne, Präsident der Internationalen Bonhoeffer-Gesellschaft, deutschsprachige Sektion; Victoria J. Barnett, Herausgeberin der englischen Ausgabe von Bonhoeffers Werken und Arnd Henze, Publizist und Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland.