Die Spinne aus dem Bambusrohr
Neue Riesenkrabbenspinnen-Art beschrieben
Senckenberg-Wissenschaftler Dr. Peter Jäger hat vier neue Arten aus der Familie der Riesenkrabbenspinnen beschrieben. Eine der Neuentdeckungen zeigt eine überraschende Spezialisierung: Die Spinne lebt in Bambushalmen. Um in diese zu gelangen ist der handtellergroße Achtbeiner auf die Hilfe weiterer Tierarten angewiesen.

Foto: Senckenberg
Die Art ist erst die zweite bekannte Spinne überhaupt, deren Ökologie an Bambus geknüpft ist. Die Studie erscheint heute im Fachjournal „Zootaxa“.
Bambus hat besonders in Asien eine große ökologische, ökonomische und kulturelle Bedeutung. Das verholzende Riesengras dient beispielsweise als regionaler Lieferant für den Möbel- und Hausbau, für die Produktion von Textilien oder als Brennmaterial. „Auch in der Tierwelt spielt Bambus eine bedeutende Rolle“, erklärt Dr. Peter Jäger vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum in Frankfurt und fährt fort: „Mein Kollege Dr. Damir Kovac untersucht schon seit vielen Jahren tierische Lebensgemeinschaften, die in Südostasien mit Bambus assoziiert sind. Bei seinen Forschungsreisen fielen ihm auch immer wieder Spinnen auf, die das Gewächs als ‚Einzimmer-Appartment’ nutzen.“
Im Zuge einer Revision der Spinnengattung Rhitymna nahm Jäger die besagten Spinnen unter die Lupe und konnte sie schnell als bisher unbeschriebene Art identifizieren. „Die ungewöhnliche Lebensweise der Spinne – im Inneren von Bambushalmen – hat wohl bisher verhindert, dass wir die Art entdecken konnten. In der Regel sägen wir Spinnenforscher keine Bambusstängel auf“, scherzt Jäger. Bislang sind zwei Fundorte der neu entdeckten Riesenkrabbenspinne bekannt: Im Norden Thailands und in der Nähe von Kuala Lumpur in Malaysia. „Die Fundpunkte liegen etwa 1800 Kilometer auseinander. Es ist daher anzunehmen, dass die Spinnenart noch weitere Gebiete mit Bambus bewohnt, aber dort bisher einfach übersehen wurde“, ergänzt der Frankfurter Spinnenforscher.
Die eigentliche Überraschung liegt für Jäger aber in der Spezialisierung der Spinne auf die hohlen Bambushalme. Um in die stabilen Verstecke zu gelangen, sind die Achtbeiner nämlich auf die Hilfe ihrer tierischen Nachbarn angewiesen: Der Bambus-Specht hilft durch seine Tätigkeit dabei genauso wie aus dem Bambusinneren schlüpfende Käfer. Als Larve ernähren sich letztere vom schwer verdaulichen Pflanzenmaterial, verpuppen sich und beißen sich als erwachsene Käfer den Weg in die Freiheit. „Ein Glück für die Spinnen, die anschließend das schützende Innere besiedeln können, welches sie nur nachts zur Jagd verlassen“, fügt Jäger hinzu.
Die neue Spinnenart ist nun unter dem Namen Rhitymna gerdmangel bekannt. Jäger ehrt damit Senckenberg-Bauleiter Gerd Mangel, unter dessen Leitung die ehemaligen Gebäude der Goethe-Universität am Campus Bockenheim zu Forschungsgebäuden der Senckenberg Gesellschaft umgebaut wurden. „Unsere Entdeckung im Bambus zeigt, dass die weltweit bekannten 48.000 Spinnenarten nur einen Bruchteil ihrer tatsächlichen Vielfalt darstellen. In unseren neuen Räumlichkeiten haben wir jetzt ideale Bedienungen für unsere Forschung und Sammlungen“, schließt Jäger.