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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Die nationale Weiterbildungsstrategie – Definition und Umsetzung

von Bernd Bauschmann

(10.05.2022) Das Bundesministerium für Bildung und Forschung möchte mit der nationalen Weiterbildungsstrategie dem Fachkräftemangel entgegenwirken und gleichzeitig die Chancengleichheit erhöhen, indem es Bildungsangebote für jede Zielgruppe fördert. Die Bündelung der Bildungsangebote unter dem Programm der Nationalen Weiterbildungsstrategie soll noch mehr Menschen erreichen und die Teilhabe im Beruf auch unter dem Aspekt des digitalen Wandels gewährleisten.

Foto: Pixabay / RonaldCandonga
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Wie verändert sich die Arbeitswelt?
Die Arbeitswelt unterliegt einem stetigen Wandel. Wissenschaft und Forschung bringen bahnbrechende Erkenntnisse ans Licht, die es ggf. erforderlich machen, Kenntnisse zu aktualisieren oder bisheriges Wissen als Falsch einzustufen. Entsprechend gilt für fast jeden Beruf, dass lebenslang gelernt werden muss. Die Digitalisierung tut ein Übriges. Jeder Mitarbeiter muss an digitales Arbeiten herangeführt werden. Die Einführung digitaler Prozesse würde scheitern, wenn die Mitarbeiter an der Basis nicht entsprechend qualifiziert wären, die Prozesse zu gestalten und aus den Ergebnissen ihre Schlüsse zu ziehen und Entscheidungen zu treffen.

Noch mehr als in der Vergangenheit gilt: Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir. Nur wer mit den Entwicklungen in Technik, Wirtschaft und Gesellschaft Schritt hält, kann sich dauerhaft die Teilhabe am beruflichen und sozialen Leben sichern. Dieser Fakt veranlasst die Bundesregierung, in die Förderung lebensbegleitender Lernangebote zu investieren und ließ die Nationale Weiterbildungsstrategie (NWS) entstehen.

Was beinhaltet die Nationale Weiterbildungsstrategie?
Die wichtigsten Inhalte sind lt. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) folgende:

  • Herstellung einer Transparenz von Weiterbildungsangeboten
  • Stärkung der Weiterbildungsberatung für Einzelpersonen und Unternehmen
  • Stärkung der Motivation zur Teilnahme an Weiterbildungen
  • Stärkung der Verantwortung der Sozialpartner (Die NWS wurde in Zusammenarbeit mit diversen Sozialpartnern entwickelt. Zu ihnen gehören die Arbeitsagentur, Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und politische Zusammenschlüsse wie die Ministerkonferenzen der Kultus- und Wirtschaftsministerien etc.)
  • Sichtbarmachung erworbener Kompetenzen in der beruflichen Bildung
  • Anerkennung erworbener Kenntnisse und Kompetenzen
  • Weiterentwicklung von Bildungsangeboten und Abschlüssen
  • Qualifizierung des Personals
  • Verbesserung der Weiterbildungsstatistik
  • Verbesserung der strategischen Vorausschau des Kompetenzbedarfs

Berufliche Weiterbildung soll selbstverständlich werden. Die Zeiten in denen ein Lehrling nach der Ausbildung fertig war, sind vorbei. Jeder Beruf unterliegt Veränderungen und die Teilnahme an Weiterbildungsangeboten soll in Erwerbsbiografien nicht mehr die Ausnahme sein. Hierfür müssen Teilnehmer so motiviert werden, dass sie selbst ihre beruflichen Ziele hochstecken und Weiterbildungsangebote nicht als Last oder Strafe empfinden, sondern sich mit Freude neuen Themen widmen und sich mit Beruf, Technik und Gesellschaft entwickeln.

Entwickelt wurde die Strategie bereits vor einigen Jahren. Im Zuge dessen trat zum 1. Januar 2019 das Qualifizierungschancengesetz in Kraft, das regelt, welche Bildungsmaßnahmen wie gefördert werden können. 

Weiterbildung und Digitalisierung
Die Digitalisierung kommt in der NWS gleich doppelt zum Tragen. Zum einen bringt sie einen enormen Weiterbildungsbedarf mit sich. Zum anderen ist sie aber auch eine große Chance, Bildungsangebote an Interessenten zu bringen, Lernerfolge zu messen und Angebote an Lernende zu optimieren.

Bedarf
Der Bedarf an digitalisierungsbedingten Weiterbildungen ergibt sich aus der Bedienung von Maschinen und Anlagen, dem Planen und Durchführen von digital gesteuerten Prozessen und geht weiter über die Nutzung von Softwares, Ein- und Ausgabegeräten. Zudem sind rechtliche Bestimmungen zur Datenerfassung, Speicherung und Verarbeitung an die Mitarbeiter zu vermitteln und Personal dahingehend zu schulen, dass die Datenschutzkonforme Umsetzung etabliert und kontrolliert wird.

Angebot
Das Angebot von Weiterbildungen wird dahingehend beeinflusst, dass orts- und teilweise sogar zeitunabhängiges Lernen ermöglicht wird. Damit haben Lernende den höchsten Komfort bei der Aneignung neuer Kenntnisse. Onlineseminare, Lernapps oder das Lesen von digitalen Lehrbüchern beeinflussen das Weiterbildungsangebot ebenso wie die Möglichkeit, Lernerfolgskontrollen in Echtzeit am Computer durchzuführen und sofort eine Auswertung zu erhalten.

Die Verantwortung für berufliche Weiterbildung
Berufliche Weiterbildung liegt in der Verantwortung aller Beteiligten. Daher richten sich die Förderprogramme auch an Unternehmen und Einzelpersonen gleichermaßen. Letztendlich ist es am besten, wenn sich Bildungsinteressierte mit ihren Arbeitgebern oder den Sozialpartnern besprechen, damit gemeinsam gesteckte Ziele erreicht werden.

Fördermöglichkeiten für Unternehmen
Unternehmen können Weiterbildungen ihrer Mitarbeiter bis zum vollen Kostenumfang erstattet bekommen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Einige Zielgruppen unterliegen ganz besonderen Fördermöglichkeiten, so dass Firmen die Möglichkeit haben, aus angelernten Mitarbeitern, Fachkräfte werden zu lassen, wenn jene, Interesse daran haben und bereit sind, sich weiterbilden zu lassen. Dabei können selbst fehlende Schulabschlüsse mit entsprechenden Angeboten kompensiert oder nachgeholt werden. Als Sozialpartner ist für Unternehmen der Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur ein geeigneter Ansprechpartner. Aber auch Branchendachverbände, zuständige Kammern oder Gewerkschaften unterstützen die Umsetzung der NWS in Unternehmen.

Fördermöglichkeiten für Einzelpersonen
Es besteht für Privatpersonen ebenfalls die Möglichkeit, diverse Förderangebote zu nutzen. Je nach Voraussetzungen kommen hier u.a. das Aufstiegs BAföG, das Weiterbildungsstipendium oder Angebote der Bundesagentur für Arbeit wie der Bildungsgutschein in Frage. Für Interessierte steht die örtlich zuständige Arbeitsagentur mit ihrer Weiterbildungsberatung zur Verfügung.

Wer bereits ein Auge auf ein konkretes Bildungsziel geworfen hat und einen entsprechenden Anbieter kennt, kann sich auch dort beraten lassen. Da Bildungsanbieter in jedem Interessenten einen potentiellen Kunden sehen, unterstützen sie auch gern die Beantragung von Fördergeldern.

Theorie und Praxis
Wer erfolglos versucht hat, berufliche Weiterbildung gefördert zu bekommen, sieht in der Nationalen Weiterbildungsstrategie vielleicht nur ein Instrument zur Augenwischerei. Der Umsetzungsbericht aus dem Jahr 2021 zeigte auch tatsächlich, dass Möglichkeiten noch nicht optimal genutzt werden und woran es scheitert. Damit hier Verbesserungen eintreten, wurde ein Wettbewerb geschaffen, der innovative Angebote zur beruflichen Weiterbildung erfasst und belohnt. Das Fördervolumen hierfür beträgt insgesamt 82 Millionen Euro.

Unternehmen haben es deutlich leichter, Fördergelder zu beantragen, als Einzelpersonen. Doch auch für private Weiterbildungswünsche ist es nicht aussichtslos, wenn das Bildungsziel zum Beruf passt oder hilft, Arbeitslosigkeit zu beenden oder zu vermeiden.

Ein Grund für nicht zufriedenstellende Ergebnisse der Kampagne ist, dass nicht alle Interessenten den gleichen Zugang zu den Angeboten haben, weil Arbeitgeber nicht ausreichend informiert sind oder schlichtweg Technik nicht vorhanden, nicht funktionsfähig oder nicht leistungsfähig genug ist. Hier soll der Breitbandausbau Abhilfe schaffen. Zudem bietet die DIHK auch an, Unternehmen bei der Digitalisierung zu unterstützen (Digitalisierungsstrategie).

Fazit: Die Nationale Weiterbildungsstrategie macht aus der Not eine Tugend. Der Fachkräftemangel wird durch die Digitalisierung der Arbeitswelt noch deutlicher und muss dringend behoben werden. Zugewanderte haben zwar durchaus auch Chancen auf dem Arbeitsmarkt, doch die Anerkennung ausländischer Abschlüsse ist oft nicht durchzusetzen oder entspricht nicht dem Niveau, das von Fachkräften erwartet wird. Hinzu kommen Kommunikationsprobleme aufgrund fehlender Sprachkenntnisse.