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Letzte Aktualisierung: 07.02.2025

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Der neue Kunstbotschafter Kriftels

von Adolf Albus

(30.01.2025) Eiskalt war es zur Vernissage am Mittwoch, den 22. Januar. Wärme dagegen strahlten die vielen Kunstinteressierten im Inneren des Gemeindehauses Kriftel aus. Und natürlich die vielen südlichen Motive des Krifteler Künstlers Rocco Barone, die in den Fluren des Rathauses von Sonne und Lebenslust Italiens kündeten.

Foto: Alexander van de Loo
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Auf den Spuren von Goethes Italienreise nahm Rocco Barone die Betrachter mit. Er zeigte sein Heimatland Italien aus seiner ganz individuellen Perspektive sowie surreale Perspektiven.

An diesem Abend waren auch viele ehemalige Schülerinnen und Schüler des Künstlers zu Gast. Stellvertretend für viele beschrieb ihn seine Schülerin Marianne Hampel als „sehr guten Pädagogen“. Überhaupt sei ihm intensive Kunstvermittlung ein wichtiges Anliegen, man könne viel von ihm lernen. Seine Technik sei sehr abwechslungsreich, und er könne mit seiner Begeisterung die Menschen anstecken. Dem konnte die stellvertretende Vorsitzende des Kulturforums, Elke Wetterau-Bein, nur beipflichten. Sie zeigte sich sehr angetan von den Werken und der Persönlichkeit Barones. Er sei sehr vielseitig in seinem Sujet. „Wer genau hinschaut, kann einiges entdecken“, lautete ihr Urteil.

Kosmos der Moderne

Das gelte vor allem bei seinem Schlüsselwerk Weltgeschichte, ließ der Meister verlauten. Es sei zugleich das Älteste in der großen Ausstellung anlässlich seines 50-jährigen Jubiläums in Kriftel. 1977 gemalt und Jahrzehnte später im Jahr 2014 mit einem zweiten Werk Zeit im Wandel noch einmal thematisch aufgegriffen, zeige es, was der Mensch seit der Antike bis heute „so alles auf die Beine gestellt hat“. Malerisch erschließe sich hier sein gestalterischer Kosmos: ein geniales Puzzlespiel mit den Kunstsujets des 20. Jahrhunderts. Da lugen die surrealen Maler Salvator Dali und Yves Tanguy hervor, kommt ein Giorgio de Chico mit seiner Pittura Metafisica um die Ecke, auch ein wenig Max Ernst findet sich in Barones Werken. Nicht zuletzt wird auch die Pop Art zitiert. Es gibt sogar einige Akte, die an den amerikanischen Pop-Art Künstler Mel Ramos erinnerten. Erotische Anklänge? Da lächelt Barone verschmitzt: „Erotik gehört einfach zur Kunst dazu“, findet er, und verrät, eine Art Muse habe er auch gehabt.

Die italienischen Momente sind dann eher im ersten Stock zu finden. Er habe sie übrigens auch in Kriftel immer in seinem Herzen, so der Künstler. Wenn er sich mal italienisch fühlen wolle, gehe er in den Ziegeleipark. Dort stünden ja auch zwei Holzskulpturen von ihm.

Wenn man die Treppen im Rathaus hochsteigt, dann breiten sich seine Landschaften aus. Grafisch gestaltet, malerisch sehr flächig aufgefasst, in ungeahnten neuen Dimensionen. Spannungsgeladene Formen und Farben und doch entspannte Betrachtungen auf Leinwand gebannt. Hier ist die ikonische Toskana das Sujet, viele Zypressen und die typischen Castello. Woher die Nähe zu Goethes italienischer Reise komme? Das sei eine Idee seiner Tochter Alessandra gewesen, erklärt Barone augenzwinkernd. Immerhin habe ihr Vater ja nun auch eine künstlerische Reise von Norden in den Süden Italiens unternommen und sich kreativ wie einst Goethe bei seiner Italienrundfahrt in den Jahren 1786 bis `88 weiterentwickelt.

„Für uns alle eine Ehre“

Der Vorsitzende des Kulturforums Dr. Frank Fichert betonte in seiner Laudatio die Besonderheit dieser Ausstellung. Ein 50jähriges Jubiläum mit einem international bekannten Krifteler Künstler zu feiern, das sei schon was: „Ihn bei uns zu haben, ist für uns alle eine Ehre.“ Er lobte zudem Rocco Barones pädagogische Qualitäten, sein Wissen und Können.

Diese Einschätzung bestätigte auch der älteste Schüler von Barone in seiner Ansprache: Kurt-Herbert Heinrich ließ es sich nicht nehmen, auf seinen Lehrer eine Lobeshymne anzustimmen. Er kenne und schätze ihn seit seinem Einzug 1975 in Kriftel mit Frau und Kind. Rocco sei immer, wenn er mit kreativ schaffenden Schülern zu tun habe, voller Anregungen und gebe wertvolle Hinweise.

Am Klavier und auch am Kontrabass im Zusammenspiel mit Mutter Emanuela bezauberte die 14jährige Lisa Bernsmann, ein Talent aus der Krifteler Musikschule mit Musik zeitgenössischer Komponisten. Ihre Musiklehrerin Regina Burkert freute sich darüber mit dem hingerissenen Publikum.

Der neue Kunstbotschafter

Bürgermeister Christian Seitz war sehr angetan davon, dass heute ein Künstler ausgestellt werde, der professionell die Malerei betreibe und „auch noch aus Kriftel kommt“. Er selbst sei auf Barone schon als junger Weingartenschüler gestoßen. Auf dem Schulhof habe eines Tages ein Werk von dem Künstler gestanden. So sei er tagtäglich mit Barones Kunst in Berührung gekommen. Das könne heute jeder, der mit offenen Augen durch Kriftel flaniere. „Seine Werke schmücken unsere Gemeinde“, so Seitz. Sei es am Bahnhof (Brunnen) oder im Ziegeleipark (Skulptur). Als Höhepunkt vergab der Bürgermeister noch zwei Auszeichnungen an den sichtlich gerührten 76jährigen: Zum einen eine Urkunde für Verdienste um das Kulturleben in Kriftel, zum anderen wurde Barone offiziell zum „Kunstbotschafter“ der Gemeinde Kriftel ernannt. Der donnernde Applaus zeigte die große Anerkennung für sein Wirken.

Das emotionale Schlusswort hatte der Künstler selbst: Jede Ausstellung sei anders, das müsse er ja wissen, denn über 170 davon in allen möglichen Erdteilen habe er schon in seinem langen Kunstleben hinter sich. „Aber diese, heute, bedeutet mir sehr viel!“  Er habe sich gut integriert in Kriftel und gebe gerne seine Erfahrungen weiter. Seine Schülerinnen und Schüler sollen sich weiterentwickeln. In 50 Jahren werde man sehen, wohin. Vielleicht gebe es dann eine Malschule Barone, in der man seine Handschrift erkenne. „Wer weiß?“ Was er sich aber ernsthaft für die schönen Künste wünsche, sei mehr Geld. Er suche noch die „Medici von Kriftel“, also gut betuchte Sponsoren für die Kunst, wie es im 15. Jahrhundert die berühmte Mäzenatenfamilie in Florenz als ihre Aufgabe gesehen hatte. „Der Mensch braucht Kultur!“, lautete sein Credo an diesem Abend. Alexander van de Loo

Der studierte Kunstmaler, Grafiker, Bildhauer und Bühnenbildner Rocco Barone wurde am 7. Januar 1949 in Alezio in der süditalienischen Region Apulien geboren. Zunächst besuchte er das staatliche Kunstinstitut in Lecce mit dem Schwerpunkt Malerei, wo er nach vier Jahren die Ausbildung mit der Verleihung des Titels Maestro d’Arte abschloss. Anschließend studierte er vier Jahre an der Akademie der schönen Künste in Rom mit der Fachrichtung Bühnenbild. In den 80er Jahren schaffte Barone durch verschiedene Ausstellungen und Kunstaktionen seinen Durchbruch in Deutschland. Seine Auszeichnungen reichen von der Goldmedaille 1978 im regionalen Wettbewerb der Malerei, Stresa, über die silberne Jubiläumsmedaille für die Mitwirkung an den Kunstevents in Kriftel bis zu dem Internationalen Kulturpreis "Qualità e Merito per l'Arte" überreicht 2014 vom Europäischen Kulturzentrum "Aldo Moro" und der "Association Europèenne“ in Lecce.