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Letzte Aktualisierung: 21.03.2025

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Der Feldhamster ist Chefsache des Bürgermeisters in Hochheim

von Ralph Delhees

(26.07.2024) Kooperative Finanzierung durch BUND Hessen, Stadt Hochheim und Naturschutzbehörde - Studie prüft weitere Ansiedlung von Feldhamstern im Main-Taunus-Kreis – Beim Opel-Zoo läuft ein Wiederansiedlungsprojekt für die bedrohte Nagetierart

Es gibt ihn noch, den Feldhamster! Rund 25 kreisrunde Bauten hat Valentina Baumtrog mit ihren Kolleginnen von der AG Feldhamsterschutz im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde Anfang Mai bei Hochheim am Main kartiert. Es sind wohl die letzten ihrer Art im gesamten Main-Taunus-Kreis. Hier - wie in ganz Hessen- gehen die Bestände seit Jahren dramatisch zurück. Als Steppenbewohner profitierte der Feldhamster einstmals von der Ausbreitung der Landwirtschaft. Ein Verlust der Strukturvielfalt, schnelle Erntemaschinen, die Verschiebung der Erntetermine nach vorne und der zunehmende Flächenverbrauch durch Straßen- und Siedlungsbau und heute insbesondere durch den Bau von Stromtrassen machen ihm das Leben schwer.

In Hochheim am Main ist der Feldhamster Chefsache. „Die letzten Hamster leben auf zwei städtischen Flächen, die im Rahmen eines Bauvorhabens als Ausgleich angelegt und für den Feldhamsterschutz vorgesehen sind“, so Bürgermeister Dirk Westedt. Die Landwirte Uwe Schreiber und Michael Mitter wissen genau, worauf es ankommt.

Feldhamster freundliche Bewirtschaftung wird gefördert
„Im sogenannten Hamsterhotel haben wir Weizen, Blühflächen und Luzerne in Streifen angebaut – ein reichhaltiges Mischangebot“, so Uwe Schreiber. Auf der von Michael Mitter bewirtschafteten Fläche steht der Weizen so dicht und lückenlos, dass selbst Drohnen mit Wärmebildkamera die Tiere kaum finden können – ein Falke aus der Luft folglich auch nicht. Beraten werden die Landwirte von Matthias Gall, der als Gutachter im Auftrag der Stadt die Population betreut. Auch mit dem Amt für den ländlichen Raum wird die Flächenbewirtschaftung in Hochheim am Main eng abgestimmt. „Feldhamsterfreundliche Bewirtschaftung wird als HALM H.2 Maßnahme vom Land Hessen bereits seit vielen Jahren auch im Main-Taunus-Kreis und darüber hinaus auch im Hochtaunuskreis intensiv gefördert und hier kommt der Opel-Zoo mit seinem seit 2018 Wiederansiedlungsprojekt für die bedrohte Nagetierart mit ins Spiel. Die Maßnahmen sind eine effektive Ergänzung zu den Ausgleichsmaßnahmen, wie hier der Stadt Hochheim am Main“, informiert Heike Kühmichel vom Amt. Ziel ist es, ein Netz aus Ausgleichs- und angepassten Agrarflächen zu generieren, von dessen Vielfalt die Feldhamsterbestände profitieren.

Kein leichtes Unterfangen in Hochheim am Main. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Hamster alle eng miteinander verwandt und damit anfällig für Krankheiten sind“, warnt Baumtrog von der AG Feldhamsterschutz. In den Jahren 2020 und 2022 wurden Tiere in Hochheim am Main für die Nachzucht abgefangen und nach Kronberg gebracht – ihre „genetisch aufgefrischten“ Nachkommen brachte Matthias Gall am 28. Mai, aus dem Opel-Zoo zurück nach Hochheim. Es war der richtige Zeitpunkt, um die noch junge Freiland-Population mit den fünf männlichen und drei weiblichen Nachzuchten des vergangenen Jahres aus dem Opel-Zoo zu verstärken.

„Ein Elektrozaun schützt die Hamster nun vor Hunden, Füchsen und Waschbären. Nach einem Totfund im April mussten wir schnell agieren“, sagt Umweltdezernentin und Erste Vorsitzende des Landschaftspflegeverbands, Madlen Overdick.

Eine angespannte Situation
Trotz intensiver Bemühungen bleibt die Situation in Hochheim am Main angespannt. Für gewerbliche Erweiterungen der Stadt gibt es nur schmale Baufenster und die Hamsterflächen sind von großem wirtschaftlichem Interesse. Auch führt eine mögliche Trasse des Rhein-Main-Links direkt durch das Hamstergebiet. Dr. Inga Kostrzewa, Geschäftsführerin des Landschaftspflegeverbands (LPV) Main-Taunus, fürchtet: „Wenn keine weitere genetische Auffrischung stattfindet und die Gelder für ein wissenschaftliches Monitoring fehlen, wird sich die letzte Population nicht halten können.“

Studie soll in Auftrag geben werden, um das Überleben zu sichern
Der Landschaftspflegeverband ergreift jetzt die Initiative und will eine Studie in Auftrag geben, die prüft, ob eine weitere Ansiedlung von Feldhamstern auf Flächen im Main-Taunus-Kreis erfolgen könnte, die langfristig nicht für die Bebauung vorgesehen sind und mit welchen Kosten zu rechnen ist. Hierfür konnten der BUND Hessen, der Main-Taunus-Kreis mit der Unteren Naturschutzbehörde und die Stadt Hochheim als Finanzierer gewonnen werden. "Der Schutz des Feldhamsters hat im Main-Taunus-Kreis größte Bedeutung, denn hier prallen die Nutzungsinteressen auf kleiner Fläche hart aufeinander. In dieser Situation ist die Kooperation von Naturschutz, Kommunen und Landwirtschaft vermutlich der beste Weg, um dem Hamster das Überleben zu sichern,“ sagt Thomas Norgall, Naturschutzreferent des BUND Hessen. Genau an diesen Schnittstellen arbeitet der Landschaftspflegeverband des Main-Taunus-Kreises. Und da das LPV-Büro in Wicker unweit der Hamsterflächen liegt, sind die Wege kurz. So ist auch das tägliche Kontrollieren der eingezäunten Flächen gut für uns zu bewerkstelligen, meint Kostrzewa vom LPV.

Der im Mai gefundene tote Hamster wartet im Museum Wiesbaden auf Präparation – hoffentlich nicht der letzte seiner Art im Main-Taunus-Kreis!

Gespräche über weitere Auswilderungen im Main-Taunus-Kreis und eine Zusammenarbeit mit dem Landschaftspflegeverband MTK und dem Opel-Zoo gibt es derzeit nicht, wie Dipl. Biologe Jörg Jebram (Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Kurator) vom Opel-Zoo auf Anfrage mitteilte. Seit der Errichtung der Auffang- und Zuchtstation für die Feldhamster im Jahr 2018 wurden weit über 100 Tiere (Stand 2023) aus dem Opel-Zoo ins Freiland ausgewildert oder zum Aufbau eigener Zuchten an andere Zoologische Gärten abgegeben.