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Demokratie im Zeichen demografischer Ängste

Nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten in Osteuropa und dem Ende des Kalten Krieges rief der US-amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama das „Ende der Geschichte“ aus: Die liberale Demokratie westlicher Prägung werde sich auf der ganzen Welt durchsetzen und alle anderen Herrschaftsformen ablösen.

Heute wissen wir, dass diese Voraussage falsch war. In vielen Ländern sind inzwischen autoritäre Herrscher an der Macht, und demokratische Gesellschaften sehen sich mit inneren Zersetzungstendenzen konfrontiert. Die Geschichte ist nicht zu Ende, die Zukunft ist offen.

In seinem englischsprachigen Vortrag mit dem Titel „The Return of the Future and the Last Man: Politics of Demographic Imagination“ präsentiert der bulgarische Politikwissenschaftler und Publizist Ivan Krastev seine Analyse zur Zukunft der Demokratie. Er fragt, warum sich viele Menschen weltweit von der Demokratie abwenden und bei Wahlen gegen sie stimmen: Woher kommen diese Menschen, warum sind sie so misstrauisch, und wovor haben sie Angst? Antworten findet Krastev unter anderem in Prognosen zu demografischen Veränderungen, die stark in Politik und Gesellschaft hineinwirken.

Mit dem Vortrag von Ivan Krastev lädt das Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität zu seiner vierten John McCloy Lecture ein, die am Dienstag, 1. April, um 18 Uhr,, in den Räumen des Forschungskollegs Humanwissenschaften, Am Wingertsberg 4, in Bad Homburg stattfindet. In den Abend einführen wird der Amerikanist und Co-Sprecher des John McCloy Transatlantic Forums, Prof. Johannes Völz.

Ivan Krastev, Jahrgang 1965, ist Vorsitzender des Centre for Liberal Strategies in Sofia und Albert Hirschman Permanent Fellow am Institut für die Wissenschaften vom Menschen in Wien. Seine Untersuchungen über die globale Entwicklung der Demokratie, in die er erfahrungs- und kenntnisreich osteuropäische Perspektiven einbringt, richten sich an Wissenschaft, Politik und die breite Öffentlichkeit. Er schreibt regelmäßig für die Financial Times. Zu seinen jüngsten, ins Deutsche übersetzten Büchern zählen: Das Licht, das erlosch. Eine Abrechnung (mit Stephen Holmes, Anm. der Red.) (2021), Ist heute schon morgen? Wie die Pandemie Europa verändert (2020) und Europadämmerung. Ein Essay (2017). 2020 wurde er mit dem Jean-Améry-Preis für Europäische Essayistik und dem kanadischen Lionel Gelber Prize ausgezeichnet.

Die John McCloy Lectures werden vom John McCloy Transtatlantic Forum am Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität in Bad Homburg veranstaltet. Die Lectures laden Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Gesellschaft dazu ein, ihre Sicht auf aktuelle Entwicklungen der transatlantisch geprägten Demokratie in einem öffentlichen Abendvortrag zur Diskussion zu stellen. Die erste John McCloy Lecture (2022) hielt der amerikanische Politikwissenschaftler und -berater Charles A. Kupchan, die zweite (2023) Bundesminister a. D. Sigmar Gabriel und die dritte (2024) die Juristin und Publizistin Constanze Stelzenmüller. Das Forum arbeitet eng mit dem interdisziplinären Forschungsschwerpunkt Democratic Vistas. Reflections on the Atlantic World zusammen, der ebenfalls am Bad Homburger Kolleg angesiedelt ist. Forum und Forschungsschwerpunkt werden von den Frankfurter Professoren Gunther Hellmann (Politikwissenschaft) und Johannes Völz (Amerikanistik) geleitet.

Anmeldung bis 27. März an anmeldung@forschungskolleg-humanwissenschaften.de

Anfahrt

Öffentliche Verkehrsmittel: Die nächsten Haltestellen sind Kaiser-Wilhelms-Bad (Bus 6), Bahnhof Bad Homburg (S 5) und Gonzenheim (U 2).

PKW: Bitte nutzen Sie die nahegelegenen Parkmöglichkeiten – das Casino-Parkhaus mit Zufahrt über den Weinbergsweg oder den Parkplatz des Tennisclubs und des Kur Royal Aktiv in der Kisseleffstraße 20.