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Demokratie braucht guten Journalismus

Joachim Frank, Chefkorrespondent des Kölner Stadt-Anzeigers und früherer Chefredakteur der Frankfurter Rundschau, hat den diesjährigen Wächterpreis der Tagespresse erhalten. Bei der Verleihung im Kaisersaal wurden Gunter Held von der Tageszeitung Neue Westfälische und Nina Gessner von der Hamburger Morgenpost mit dem zweiten beziehungsweise mit dem dritten Preis ausgezeichnet.
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Bürgermeisterin Eskandari-Grünberg mit den drei Preisträgern Nina Gessner, Gunter Held und Joachim Frank (mit Urkunden, v.l.) sowie Bundespräsident a.D. Christian Wulff (rechts) und Monika Zimmermann, Moritz Döbler und Gebhard Ohnesorge (v.l.) vom Vorstand der Stiftung Freiheit der Presse
Foto: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Maik Reuß

Im Namen der Stadt begrüßte Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg die Gäste im Kaisersaal. Sie dankte den anwesenden Medienvertreterinnen und -vertretern „für Ihren Einsatz, für Ihre Leidensfähigkeit und Ihre Beharrlichkeit, auch unter immer schwierigeren Bedingungen guten Journalismus zu liefern.“ Die freie und unabhängige Presse sei vielerorts bedroht. „Überall dort, wo die Demokratie in Gefahr ist, ist auch der Journalismus bedroht.“ Das Wort „Lügenpresse“, Unwort des Jahres 2014, sei noch immer auf rechten Demos zu hören.

In seiner Festrede lobte Christian Wulff, Bundespräsident a.D., die „überragende journalistische Leistung“ der Preisträgerinnen und Preisträger und bezeichnete Tageszeitungen als „Grundnahrungsmittel für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“. Für deren Fortbestand müsse mehr getan werden. Er beklagte, dass Zeitungen von Menschen unter 30 Jahren kaum noch gelesen werden.

Laut Stiftung „Freiheit der Presse“, die den Wächterpreis ausschreibt, erkannte eine unabhängige Jury Joachim Frank den ersten Preis für seine Berichterstattung zum Missbrauchsskandal im Erzbistum Köln zu. Der Chefkorrespondent werde für die umfassende Aufarbeitung der als „Kölner Missbrauchsskandal“ bezeichneten Vorgänge in der dortigen katholischen Kirche ausgezeichnet.

Frank, vor seinem Journalistenleben selbst katholischer Priester, habe in diesem schwierigen Umfeld Hartnäckigkeit und überragende journalistische Kompetenz bewiesen. Er habe seine Recherchen gegen alle Vertuschungsversuche vorangetrieben mit dem Ziel, diesen „skandalträchtigen Sumpf trocken zu legen“. Seine Arbeit habe erstmalig in der Bundesrepublik zu einem formellen Ermittlungsverfahren gegen einen Kardinal und Erzbischof geführt. Dieser Preis ist für Frank die dritte Auszeichnung mit einem Wächterpreis nach 2014 und 2017.

Gunter Held habe einfühlsam und mit gebotener Distanz einen Sorgerechtsstreit begleitet, in dessen Verlauf das Jugendamt der Mutter ihr Kind wegnahm, heißt es in der Begründung der Jury. Ohne alle Fragen abschließend zu beantworten, habe Held jedoch wichtige Fragen aufgeworfen, die bezweifeln lassen, ob wirklich das Kindswohl immer an erster Stelle stehe, wie es das Gesetz verlange.

Nina Gessner habe ein millionenschweres Förderprojekt des Stadtstaates Hamburg aufgedeckt, das der zuständige Finanzsenator unter Umgehung der europaweiten Ausschreibung an die Firma eines guten Bekannten und Parteifreundes vergeben hatte.

Der Wächterpreis der deutschen Tagespresse ist eine Auszeichnung für Journalisten und Redaktionen, die seit 1969 jährlich von der Stiftung Freiheit der Presse vergeben wird. Ausgezeichnet wird kritische und investigative Berichterstattung über Korruption, Vetternwirtschaft, Missstände und Missbrauch.

Die Stiftung Freiheit der Presse ist eine rechtlich selbständige Organisation, die sich für einen couragierten und freien Journalismus einsetzt. Sie ist eine fiduziarische Stiftung (Treuhandstiftung). Sie wurde am 31. Januar 1967 gegründet und wird vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger getragen. (ffm)