Letzte Aktualisierung: 21.03.2025
Dem Klimawandel auf der Spur: Forschungsflüge über der Arktis
von Adolf Albus
(12.03.2025) Die Arktis zählt zu den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Regionen. Die Temperatur ist hier in den letzten Jahrzehnten etwa viermal so stark angestiegen wie im globalen Durchschnitt. Warum sich die Arktis so viel stärker erwärmt als die übrige Erdoberfläche und welche Auswirkungen dies hat, erforscht die von der Goethe-Universität und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) koordinierte Messkampagne ASCCI. Mit Messflügen in die Region, die aktuell bis Anfang April stattfinden, wollen die Forscher Ursachen und Auswirkungen des arktischen Klimawandel besser verstehen.
Die Messkampagne ASCCI (steht für: „Arctic Springtime Chemistry-Climate Investigations“) beschäftigt sich vor allem mit der Frage, wie Ozon und Wasserdampf in der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre – also in Höhen zwischen etwa fünf und 15 Kilometern – den arktischen Klimawandel beeinflussen und von ihm beeinflusst werden. Dazu untersucht die Kampagne speziell die Prozesse, die im Frühjahr stattfinden. Zu diesen gehört unter anderem der Abbau des stratosphärischen Ozons. Die Dichte der Ozonschicht über der Arktis schwankt im Jahresverlauf und kann sich im Frühjahr ausdünnen, wenn chemische und meteorologische Bedingungen zusammenfallen.
„Es gibt in der Stratosphäre wärmere und kältere Winter, das ist eine ganz normale Variabilität von Jahr zu Jahr. Darüber hinaus beobachten wir aber, dass durch die Zunahme von Treibhausgasen die Stratosphäre immer kälter wird, während die Temperaturen am Boden und in der Troposphäre immer weiter ansteigen“, sagt Professor Björn-Martin Sinnhuber vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung des KIT, der die Kampagne gemeinsam mit Professor Andreas Engel von der Goethe-Universität Frankfurt koordiniert. Vor allem in Jahren mit kalter Stratosphäre laufen ähnliche Prozesse wie beim antarktischen Ozonloch ab, und ein signifikanter Teil der arktischen Ozonschicht kann zerstört werden.
„Dieser Winter war bislang durch ungewöhnlich kalte Bedingungen in der arktischen Stratosphäre gekennzeichnet, also der Luftschicht oberhalb von etwa 10 Kilometern. Zwar sinken die Konzentrationen vieler Fluorchlorkohlenwasserstoffe und anderer ozonzerstörender Substanzen in der Atmosphäre aufgrund internationaler Regulierungen, allerdings dauert das sehr lange, da diese Gase in der Atmosphäre sehr langlebig sind“, sagt Andreas Engel. „Unsere Messungen von der Goethe-Universität quantifizieren, wieviel ozonschädigendes Chlor und Brom in der Stratosphäre vorhanden ist. Es reicht auf jeden Fall noch aus, um bei den kalten Bedingungen chemische Prozesse anzustoßen, die zum Ozonabbau führen können.“ Gleichzeitig befinde sich durch den Ausbruch des Unterwasservulkans Hunga-Tonga vor drei Jahren immer noch deutlich mehr Wasser in der Stratosphäre als normal, so Engel. Wie sich das auf die Ozonschicht auswirkt, wollen die Forscherinnen und Forscher ebenfalls während der ASCCI-Messkampagne untersuchen.
Zudem werden im Frühjahr vor allem Luftschadstoffe in die Arktis transportiert, die dort als kurzlebige Treibhausgase wirken können. Ein weiteres Ziel der Messkampagne ist es, diese Prozesse durch gezielte Messungen besser nachzuvollziehen. Die Messflüge finden mit dem Forschungsflugzeug HALO statt, das bis April im nordschwedischen Kiruna stationiert ist.
Ozonabbau in der Arktis und sein Einfluss auf die mittleren Breiten besser verstehen
Die Goethe-Universität Frankfurt betreibt an Bord von HALO ein selbst entwickeltes Messgerät, das eine Vielzahl halogenierter Gase misst, die die Quelle für ozonschädigendes Chlor und Brom in der Stratosphäre sind. „Wir wollen verstehen, wie das aus den halogenierten Gasen freigesetzte Chlor und Brom das Ozon in der arktischen Stratosphäre beeinflusst und ob dies auch einen Einfluss auf die mittleren Breiten hat, in denen wir leben,“ erläutert Engel. „Wenn Luft aus der Arktis mit niedrigem Ozongehalt zu uns in die mittleren Breiten gemischt wird, dann kann das auch Auswirkungen auf den Ozonschirm über uns haben, und der schützt uns ja vor der gefährlichen UV-Strahlung der Sonne.“
An der ASCCI-Kampagne sind neben der Goethe-Universität und dem KIT auch das Forschungszentrum Jülich, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie die Universitäten Heidelberg, Mainz und Wuppertal beteiligt.