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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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CO2 – Neutrale Weinflaschen auf dem Rheingauer Markt

Winzer aus Oestrich-Winkel hatten die Idee

von Karl-Heinz Stier

(05.12.2022) Es gibt mittlerweile kaum einen Lebensbereich in unserer Gesellschaft, in dem es nicht um eine klimagerechte Behandlung geht. Gas, Öl und Kohlvorkommen sowie Wind und Wetter stehen dabei natürlich im Vordergrund. Doch es gibt auch Dinge, die im Alltagsleben eine Rolle spielen, aber nicht so sehr im Blickpunkt des Interesses stehen.

Bildergalerie
Matthias (rechts) und Sohn Philipp Covers-Kauter im Keller ihres Weingutes
Foto: Weingut Covers-Kauter
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Die um zwei Zentimeter kürzere neue CO2-Flasche (links)
Foto: Weingut Covers-Kauter
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Das Gutshaus in der Rheingauer Straße 129 in Oestrich-Winkel
Foto: Weingut Covers-Kauter
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40 Hektar umfasst die Rebfläche der Biowinzer. Hier der Rüdesheimer Berg Rottland
Foto: Weingut Covers-Kauter
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Zum Beispiel Flaschen. Nicht jene, die es im Mehrwegturnus gibt, sondern um Weinflaschen, die in der Regel nur einmal verbraucht werden und dann meist dem Müll anheimfallen. Ich meine auch nicht jene wenigen Weinbauern, die zurückgenommene Flaschen spülen und wieder verwerten, was manche auch nicht klimagerecht beurteilen.

Nicht so jene Biowinzer Matthias und Philipp Corvers-Kauter aus Oestrich-Winkel. Sie haben sich Gedanken gemacht, wie Weinflaschen klimaneutral hergestellt werden können. Zwar achten sie in vielen ihrer Arbeitsschritte generell bereits auf klimaneutrale Herstellung und verbrauchen so wenig CO2 wie möglich. „Aber als ich hörte, dass die Verpackung 57 Prozent der CO2-Emissionen ausmachen - allein die Glasflaschen 47 Prozent an der Weinherstellung, sah ich Handlungsbedarf. Glas hat schließlich einen hohen Energiebedarf. Wir Winzer spüren seit Jahren die Folgen des Klimawandels, bewässern beispielsweise die Junganlagen in Steillagen. Aber damit lindern wir nur die Symptome und bekämpfen nicht die Ursachen. Ein fundamentales Umdenken ist notwendig“, so Dr. Covers-Kauter. Sohn Philipp stellte daher Kontakte zur Glasfabrik Wiegand in Bayern her und ein Jahr lang optimierten sie gemeinsam eine Glasflasche, die so viel wie möglich CO2-Emmissionen reduzieren.  

Das Ergebnis: Höhere Recyclingquote von 85 Prozent (Bundesdurchschnitt bei Behälterglas 60 Prozent). Die Flaschen sind um 145 Gramm leichter (zu vorher 56o Gramm). Jetzt wiegt sie 415 Gramm. Sie sind zwei Zentimeter kleiner, bei weiterhin 75o Milliliter Inhalt und ästhetisch identisch. Bei der Glasschmelze werden 100 Prozent Ökostrom aus Wasserkraft genutzt; außerdem wird kein Erdgas, sondern Bio-Methan verbraucht, ein Gas das aus Mais, Gras oder Gülle gewonnen wird. Diese Komponenten führten zu einer CO2-Reduktion von fast 65 Prozent des Herstellungsprozesses.  „Die restlichen 35 Prozent der Emissionen werden kompensiert mit Aufforstungsprojekten in Deutschland und Südamerika“, versicherte Winzer Dr.Corvers-Kauter. Damit erreiche man insgesamt 100 Prozent Klimaneutralität.

Erstmals hat das Weingut Corvers-Kauter seinen Wein in die neuen CO-neutralen Flaschen vom Jahrgang 2021 abgefüllt – vom Gutswein bis zu großen Lage. Der Spätburgunder wird noch in alten Flaschen abgefüllt, kommt aber auch bald in die neuen, die das Weingut „Eco2Bottle-the green glas“ nennt. Außerdem sollen auch in Zukunft die Weißglasflaschen für Rosee und die Burgunderflaschen für Pinots in klimaneutrale Flaschen verkauft werden. Übrigens passen nach Auskunft der Winzer aus Oestrich-Winkel erheblich mehr Flaschen auf einen LKW. Früher waren es 29 900 Flaschen jetzt sind es 42 000 – 40 Prozent mehr.

Die neuen CO2-neutralen Flaschen werden von den Kunden - wie Jungunternehmer Philipp versichert – trotz einer leichten Verteuerung positiv angenommen. Sie seien leichter zu heben und passten auch besser in den Kühlschrank.

Das über 40 Hektar große Weingut von Matthias, Brigitte und Sohn Philipp hat sich in den letzten Jahren in der deutschen Spitze etabliert. Nach Weinkritikern gehört es zu den Top Ten in der Bundesrepublik. Ausgezeichnet bei Fallstaff, Vinum, Eichelmann (4 Trauben bzw. Sterne). Seit 2012 arbeitet die Familie Bio zertifiziert (Bioland). 60 Prozent der Lagen zwischen Assmannshausen und Rauenthal sind Grand Cru klassifiziert, 20 Prozent Steillage. Neben prämierten Rieslingen (75 Prozent der Gesamtfläche) in allen Geschmacksrichtungen hat sich das Weingut auch bei Spätburgundern (15 Prozent) einen Namen gemacht. Handlese, Selektionsarbeit, das Keltern mit der traditionellen Korbpresse und das Reifen besonderer Weine in Holzfässern sind  der Winzerfamilie wichtig. Der Lohn ihrer Arbeit: von 24 in diesem Jahr vorgestellten Weinen haben zwanzig 90 Punkte und mehr bekommen. „Hochwertigkeit muss auch Nachhaltigkeit beinhalten“, so nennt der Chef Dr. Covers-Kauter zusammenfassend Motto und Arbeitsziel in seinem Weingut.