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Chemie sieht Risiken im Welthandel

Gedämpfte Geschäftserwartungen für 2019

Die Geschäftserwartungen der Chemischen Industrie sind im kommenden Jahr eher zurückhaltend. Die Branche rechnet für 2019 mit einem Plus der Produktion von 1,5 Prozent, einen Anstieg der Preise um 1 Prozent und der Umsatz werde insgesamt um 2,5 Prozent zulegen - so der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) Hans Van Bylen auf der Jahrespressekonferenz in Frankfurt.

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Präsident Hans Van Bylen (2. von rechts), Geschäftsführer Utz Tillmann (3. von rechts)
Foto: Karl-Heinz Stier

Dabei erwartet man vom Inlandsgeschäft einen etwas geringeren Wachstumsbeitrag (plus 1,5 Prozent) als vom Außenhandel (plus 3 Prozent). In den Unternehmen überwiegt die Hoffnung, dass mit der Normalisierung des Wasserstandes auf dem Rhein und der Wiederinbetriebnahme der abgestellten Anlagen die Produktion wieder hochgefahren werden kann. „Auch wenn die Automobilindustrie die Herausforderungen bei den Zulassungen in den Griff bekommt, dürfte auch die Nachfrage seitens der Fahrzeughersteller und ihrer Vorlieferanten aus der Metall- und Elektroindustrie wieder anziehen“, betonte Van Bylen. Er prophezeite, dass der Aufschwung in Deutschland sich seinem Ende nähert.

Neben der abgeschwächten Konjunktur in Deutschland sieht sich die chemische Industrie mit den immer schwierigen Handelskonflikten der USA und der EU und mit China sowie dem nahendem Brexit konfrontiert. In diesem Zusammenhang sei eine gemeinsame europäische Strategie, die auf eine Stärkung der Industrie sowie dem freien Welthandel und dem fairem Wettbewerb setze, notwendig.

Wenn dazu zeitgleich noch ein kontrollierter Ausstieg von Großbritannien aus der EU erfolgte, seien „in unserem Heimatmarkt Europa komplexe Wertschöpfungsketten“ betroffen. Bei einem harten Brexit mit Zollzahlungen und zeitaufwendigen Zollprozeduren an den Grenzen sowie fehlende Registrierungen oder Zulassungen für chemische Produkte aus Großbritannien wäre das „für unsere Kundenbranche ein massiver Eingriff“. Van Bylen erinnerte daran, dass in 2017 deutsche Unternehmen Produkte im Wert von 11,2 Milliarden Euro in das Vereinigte Königreích verkauft haben. 17 000 Menschen arbeiten auf der Insel in deutschen Niederlassungen. Sie stellen Produkte her, die häufig als Teil der Importe im Wert von 6,5 Milliarden Euro wieder in Deutschland landen.

Trotz verhaltender Prognose für 2019 sieht der VCI-Präsident  das nun zu Ende gehende Jahr in  positiver Entwicklung. Umsatz, Produktion und Erzeugerpreise hätten das Vorjahr 2017 übertroffen. Die guten Ergebnisse seien im ersten Halbjahr erwirtschaftet worden, im zweiten hätte die Dynamik deutlich nachgelassen. Ursache sei der Handelskonflikt zwischen den USA und China. Und so sehen die Gesamtzahlen der drittgrößten Branche in Deutschland für 2018 aus: 4,5 Prozent Umsatzplus, 2,5 Prozent Produktionsplus, eine Zunahme der Investitionen um 5 Prozent und 2 Prozent mehr Beschäftigte auf jetzt 462 000 Beschäftigte. Haupt-Gewinner war die Pharmaproduktion. Hohe Wachstumsraten wie beispielsweise bei den Krebstherapien verhalfen der Sparte zu einem starken Produktionsplus von 11,5 Prozent.

Die Bundesregierung rief Van Bylen dazu auf, die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie im Blick zu behalten. Dabei gehe es insbesondere um die gezielte Unterstützung in den Bereichen Innovationen und Investitionen in Forschung und Entwicklung, eine stabile und kostengünstige Energieversorgung und eine verträgliche Steuerbelastung der Unternehmen.

Der VCI-Präsident schloss mit der Feststellung: „Ohne Chemie sind keine technologische Fortschritte denkbar. Zum Beispiel im Bereich der Informationstechnik und Digitalisierung oder der E-Mobilität. Das gilt auch in der Pharmazie oder Landwirtschaft“.

Der VCI vertritt die wirtschaftspolitischen Interessen von rund 1 700 deutschen Chemieunternehmen und deutschen Tochterunternehmen ausländischer Konzerne gegenüber Politik, Behörden, anderen Bereichen der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Medien. Er steht für mehr als 90 Prozent der deutschen Chemie. Die Branche setzte 2018 über 204 Milliarden Euro um.