Letzte Aktualisierung: 11.01.2025
Bad Soden: Buchtipp des Monats Januar
Viola Ardone – „Was wissen sie vom Freisein“
von Adolf Albus
(30.12.2024) „Die Frau ist eine Vase: Wer sie bricht, der nimmt sie, sagt meine Mutter immer.“ Mit diesem schicksalhaften Satz beginnt der zweite Roman der italienischen Bestsellerautorin und Bibliothekarin Viola Ardone und ist ein echter Geheimtipp.
Das sizilianische Frauenbild der 1960er Jahre
Im Sizilien der 1960er Jahre wird die Frau an den Errungenschaften und dem Stand ihres Mannes gemessen. Demensprechend soll die junge Olivia weder die Schule abschließen, noch studieren. Für Olivias Mutter ist die Lebensaufgabe einer Frau klar definiert: Haushalt und Mutterschaft. „Du wirst schön, die Männer schauen dir draußen hinterher, du heiratest, bekommst Kinder und das war’s.“ Und damit gilt: „Halt dich von den Männern fern, sing nicht lauthals mit und wackele nicht mit den Hüften, als seist du vom Teufel besessen.“ Immer wieder werden die Leser mit den frauenfeindlich anmutenden Aussagen der Mutter konfrontiert und verstehen auch bald die Tragweite dieser Äußerungen. Denn im Laufe des Romans muss Olivia am eigenen Leibe erfahren, was der Eingangssatz des Romans bedeutet: Sie soll nach einer Misshandlung den Täter heiraten, um ihre Ehre „rein“ zu halten. Olivia, ihr Vater und ihre Freundin Liliana treffen daraufhin eine folgenschwere Entscheidung
Fesselnd und ehrlich
Viola Adorne berichtet auf schonungslos ehrliche und gleichzeitig sehr fesselnde Art über die grausame Normalität dieser Zeit. Der Konflikt zwischen Olivia, ihrem Vater und der konservativen Mutter spiegelt den Konflikt zwischen aufbegehrendem Feminismus und der damaligen Realität und der Rolle der Frau wider.
Der Debütroman der Autorin aus dem Jahr 2022 „Ein Zug voller Hoffnung“ war ein durchschlagender Erfolg, er wurde in 30 Sprachen übersetzt und für Netflix verfilmt. Und auch ihr zweites Buch „Was wissen sie vom Freisein“ entwickelt sich ebenfalls zu einem Bestseller. Im Rahmen der Frankfurter Buchmesse 2024 war Viola Adorne italienischer Ehrengast auf der „Blauen Couch“ und konnte dort auch ihr Buch vorstellen.