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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Aus der Pandemie lernen

Rat der Arbeitswelt legt ersten Bericht vor

von Claudia Braczko

(26.05.2021) Der Rat der Arbeitswelt hat am 18. Mai 2021 seinen ersten Bericht an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil übergeben. Der Bericht benennt die wichtigsten Handlungsfelder, die sich aus den Folgen der Covid-19-Pandemie ergeben haben, und gibt Empfehlungen für die Bewältigung sowie für die längerfristige Gestaltung der Arbeitswelt. Besonderen Handlungsbedarf sehen die Sachverständigen beim Homeoffice, bei den Minijobs, der sozialen Absicherung von Soloselbstständigen sowie in der Aufwertung der Pflegeberufe.

Pflegeberufe sind Schlüssel- und Zukunftsberufe. „Für mehr qualifiziertes Pflegepersonal müssen die Motive der Berufswahl auch mit der erlebten Berufswirklichkeit übereinstimmen“, sagt Ratsmitglied Michaela Evans, Direktorin des Forschungsschwerpunktes Arbeit und Wandel am Institut Arbeit und Technik (IAT/ Westfälische Hochschule). „Die Pandemie hat offengelegt, dass die berufliche Pflege dringend strukturelle Verbesserungen benötigt. Die Umsetzung vorhandener Instrumente zur Personalbemessung ist hier ein wesentlicher Faktor. Geeignete Instrumente liegen teilweise bereits vor, nun geht es darum diese bundeseinheitlich zu implementieren. Zudem sind zeitnahe Lösungen für flächendeckend bessere Löhne und zur Erhöhung der Tarifbindung in der Altenpflege notwendig. Der Arbeits- und Gesundheitsschutz muss zudem gestärkt werden.“

Angesichts der bestehenden Fachkräfteengpässe stehen Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen vor der Herausforderung, sich diverse Beschäftigtengruppen zu erschließen. „Neue Personal- und Qualifikationsmixe schaffen erweiterte Chancen für auch niedrigschwellige Berufseinstiege, etwa auch rund um das Berufsfeld Pflege etwa in Service und Assistenz“, sagt Ratsmitglied Michaela Evans. Es sollte sichtbarer werden, wie es Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen unter Rückgriff auf arbeitsmarktpolitische Instrumente schon heute gelänge, neue Berufsperspektiven in der und rund um die berufliche Pflege zu eröffnen. Hier brauche es mehr Orientierung darüber, wie für geeignete und motivierte Personen neue Berufs- und Qualifizierungswege zur Pflegefachkraft möglich werden könnten.

Um in Phasen der Ausbildung, Berufseinmündung und Qualifizierung den „Lernort Betrieb“ zu stärken, werden der Ausbau personenzentrierter, assistiver Hilfen sowie die Stärkung ausbildungs- und berufspädagogischer Kompetenzen für das Pflegebildungspersonal angeregt. Mehr Transparenz und die Förderung eines regionalen Wissenstransfers über evidenzbasierte und geeignete Lösungen für Recruitment, Ausbildungs- und Qualifizierungsbegleitung und über neue attraktive Aufgaben- und Tätigkeitsfelder in der regionalen Versorgung können einen wesentlichen Beitrag zur Arbeitgeberattraktivität leisten. Dafür sind regionale trägerübergreifende Plattformen zu stärken.

Der Rat empfiehlt interministerielle beziehungsweise ressortübergreifende Vereinbarungen für die Entwicklung und Umsetzung einer arbeits- und beschäftigungsorientierten „Digitalen Agenda der Pflege“ und zur Stärkung des handlungsorientierten Wissenstransfers über betriebliche Gestaltungspraktiken und Gestaltungserfahrungen. Zwar setzt die Politik für die Arbeitswelt beruflich Pflegender oftmals die Rahmenbedingungen – die konkrete Gestaltung und Innovation geschieht jedoch auch auf betrieblicher Ebene. Deswegen sollte insbesondere die betriebliche Mitbestimmung der Beschäftigten gestärkt werden. Der Rat plädiert in diesem Kontext für den Aufbau einer Kompetenzplattform, die den interdisziplinären Wissens- und Kompetenzerwerb betrieblicher Interessenvertretungen in zentralen Reorganisationsfeldern der beruflichen Pflege stärkt.

Originalpublikation:

https://www.arbeitswelt-portal.de/arbeitsweltbericht/arbeitswelt-bericht-2021