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Aug in Auge mit dem Autor

Goodbye Hoechst: Stadtbücherei lädt zum Treffen mit Dr. Seifert

Es bedurfte nur weniger Wochen nach dem Erscheinen Anfang des Jahres, und schon stand ein Buch über die Hintergründe des Niedergangs der ehemaligen Hoechst AG gleich in mehreren Bestseller-Listen. Sein Titel: „Goodbye Hoechst“; sein Autor: Dr. Karl-Gerhard Seifert, ehemaliges Vorstandsmitglied des einstmals größten Pharmaherstellers der Welt; der Verlag: der renommierte Frankfurter Societäts-Verlag, der mit diesem Thema also eine Art Heimspiel hat. Und nun kann man den Autor auch live erleben.

Ja wo ist sie denn, die ehemalige Hoechst AG, könnten hier Dr. Karl-Gerhard-Seifert (links) und HR-Redakteur Klaus Reichert fragen, aufgenommen bei einer Buchpräsentation im Neuen Theater in Höchst, bei der sich die beiden die Augen gegen das Scheinwerferlicht abschirmten.
Ja wo ist sie denn, die ehemalige Hoechst AG, könnten hier Dr. Karl-Gerhard-Seifert (links) und HR-Redakteur Klaus Reichert fragen, aufgenommen bei einer Buchpräsentation im Neuen Theater in Höchst, bei der sich die beiden die Augen gegen das Scheinwerferlicht abschirmten.
Foto: Jasmina Djordjevic, Buchhandlung Bärsch
Vom Vorstandsmitglied der ehemaligen Hoechst AG zum Bestseller-Autor: Dr. Karl-Gerhard Seifert.
Vom Vorstandsmitglied der ehemaligen Hoechst AG zum Bestseller-Autor: Dr. Karl-Gerhard Seifert.
Foto: Societäts-Verlag
Liest sich spannend wie ein Krimi: „Goodbye Hoechst“ von Dr. Karl-Gerhard Seifert.
Liest sich spannend wie ein Krimi: „Goodbye Hoechst“ von Dr. Karl-Gerhard Seifert.
Foto: Societäts-Verlag

Es ist eine gemeinsame Veranstaltung von Societäts-Verlag und Stadtbücherei Frankfurt am Main, zu der alle Interessierten eingeladen sind , um dort Näheres über die manchmal nur schwer fassbaren Umständen zu hören, die zum Niedergang dieses einst blühenden Chemiekonzerns führten. Treffpunkt am Mittwoch, 26. Juni ist die Zentralbibliothek in der Hasengasse 4 in 60311 Frankfurt, der Eintritt ist kostenfrei, Beginn um 19.30 Uhr.

Der Autor wird nicht als Solist auf der Bühne stehen, sondern bringt einen kompetenten Gesprächspartner mit, und zwar den Leiter des Societäts-Verlags Dr. René Heinen, einen bewährten Talker und Moderator, was der Veranstaltung zusätzlichen Unterhaltungswert verspricht. Schon einmal, im Neuen Theater in Höchst, saß Karl-Gerhard Seifert mit einem Gesprächspartner, Klaus Reichert vom HR, zusammen auf der Bühne, um über sein Buch zu sprechen. Das hatte sich auch da sehr bewährt.

Das Buch ist keine Abrechnung, eher ein Rechenschaftsbericht, vor allem aber eine Dokumentation dessen, wie ein Unternehmen bis zur Selbstaufgabe zerrieben werden kann, wenn seine Leitung nicht an langfristigen Zielen zum Wohle der Mitarbeiter und Aktionäre orientiert ist, sondern getrieben wird von Kräften des Kapitalmarktes.

Hoechst, der Chemiegigant aus dem gleichnamigen Stadtteil im Westen Frankfurts, gehörte einst zu den Flaggschiffen der Großchemie in Deutschland. Die Rotfabriker, wie sie im Volksmund genannt wurden, waren Anfang der 1980er Jahre auch das größte Pharmaunternehmen der Welt – ehe ab etwa Mitte der 1990er Jahre ein durch unübersehbare Managementfehler bedingter Niedergang einsetzte, der letztlich zur Zerschlagung des früheren Weltkonzerns führte.

Karl-Gerhard Seifert, von 1988 bis 1997 selbst Mitglied im Vorstand der Hoechst AG, blickt in seinen Erinnerungen „Goodbye Hoechst – von Könnern, Spielern und Scharlatanen“ auf die Vorgänge zurück, die maßgeblich waren für die Fusion mit Rhône-Poulenc zu Aventis. Viele Geschehnisse erschienen ihm so unglaublich, dass er ab dem Jahr 2000 begann, das Erlebte aufzuschreiben. Seine Protokolle, Dokumente und Aufzeichnungen der Gespräche mit Kollegen aus Vorstand und Aufsichtsrat beginnen aber viel früher und bilden die Grundlage für dieses Buch, das ein wesentliches Kapitel der jüngeren deutschen Industriegeschichte nachzeichnet. Begleitet von zahlreichen Abbildungen, Dokumenten und Protokollen liefert „Goodbye Hoechst“ spannende und aufschlussreiche Details zum Niedergang der Hoechst AG. Der minutiöse Bericht des langjährigen Vorstandmitglieds dürfte auch Außenstehenden bzw. weniger mit der Chemieindustrie Vertrauten eine fesselnde Lektüre versprechen.

Das Buch liest sich spannend wie ein guter Krimi und gibt Einblicke in ansonsten der Öffentlichkeit verschlossene Vorgänge hinter den Kulissen, die manchmal schaudern machen, aber auch überaus informativ sind. Ein dankbarer Besucher der bereits genannten Veranstaltung im Neuen Theater in Hoechst verstieg sich nach dem Termin sogar zu dem Lob: „ Eigentlich müsste man Karl-Gerhard Seifert jetzt ´Karl den Großen´ nennen, weil er in seinem Buch so mutig und offen die damaligen Missstände so mutig und offen schildert. Aber den gibt´s ja leider schon.“

Zur Person: Karl-Gerhard Seifert begann seine berufliche Laufbahn 1973 bei der Hoechst AG, die ihn 1988 bis in den Vorstand führte. Er war verantwortlich für die Bereiche Landwirtschaft, Pharma, Kosmetik und Spezialchemikalien. Er unterstützte die vom Vorstandsvorsitzenden Jürgen Dormann ab 1996 verfolgte Strategie nicht, weil das für ihn das Ende der Hoechst AG bedeutete. Deshalb verließ er 1997 das Unternehmen und übernahm die Leitung der Schweizer Chemiegesellschaft Clariant. Nach einer kurzen Zeit bei der Deutschen Bank erwarb er 2001 unter dem Namen AllessaChemie die ehemaligen Hoechst-Cassella-Chemiewerke in Frankfurt-Fechenheim und Offenbach, um sie vor der Stilllegung zu bewahren. Er verkaufte diese Aktivitäten 2013 und ist seit dieser Zeit Geschäftsführer der Cassella GmbH.

(Hardcover, 576 Seiten, zahlreiche Bilder, ISBN 978-3-95542-231-6, 25 Euro, im Buchhandel oder unter www.societaets-verlag.de, Tel.069/7501-4297, erhältlich)