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Urban Priol, einer der letzten Höhepunkte auf dem Hessentag

Urban Priol kam aus dem bayerischen Aschaffenburg ins hessische Bad Vilbel, das beim diesjährigen Hessentag zehn Tage lang Hessens ‚heimliche Hauptstadt` war, wie Bürgermeister Sebastian Wysocki stolz schwärmte. Die Wasserburg war ausverkauft. Drei Stunden lang ein politisch-sprudelndes, satirisch-humorvolles Programm, auch mit dem Fazit: aus der deutschen Jammer-Dauerschleife heraus zu kommen.

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Urban Priol
Foto: Renate Feyerbacher

Sein Programm „Im Fluss“ zeigt den ständigen Wandel, den ständigen Strom des politischen Geschehens, der in den letzten Jahren eher an einen Stausee erinnert habe als an ein fließendes Gewässer. Auch gewitterähnliche Verbal-Ausbrüche, die aber schnell wieder das Helle erstrahlen lassen, folgten.

Früher war die ehemalige Kanzlerin Angela Merkel oft seine Zielscheibe. Sie habe Wort gehalten: „es kam nichts raus“. Bei Minister Dobrindt gehe es weiter. Alles sei nun gut, weil Asylsuchende an den Grenzen abgewiesen würden. Die Brücken gut, Züge führen pünktlich, Wohnraum sei bezahlbar, was allerdings fehle: was machen wir für unsere Jugend, fürs Klima? Das sei „Gedöns“ - bedeutet überflüssig, so einmal Kanzler Gerhard Schröder.  

Priol ackert und pflügt im gesamten politischen Establishment, in allen Parteien, Gesellschaftsschichten, bei der Bahn, im Missbrauchs-Skandal der katholischen Kirche: „Hätten sich die Eltern früher gesorgt, wenn die Kinder vom Priester spät nach Hause kamen!“ Die evangelische Kirche war auch im Blick. Warum der Hass auf die Grünen, die an allem schuld gewesen sein sollen. Ausgerechnet die Grünen hätten mit ihrer Zustimmung zur Reform der Schuldenbremse Friedrich Merz „den Arsch gerettet.“ Es war schon schäbig, was da abging“ - so hatte sich Priol bereits in der Sendung von Sandra Maischberger im März geäußert.

Es waren Kaskaden von Vorfällen, von Ereignissen, Geschehnissen, an die er erinnerte. Manchmal braucht er Worte, Formulierungen, die Schnappatmung auslösen können. Dann folgen schnell dahinter beruhigende Worte. Comedian-Momente gibt es auch. Er teilt rundum aus, geißelt den täglichen Irrsinn, verteilt aber auch Streicheleinheiten und beruhigt.  

Seit 1982 steht Urban Priol, 1961 in Aschaffenburg geboren, auf der Kabarettbühne. Er begann an der Universität Würzburg ein Lehramtsstudium, das er kurz vor dem Examen abbrach. Die Kleinkunst wurde zu seinem Metier. Vor bald 27 Jahren eröffnete er in Aschaffenburg das Kabarett im Hofgarten, in dem Kabarett-Größen wie Georg Schramm, Dieter Hildebrandt, Erwin Pelzig (Frank Markus Barwaser), Gerhard Polt auftraten. Nun präsentieren sich die Jüngeren, unter anderem Tina Teubner, Lars Reichow und junger Nachwuchs.

Urban Priols Jahresrückblick im ZDF beendet dort stets das Jahr - ein Höhepunkt des satirisch-kritischen Kabaretts.

Preise über Preise erhielt er: bereits vor 28 Jahren den Salzburger Stier, 2002 den Deutschen und 2003 den Bayerischen Kabarettpreis (Hauptpreis), drei Jahre später den Deutschen Fernsehpreis Beste Comedy für Neues aus der Anstalt gemeinsam mit Georg Schramm, den Hessischen Kabarettpreis (Ehrenpreis) und zuletzt beim Prix Pantheon in Bonn den Sonderpreis Reif und Bekloppt. Seit zehn Jahren umkreist uns der Android (233880) Urbanpriol.

Das Publikum feierte den Kabarettisten mit lebhaftem Beifall und wollte ihn nicht gehen lassen. Wer wollte, konnte danach mit ihm parlieren oder CD’s und Bücher signieren lassen.