Letzte Aktualisierung: 14.01.2025
Antiker Bibel-Code
1800 Jahre alter Sensationsfund aus Frankfurt zum Nachbau im BIMU
von Ilse Romahn
(23.12.2024) Der Fund des silbernen Jesus-Amuletts aus einem Grab des dritten Jahrhunderts der Römerstadt Nida bei Frankfurt ist ähnlich sensationell wie die biblischen Textfunde vom Toten Meer. Die Frankfurter Silberinschrift enthält den ältesten sicher datierbaren Text einer neutestamentlichen Schrift aus dem 3. Jahrhundert nach Christus, gefunden von Archäologinnen und Archäologen. Die Frankfurter Silberinschrift ist jetzt im Archäologischen Museum Frankfurt zu sehen.
Veit Dinkelaker, Direktor des Frankfurter Bibelhaus Erlebnis Museums (BIMU): „Diese Inschrift kann es mit jedem Papyrusfund frühester biblischer Texte aufnehmen, die meist im ägyptischen Antikenhandel aufgetaucht sind. Darauf möchten wir vor Ort in Frankfurt im BIMU hinweisen.“ Andere bekannte älteste Manuskripte neutestamentlicher Schriften sind häufig aufgrund von Schriftvergleich (Paläographie) datiert, was als unsicher gilt. Ein Bodenfund wie der aus dem römischen Nida ist auch deshalb sensationell. Älteste christliche Papyrus-Urkunden aus dem Mittelmeerraum werden auf die Zeit um 200 datiert.
Ältester Textfund des Christus-Hymnus kann im BIMU Frankfurt nachgebaut werden
Das BIMU wird ab dem 14. Januar 2025 in einer Vitrine auf diesen frühen inschriftlichen Nachweis eines biblischen Textes hinweisen. Dazu können Besuchende das Silberamulett in Eigenarbeit herstellen und mitnehmen. Workshops dazu gibt es ab dem 15. Januar 2025 jeweils am Mittwoch um 15 Uhr für Gruppen ab 10 Personen. Eine Anmeldung ist über kontakt@bibelhaus-frankfurt.de erforderlich.
Im Frankfurter Amulett enthalten sind zwei Verse des ältesten Liedes, das von der Rettung der Welt durch Jesus Christus singt: „vor dem sich beugen alle Knie, die Himmlischen, die Irdischen und die Unterirdischen und jede Zunge bekenne“ (Philipperbrief 2,10-11). Solche Nachweise von biblischen Zitaten aus einer so frühen Zeit sind äußerst selten. Im 3. Jahrhundert nach Christus litt das Christentum als Untergrund-Religion im römischen Reich unter schweren Verfolgungen.
Das Amulett ist ein Gegenstand der Alltagsreligion und zeigt, dass das Neue Testament und seine Texte in Gebrauch waren. In diesem Fall ist es eine Sammlung von Anrufungen und Geheim-Codes, die es selbst dem Manuskript-Experten Markus Scholz, Universität Frankfurt, schwer gemacht haben, den Sinn zu entziffern. Grundlage war die Computertomographie des Silberamuletts, die vom Leibniz-Zentrum für Archäologie in Mainz durchleuchtet und dann virtuell entrollt wurde. So sind die lateinischen Buchstaben lesbar geworden.
Rätselhafte Buchstaben entpuppen sich als Hagiogramm: Kürzel heiliger Namen
Bestimmte Codes aber blieben auch im Lateinischen in griechischen Buchstaben erhalten. Sechs Buchstaben sind eine weihnachtliche Zusammenfassung dessen, was Grundlage eines christlichen Glaubens ist – ein kleines „Frankfurter Credo“: IH XP DF. Das ist ein Kryptogramm mit griechischen und lateinischen Buchstaben und bedeutet entschlüsselt: „Jesus ist der Christus, Gottes Sohn“ (IHSUS XPISTOS DEI FILII). Insbesondere die vier griechischen Buchstaben IH XP sind als „Hagiogramme“ aus den ältesten christlichen Papyrus-Handschriften bekannt. Es sind jeweils die beiden Anfangsbuchstaben der auf Griechisch geschriebenen Namen Jesus Christus.
Neben der Anrufung Jesu Christi durch die Hagiogramme ist ein Zitat aus der hebräischen Bibel in der Silberinschrift enthalten. Der Gesang der Engel am Thron des Gottes Israels ist bis heute wöchentlicher Teil der jüdischen und christlichen Gottesdienste: „Heilig, heilig, heilig“ (Jesaja 6,3) – auf der Frankfurter Silberinschrift in der griechischen Übersetzung „Agios, Agios, Agios“ in lateinischer Umschrift. Dort wo das Silberamulett herkommt, haben selbst lateinisch sprechende Menschen ihre Gebete traditionell auf Griechisch gesungen.
Ältester lateinischer Nachweis des Philipperhymnus
Das Schutz-Amulett schließt mit den Worten des im Philipperbrief des Paulus überlieferten Christus-Hymnus (Philipperbrief 2,5-12), hier nun in lateinischer Übersetzung. Es gilt als das älteste Lied des christlichen Gottesdienstes, das der Apostel selbst schon vorgefunden hat und zitiert. Das Silberamulett zeigt, wie bekannt es ist und wie gebräuchlich es war – schon im 3. Jahrhundert 4000 Kilometer entfernt von Betlehem und Jerusalem, wo nach der Überlieferung der Christus geboren wurde, lebte, litt und starb.
Die deutsche Übersetzung des teilweise fragmentarisch erhaltenen Amuletts lautet nach der Übertragung von Prof. Markus Scholz: „[Im Namen?] des Heiligen Titus./ Heilig, heilig, heilig/ im Namen Jesu Christi, Gottes Sohn/ der Herr der Welt/ widersetzt sich nach [Kräften?]/ allen [Rückschlägen?], Gott [?] gewährt dem Wohlbefinden Eintritt./ Dieses Rettungsmittel (?) schütze/ den Menschen, der sich/ hingibt dem Willen/ des Herrn Jesus Christus, Gottes Sohn/ da sich vor jesus Christus/ alle Knie beugen, die Himmlischen/ die Irdischen und/ die Unterirdischen, und jede Zunge/ bekenne sich (zu Jesus Christus).“
Bibelhaus Erlebnis Museum, Metzlerstraße 19, 60594 Frankfurt am Main www.bibelhaus-frankfurt.de
Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 10 bis 17 Uhr, Sonntag 14 bis 18 Uhr. Montag und an kirchlichen Feiertagen geschlossen.