„Nie standen die Frauen an Ihrem gehörigen Platze …“
Charlotte von Stein - ihr Leben und ihre Werke
Viele kennen sie mit ihrem Namen, zumeist nur im Bezug zu Goethes Leben und Werk. Nur wenige wissen etwas über ihren Lebenslauf und ihre Persönlichkeit. Gemeint ist Charlotte von Stein (1742 – 1827).
Auch wenn die Freundschaft mit Goethe ihre geistige und künstlerische Entwicklung nachhaltig prägte, ist ihre Persönlichkeit nicht auf ein Dasein als „Goethes Muse“ zu reduzieren. Zwar gehörten als Angehörige des Hofadels Repräsentationspflichten zu ihren Aufgaben. Doch in keiner Phase ihres Lebens beschränkte sich ihr Betätigungsfeld auf diese traditionellen Rollen: Literarisch gebildet und geistig eigenständig trat sie selbst als Autorin vor, verfasste Dramen, Erzählungen und Gedichte, zeichnete und musizierte, trieb botanische Studien, interessierte sich für Gesteinskunde, Astronomie, Philosophie und das Zeitgeschehen.
Als Übernahme aus dem Goethe- und Schiller-Archiv der Klassik Stiftung Weimar zeigt das Freie Deutsche Hochstift im Frankfurter Hirschgraben ab 29. August bis 28. Oktober 2018 eine Ausstellung über Charlotte von Stein mit Erinnerungsstücken, Werkmanuskripten, Bildnissen und Briefen, die durch ausgewählte Exponate aus den Hochstiftsbeständen ergänzt wurde. So entsteht das Bild einer eigenständigen, die mitfühlende und klug und mit „satirischer Bosheit“ zur Mentorin einer jüngeren Frauengeneration im klassischen Weimar des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts avancierte. Gezeigt wird von ihren literarischen Werken die einzige Komödie „Die zwey Emilien“, allerdings anonym bzw. mit der Autorenschaft Schillers versehen. Ihre anderen Stücke wurden posthum veröffentlicht, zuerst die beiden Schauspiele „Rino“ und „Dido“, zuletzt die Kömodien „Neues Freiheitssystem oder die Verschwörung gegen die Liebe“.
Sie war die Hofdame der Herzoginmutter Anna Amalia (bis 1764), enge Vertraute der jungen Herzogin Louise, befreundet mit Herzog Carl August, Christoph Martin Wieland, Caroline und Gottfried Herder und Friedrich Schiller sowie mit dem Dichter Carl Ludwig von Knebel, der von ihr sagte: „Sie ist ohne alle Prätension und Ziererei, nimmt an allem Vernünftigen Anteil und an allem Menschlichen, hat feinen Takt“.
Um es noch einmal herauszustellen, nicht ihre Freundschaft zu Goethe steht im Zentrum - auch wenn mit seinem für sie geschriebenen italienischen Reisetagebuch 1786 ein selten gezeigtes Exponat aus Weimar in der Ausstellung zu sehen ist - , sondern ihr eigenes Leben und Werk. Wahrscheinlich hatte auch die Nachwelt schon bemerkt, dass diese Frau mehr ist als Goethes Freundin, denn anders als etwa „Kätchen“ oder „Lotte“ ging sie nicht nur mit dem Vornamen in die Goethe-Literatur ein. Sie ist die „Frau von Stein“. Eine respektvolle Anrede für eine Frau, die Goethe im ersten Weimarer Jahrzehnt jene Sicherheit gab, die dem Frankfurter Bürgersohn im Milieu des Hofes fehlte. In der Zeit von Goethes Italien Reise hat Charlotte von Stein ihren schwer kranken Mann zweiundeinhalb Jahre bis zu dessen Tod gepflegt. Darüber fand Goethe in seinem Tagebuch keine Erwähnung. Dennoch zeigt die Ausstellung am Beginn ein Foto des jungen Goethe, wie er Charlotte in einem Schattenriss betrachtete - ein Bild, das seine Mutter Aja malen ließ.
Es gibt mehrere Öffentliche Führungen: am 30. August, 6., 13., 20. September, jeweils 15.30 Uhr; am 2., 9. September, 14., 21. Oktober jeweils 15 Uhr. Außerdem Begleitveranstaltungen, Theater-Führungen mit Katharina Schaaf als Charlotte von Stein und Streifen-Schatten-Risse.
Näheres darüber und mehr unter der Info: Tel. (069)138800 und unter der Mail: anmeldung@goethehaus-frankfurt.de