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Letzte Aktualisierung: 18.04.2024

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„Madame Butterfly“ - Vorprobe in Zürich

von PM

(03.06.2022) Wie bekommt man ein überdimensionales Blatt Papier von 33 Metern Breite auf eine gewöhnliche Opernhaus-Probebühne in Zürich, wo Regisseur Andreas Homoki bereits für das Spiel auf dem See probt? Man nimmt den Raum ausnahmsweise im Querformat, räumt sämtliche Gegenstände so zur Seite, dass gerade noch Platz für einen Konzertflügel und ein paar Regiepulte bleibt, und bespielt diese Fläche bis in den allerletzten Winkel.

Vorproben Madame Butterfly
Foto: Tanja Krebs
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Im Vergleich zum originalen Bühnenbild zu Puccinis Madame Butterfly, auf der Bregenzer Seebühne, sei diese Probebühne trotzdem ein bisschen gestutzt, „so wie die Titanic, die für den Film nachgebaut wurde“, sagt der Regisseur Andreas Homoki. Trotzdem können die Sängerinnen und Sänger, mit denen er hier probt, ein Gespür für die ungewöhnlichen Dimensionen dieser Bühne entwickeln. Die Höhe von bis zu 23 Metern, in die sich das Blatt Papier auf der Seebühne entfalten wird, müssen sich die Darstellenden hier jedoch vorstellen: Der flache Bühnenraum in Zürich sieht ein bisschen aus wie eine riesige Turnhalle mit höchst seltsamen Bodenmarkierungen. Mit weißen Linien und grünen Pfeilen sind hier lediglich die Spielflächen markiert sowie die Auftrittsmöglichkeiten und die Bühnenränder, wo Absturzgefahr in den Bodensee droht.

An einem frühsommerlich heißen Tag, zwei Monate vor der Premiere, arbeitet Andreas Homoki hier, wo er als Intendant das Opernhaus Zürich leitet, mit einer der drei vorgesehenen Besetzungen. Die irische Sopranistin Celine Byrne singt in dieser Probe die Titelpartie. Gerade befinden wir uns am Beginn des zweiten Akts von Puccinis „japanischer Tragödie“: Die arrangierte Hochzeit zwischen dem amerikanischen Offizier Pinkerton und der „Butterfly“ genannten Geisha Cio-Cio-San ist längst passé. Der Amerikaner ist abgereist. Seine junge Frau wartet, umsorgt von ihrer Dienerin Suzuki, auf seine Wiederkehr. In der darauffolgenden Szene soll der Bariton Brett Polegato als amerikanischer Konsul Sharpless die heikle Botschaft überbringen, dass Pinkerton längst mit einer Amerikanerin verheiratet ist und nicht zu Butterfly zurückkehren wird.

Neben den blockbusterhaften Momenten, mit denen Puccini sein Publikum zu überwältigen weiß, gibt es in seinen Opern immer auch diese feinsinnigen Szenen voller Details, die berücksichtigt sein wollen: Butterfly bietet Sharpless beispielsweise amerikanische Zigaretten an, ein Brief soll vorgelesen werden, weit im Hintergrund auf dieser riesigen Spielfläche steht zudem der hämische Heiratsvermittler Goro, der in dieser Szene kaum etwas zu singen hat, aber von Homoki präzise geführt und spannungsvoll in die Inszenierung eingebunden wird.

Homoki ist froh, dass er die Vorproben für das Spiel auf dem See hier in diesem konzentrierten Rahmen auf einer Probebühne durchführen kann: „Mit solchen Details will man sich nicht auf der riesigen Seebühne zum ersten Mal beschäftigen“, sagt der Regisseur. Er probt heute bis zum kurzen Auftritt des Fürsten Yamadori. Der Sänger dieser Partie ist aber nicht anwesend – und sein Auftritt hätte in diesem Probenraum auch keinen Platz: Homoki erklärt den Anwesenden, dass Yamadoris Auftritt vor der Bühne im Wasser stattfinden wird, und dass dabei jeweils der Wasserstand im Bodensee berücksichtigt werden müsse. Man erahnt bei diesem kurzen Probeneinblick den unglaublichen organisatorischen Aufwand, der für eine Neuproduktion auf der Bregenzer Seebühne jeweils geleistet werden muss, und erlebt, wie er Hand in Hand mit dem künstlerischen Prozess einhergeht.

Die Bregenzer Festspiele 2022 finden von 20. Juli bis 21. August statt. Tickets und Infos unter www.bregenzerfestspiele.com und Telefon (0043)55744076.