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Letzte Aktualisierung: 18.04.2024

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„EU-Plastiksteuer stellt falsche Weichen“

VCI zu den Haushaltsberatungen auf dem EU-Gipfel

von Norbert Dörholt

(20.07.2020) Auf dem EU-Gipfel am Freitag trafen die Regierungschefs zusammen, um über die Finanzierung des Aufbauprogramms sowie den Haushalt der EU zu beraten. Dabei lag ein Vorschlag auf dem Tisch, der die Einführung einer Abgabe auf nicht recycelte Kunststoffverpackungsabfälle bereits ab Anfang des kommenden Jahres vorsieht. Die Chemiebranche sieht das Vorhaben sehr kritisch.

„Die geplante Abgabe kommt völlig zur Unzeit und setzt die falschen Signale. Europas Wirtschaft braucht jetzt dringender denn je Rahmenbedingungen für mehr Innovationen, nicht aber neue Regulationen. Der Vorschlag verliert zudem aus dem Blick, welche ressourcenschonenden Effekte Kunststoffe entfalten und setzt stattdessen einen Fehlanreiz zum Umstieg auf weniger effiziente Materialien“, so der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Wolfgang Große Entrup.

Kunststoffe trügen in Verpackungen bei einer umfassenden Betrachtung des Produktlebens erheblich zur Ressourcenschonung und damit auch zur Reduktion von Treibhausgasen bei. Dabei spiele vor allem die Gewichtseinsparung eine Rolle. Zudem hielten Verpackungen aus Kunststoff Lebensmittel länger frisch. „Recycling um jeden Preis kann nicht die Antwort auf die auch von uns gesehenen Probleme im Kunststoffbereich sein, wenn die Ressourcenschonung bei einer Gesamtbetrachtung darunter leidet“, sagte Große Entrup. Die Recyclingfähigkeit von Verpackungen sei heute bereits Kern der Produktentwicklungen in den Unternehmen. Dieser Weg müsse konsequent weiter gegangen werden.

Dazu brauche es aber Förderung statt Forderungen, Investitionen statt Regulationen. Offen sei zudem, wer die Rechnung zahle. Allein für Deutschland würden sich die Belastungen auf weit über eine Milliarde Euro summieren. Diesen an Brüssel zu entrichtenden Betrag könnte sich die Bundesregierung über eine nationale Steuer etwa an die Kunststofferzeuger zurückholen. Damit würden Unternehmen belastet, die erhebliche Investitionen in modernste Technologien tätigen oder planen, und somit auf dem Weg zu mehr Ressourcenschonung seien. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie fiellen Investitionen doppelt schwer. Kämen jetzt noch zusätzliche Belastungen hinzu, würden sie nicht umgesetzt. „Wollen wir das Recycling stärken, macht nur die Förderung und Anerkennung zukunftsfähiger Technologien Sinn, nicht aber zusätzliche Abgaben, die die notwendigen Transformationsprozesse ausbremsen“, betonte Große Entrup.