Letzte Aktualisierung: 23.04.2024
Zum Buch gewordene Lebensgeschichten
„literaTurm“ mit neuen Ideen
von Karl-Heinz Stier
(08.05.2018) Biographien erleben in den letzten Jahren eine Renaissance. Es verwundert daher nicht, dass „literaTurm“ in seinem neunten Literaturfestival das Thema „Biographie!“ als thematischen Schwerpunkt gewählt hat. Zum Buch gewordene Lebensgeschichten stehen als Erzählungen im Zentrum.
44 Veranstaltungen mit rund 100 Autoren, Wissenschaftlern, Journalisten und Musikern finden statt, darunter Lesungskonzerte, mehrere Podiumsgespräche, Lesungen und Vorträge und ein Filmabend bestücken das Programm. Veranstalter von „literaTurm“, ein bundesweit einmaliges Konzeptfestival, das alle zwei Jahre stattfindet, ist zum neunten Mal das Kulturamt Frankfurt – diesmal vom 4. bis 10. Juni.
Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig weist darauf hin, dass „literaTurm“ aus dem Gros der Literaturfestivals gleich zweifach herausrage: einmal mit Lesungen hoch oben in den Türmen der Stadt als neue Orte der Literatur und zweitens betonte sie in diesem Zusammenhang die verbindende Kraft zwischen Stadt und Region. „Das Festival, das sowohl in ausgewählten Orten des Umlandes wie auch in der Mainmetropole selbst stattfindet, festigt das gemeinsame Selbstverständnis der Rhein-Main-Region als ein kulturelles Kraftzentrum“. Mit dem diesjährigen Motto würden Fragen im Spannungsfeld von Herkunft, individueller Lebensgeschichte und Identität aufgegriffen, die gerade angesichts der aktuellen politischen Entwicklung von großer Bedeutung seien.
Zu den Höhepunkten des Festivals zählt die Eröffnungsveranstaltung im Dominikanerkloster mit der Uraufführung eines Lesungskonzerts, das die Schriftstellerin Felicitas Hoppe und die Komponistin Iris ter Schiphorst konzipiert haben. Die Auftragskomposition wird für „literaTurm 2018“ vom Ensemble Modern aufgeführt. Weitere Höhepunkte sind Veranstaltungen u.a. mit Ilona Mangold (in Hanau mit „Das Deutsche Krokodil. Meine Geschichte“), Eva Demski (in Hochheim mit „Den Koffer trag ich selber, Erinnerungen“), Klaus Modick (in Offenbach mit „Keyserlings Geheimnis“), Barbara Stollberg-Rillinger (in Hanau mit „Maria Theresia. Die Kaiserin ihrer Zeit“) – soweit in der Auswahl die Veranstaltungen in der Region. Linn Ullmann, Josef Winkler, Lamya Kaddor, Anthony Mc Carten, Jakob Hein, Karl Heinz Bohrer, Ralf Rottmann und Durs Grünbein – sie treten in Frankfurter Türmen oder Sälen auf.
Festivalleiterin Dr. Sonja Vandenrath sortierte das Motto „Biografie!“ unter die verschiedenen Formen des Erzählens von Lebensgeschichten: als Sachbuch zu historischen Figuren, als Autobiografie oder autobiographisch grundierter Roman oder als Künstlerroman. „Die Aufgabe eines Biografen ist den Werdegang von Kaiserinnen und Kanzlern aus der Chronologie in die Erzählung zu überführen. Das gibt einen großen Erzählraum, der an historischen Personen einlädt, ein ganzes Zeitalter zu besichtigen“.
Es gibt aber im Programm auch Podiumsgespräche, wie zum 200. Geburtstag von Karl Marx, dem Jubiläum von 1968 oder ein Abend zu georgischer Literatur. An ihre gemeinsame Jahre mit dem politischen Aktivisten Rudi Dutsche erinnert der Abend mit dessen Weggefährten Gretchen Dutschke und Milan Horacek im Gespräch mit dem Politologen Wolfgang Kraushaar.
„Das Leben wortwörtlich nehmen“ zum Abschluss von „literaTurm“ am 10. Juni Martin Walser und Josef Augstein. In ihrem gemeinsamen gleichnamigen Buch (2017) suchen beide nach dem, was sie verbindet, sprechen über gemeinsame Bekannte, über Kindheit und eine beiden sehr vertraute Frau „Es wird der fesselnde Versuch einer Annährung“, meint die Festspielleitung.