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Letzte Aktualisierung: 18.04.2024

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Wie Patientenvertreter zur Organspende stehen

„Das PatientenForum“ e.V. hat dazu ausführlich Stellung bezogen

von Norbert Dörholt

(13.09.2018) Bewusst entscheiden, die eigenen Angehörigen entlasten, Klinken besser auf Organspenden einrichten! Das sind drei Schwerpunkte, die der Bundesverband für Patienten- und Versicherteninteressen „Das PatientenForum“, Mainz, in seiner jetzt vorgelegten ausführlichen Stellungnahme zur aktuellen Diskussion über das Thema Organspende hervorhebt.

„Organspenden können Leben retten – keine Frage. Von daher ist die Bereitschaft aller Menschen gefordert, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob sie selbst zum Spender werden möchten. Diese Entscheidung ist jedem persönlich überlassen. Niemand darf zur Organspende gezwungen werden. Aber jede und jeder sollte sich entscheiden müssen, ob die eigenen Organe oder auch Gewebe genutzt werden dürfen, um Leben oder Lebensqualität anderer Menschen zu retten“, schreibt das Präsidium des Patientenforums in dem Exposee zum Thema. Weiter heißt es dort:

Es gibt zwei Möglichkeiten, seine Entscheidung deutlich zu machen: die Zustimmungslösung, bei der eine Transplantation nur möglich ist, wenn der Organtransplantation bereits ausdrücklich – am besten über einen Organspendeausweis – zugestimmt worden ist. Diese Lösung gilt in Deutschland, während in den meisten EU-Staaten die Widerspruchslösung praktiziert wird. Bei der Widerspruchlösung wird vorausgesetzt, dass grundsätzliche Bereitschaft zur Organspende besteht, sofern ihr nicht widersprochen wurde. In diesem Fall muss jede oder jeder, der eine Organspende ablehnt, dies deutlich dokumentieren.

Widerspruchslösung

Das PatientenForum spricht sich für die Widerspruchslösung aus. Warum? Nach zahlreichen Umfragen sind rund drei Viertel der Bevölkerung einer Organspende zugeneigt – einen Organspendeausweis haben dagegen deutlich weniger! Die Widespruchslösung käme diesem Mehrheitsvotum entgegen und vereinfacht den Umgang mit der Organspende gerade in der äußerst kritischen Situation, in der sie entschieden werden muss.

Die Widerspruchslösung macht es zunächst der Mehrheit leichter, die zur Transplantation grundsätzlich bereit ist: sie braucht nichts zu tun. Ist eine Widerspruchsregelung vorgesehen, müssen alle, die eine Transplantation ablehnen, dies auch eindeutig verfügen. Sie sollten ihre Angehörigen und ihre Ärzte entsprechend informieren und ihren Willen am besten in einer Patientenverfügung ausdrücken. Der Widerspruch zu einer Transplantation ist dabei keine moralisch schlechtere Lösung als die Zustimmung: Der menschliche Körper ist kein Ersatzteillager, das unbedingt verfügbar gemacht werden muss. Es bleibt eine persönliche und von allen zu respektierende Entscheidung. Doch egal, ob Zustimmung zur Transplantation oder Ablehnung – die Entscheidung dazu muss jeder treffen – und auch mitteilen!

Organtransplantation – Angehörige vor Gewissenskonflikten schützen

Verstirbt ein Mensch, ohne eine Entscheidung zur Transplantation getroffen zu haben, müssen nach der in Deutschland geltenden Zustimmungslösung Angehörige befragt werden, ob es möglich ist; Gewebe oder Organe zu entnehmen und zu transplantieren. Dies ist für alle Angehörigen in dieser Situation eine besondere Belastung, die zu erheblichen Gewissenskonflikten führen kann. Die Entscheidung zu treffen, ob man bereit ist, zur Organspenderin oder zum Organspender zu werden, bedeutet daher eine erhebliche Entlastung für die eigenen Angehörigen.

Patientenverfügung anpassen

Die Patientenverfügung ist das beste Mittel, die eigenen Wünsche deutlich zu machen. Auch hierin muss die eigene Überlegung zur Organspende einfließen: So kann die völlige Ablehnung lebensverlängernder Maßnahmen in einem Unglücksfall der Bereitschaft zur Organspende widersprechen. Für die Transplantation sind nur Organe geeignet, die zum Zeitpunkt der Entnahme durchblutet sind. Dies setzt für eine bestimmte Zeit voraus, dass künstliche Beatmung und Erhaltung der Herztätigkeit gesichert werden dürfen.

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation DSO empfiehlt daher, dass in einer Patientenverfügung auch die Entscheidung über eine mögliche Organspende geregelt werden sollte. Die medizinische Voraussetzung für eine postmortale Organspende ist in Deutschland der eindeutig nachgewiesene Tod durch Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls nach den Richtlinien der Bundesärztekammer. Die Bestimmung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls und eine eventuelle nachfolgende Organentnahme sind also nur möglich, wenn vorher intensivmedizinische Maßnahmen durchgeführt werden.

Wer seine Organe nach dem Tod spenden möchte, um anderen Patienten zu helfen, sollte in seiner Patientenverfügung gerade dazu eindeutige Angaben machen. Die DSO nennt beispielhaft eine Formulierung der Bundesärztekammer: „Ich stimme einer Entnahme meiner Organe nach meinem Tod zu Transplantationszwecken zu. Es ist mir bewusst, dass Organe nur nach Feststellung des Hirntodes bei aufrechterhaltenem Kreislauf entnommen werden können. Deshalb gestatte ich ausnahmsweise für den Fall, dass bei mir eine Organspende medizinisch in Frage kommt, die kurzfristige (Stunden bis höchstens wenige Tage umfassende) Durchführung intensivmedizinischer Maßnahmen zur Bestimmung des Hirntodes nach den Richtlinien der Bundesärztekammer und zur anschließenden Entnahme der Organe."

Kliniken besser auf Organspenden einrichten

Jahrelang sank die Zahl der Spenderorgane in Deutschland. Ursache des Tiefstandes von 2017 war aber nicht allein die fehlende Spendenbereitschaft. Für den starken Rückgang der Transplantationen und Spenden in der jüngeren Vergangenheit macht die Stiftung für Organspende nicht nur die mangelnde Spendenbereitschaft verantwortlich. Vielmehr verhinderte der von hohem Arbeitsdruck gekennzeichnete Klinikalltag, dass die Vermittlungsstelle überhaupt Kenntnis von Organen erhielt. Eine Studie habe ergeben, dass Entnahmekrankenhäuser „mögliche Organspender immer seltener erkennen und melden", hieß es in einer Mitteilung. Gelänge es, diesen Prozess in den Krankenhäusern „organisatorisch und politisch zu stärken", könnte die Zahl der Spenderorgane erheblich steigen.

(Die vollständige Studie ist im Netz zu finden unter https://www.aerzteblatt.de/archiv/198873/Rueckgang-der-Organspenden-in-Deutschland)