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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Wie aus dem Fernmeldeturm ein Spargel wurde

Der Frankfurter Journalist Norbert Dörholt wird am 27. Mai 70 Jahre

von Ilse Romahn

(26.05.2017) „Wie? 70? Nee, das glaube ich nicht!“ So etwa sind allenthalben die Reaktionen auf die Nachricht, dass der Frankfurter Journalist Norbert Dörholt am Samstag, dem 27. Mai, seinen 70. Geburtstag feiert. Sein Humor, seine Kinder und Enkelkinder sind es wohl, die ihn um so viel jünger wirken lassen, mutmaßen seine Freunde. Vielfältig sind die Aktivitäten und Spuren, die er in seinem fast ein halbes Jahrhundert währenden Wirken in Frankfurt und darüber hinaus hinterlassen hat.

Bildergalerie
Norbert Dörholt (rechts) als Sitzungspräsident beim Hessischen Journalistenverbandstag zusammen mit dem Co-Präsidenten Thorsten Becker, dem Vorsitzenden des Hanauer Journalistenverbandes.
Foto: DJV Hessen
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So kennt man ihn: Immer fröhlich und gut gelaunt und mit seinem Lieblingsgerät in der Hand: einer Zeitung
Foto: Maximiliam Dörholt
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Die Fastnacht spielt eine große Rolle in seinem Leben: Hier im Ornat des 1. Sindlinger Karnevalvereins in einem Irish-Pub in Hofheim, wo er den Mitgliedern des Deutsch-Irischen Freundschaftskreises, dem Norbert Dörholt ebenfalls angehört, Frankfurter Fröhlichkeit präsentierte.
Foto: Wolfram Strohbach
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Inmitten seiner Lieben: Jubilar Norbert Dörholt mit den Söhnen Konstantin (links) und Maximilian
Foto: Lotte Krahl
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Es war der erste Arbeitstag im Januar 1972, als der damals 22-jährige im Trachtenanzug und ein gutturales Bajuwarisch sprechend die Räume der Lokalredaktion der Frankfurter Neuen Presse in der Frankenalle, 3. Stock gleich gegenüber dem Aufzug, betrat. Seine Kolleginnen und Kollegen bestaunten ihn als exotischen Import aus dem Bayerischen Wald. Denn von dort, drauß´ vom Walde, kam er her. Bei der Mittelbayerischen Zeitung (MZ) in Regensburg hatte er volontiert, leitete schon als Volontär ein Kopfblatt der MZ, die „Kötztinger Umschau“, wurde dann stellvertretender Lokalchef des größeren „Bayerwald-Echo“ in Cham und kam, ja, nach einer in fürchterlicher Handschrift geschriebenen Bewerbung nach Frankfurt zur Neuen Presse. Ein heftiger Struktur- und Mentalitätswandel also.

Als Mitglied des aus Mangel an Tenören zwischenzeitlich verschiedenen Männergesangsvereins des TSV Sachsenhausen fühlte er sich zunächst einmal in die Frankfurter Mentalität ein und lernte so en passant auch die wichtigen Ebbelwei-Wirtschaften und was die Frankfurt dort so trinken kennen. Und er schrieb und inszenierte im Saal des TSV sogar ein (ausverkauftes) Singspiel mit dem neugierig machenden Titel „Wildwest in Sachsenhausen“, eine heitere, durch eine Handlung verbundene Melodienfolge unter Leitung des unvergessenen Frankfurter Jazzmusikers und Chorleiters Walter Bardorff.

In den Straßenschlachten und Studentendemonstrationen gegen die Zerstörung von Wohnraum im Westend war er als Reporter stets mittendrin – heute noch ist den Frankfurtern „Die Schlacht im Kettenhofweg“ ein Begriff –, einmal auch in einem besetzten Haus, während es von der Polizei geräumt wurde, hatte mit Cohn-Bendit und Joschka Fischer Kontakt (aber nur mit einer gewissen Sicherheitsdistanz), war in der Redaktion dann freigestellt speziell für die Baader-Meinhof-Berichterstattung, spendete von seinem nicht allzu üppigen Gehalt auch mal was für den Wiederaufbau der Alten Oper, die der „Dynamit Rudi“ genannte damalige OB Rudi Arndt beinahe weggesprengt hätte, und erlebte unter Walter Wallmann eine Blütezeit seiner bis heute heiß geliebten Stadt, zu der er sich aus ihm selbst unerklärlichen Gründen von früher Jugendzeit an hingezogen fühlte. Und er trat natürlich auch dem Frankfurter Presseclub bei.

In der Redaktion hatte sich der Waldläufer mittlerweile Respekt erworben. Er wurde zunächst Hauptdienstleiter, dann Chef vom Dienst in der Lokalredaktion und 1980, kurz bevor er zur Öffentlichkeitsarbeit der Hoechst AG wechselte, sogar noch Redaktionsleiter. Einige urige Eigenschaften hatte er sich aber in dieser ganzen Zeit bewahrt. So trat er, als Frankfurt noch ein Zentrum der damals beliebten Catch-Turniere war, zum Entsetzen seiner Kollegen gegen den Weltmeister René Lasartesse (mittlerweile verstorben, aber nicht durch ihn) und den Europameister Claude Leron, mit dem er heute noch einen freundschaftlichen Kontakt pflegt, in den Ring, – nacheinander. Mit einem Büschel ausgerissener Haare und einem Tiefschlag entwand sich Leron, genannt „Asterix der Gallier“, zweimal den kühnen Klamergriffen des „Schreiberlings“, von dessen Vorgeschichte als erfolgreicher Leistungssportlerin der Leichtathletik er nichts geahnt hatte. Dokumentiert wurden die Kämpfe vom FNP-Fotografen Peter Keller und dem Star-Schreiber der FNP, Jochen Trüby.

Ach ja, Spuren: Dass der heute als „Ginnheimer Spargel“ bezeichnete Frankfurter Fernmeldeturm im Volksmund so genannt wird, ist auf unser Geburtstagskind zurückzuführen. Das Wort „Fernmeldeturm“ passte ums Sterben nicht die Überschrift eines Einspalters, den er zur anstehenden offiziellen Eröffnung verfasst hatte. So schrieb er, in Anführungszeichen, „Spargel“, weil das lange Ding ja so ähnlich aussieht. Dieses Wort ist kürzer, passte in die Zeile –  und gefiel auch den Kollegen in den anderen Frankfurter Zeitungen, die ja mit denselben Anschlägelimits zu kämpfen hatten; sie übernahmen es, den Frankfurtern sagte der Vergleich zu, und so wurde aus dem Turm ein Spargel.

Es folgten für Norbert Dörholt vom 1. Januar 1982 an 17 Jahre als Unternehmenssprecher der Hoechst AG. In der 54 Mitarbeiter zählenden Zentralabteilung Öffentlichkeitsarbeit (ZÖA) unter den beiden Kreativkoryphäen Dr. h.c. Ernst Bäumler und Hugo Jung, einem früheren Wirtschaftsredakteur der FNP, war Norbert Dörholt Chef vom Dienst und Leiter der Publikationsabteilung in der ZÖA. Als Chefredakteur von „Hoechst Heute“, dem in vier Sprachen erscheinenden internationalen, mehrfach mit publizistischen Preisen ausgezeichneten Unternehmensmagazin, und verantwortlich für die mit 660.000 Exemplaren auflagenstarke Zeitung „Blick auf Hoechst“ konnte sich Dörholt auch dort journalistisch ausleben – und behielt, was ihm sehr wichtig war, stets engen und freundschaftlichen Kontakt mit seinen journalistischen Kollegen.

Er schrieb und gab als Projektleiter den gewichtigen Band „Mitten im Leben“ zum 125-jährigen Jubiläum der Hoechst AG heraus und war ferner Herausgeber des Sachbuches „Mein Name ist Becquerel“, das eine Gesamtauflage von 100.000 Exemplaren, darunter zwei Auflagen im dtv, erreichte. Es wurde sogar mit dem Preis der Deutschen Wissenschaftsverbände ausgezeichnet. Außerdem organisierte der eifrige Journalist die Hoechster Filmmatineen, bei denen er in der proppenvollen Jahrhunderthalle und in den großen Städten der Bundesrepublik auch die Begrüßungsworte sprach. Für einen der Filme, der auf den Matineen gezeigt wurde, schrieb er zum Thema alternative Landwirtschaft das Drehbuch und führte Regie. Und um die Organisation des Höchster Schlossfestes kümmerte er sich so quasi nebenbei von Hoechster Seite auch noch.

Als dann der damalige Vorstandsvorsitzende Dormann das Unternehmen zerbröselte, ging auch für Norbert Dörholt diese schöne Zeit zu Ende, zum Glück zu einem Happy End. Denn eines Tages rief, auf Vermittlung seines Freundes und ehemaligen Kollegen bei der Frankfurter Neuen Presse, Klaus Hellmich, ein Vorstandsmitglied des KfH in Neu-Isenburg an, ob er nicht Interesse habe, die Pressestelle, die Öffentlichkeitsarbeit und den Arbeitskreis Organspende im KfH zu übernehmen. Hinter der Abkürzung KfH verbirgt sich der Ausdruck „Kuratorium für Heimdialyse“, wobei das Unternehmen aber bis dato schon über 200 eigene Kliniken im Bundesgebiet für Dialysepatienten verfügte und mit 1,2 Milliarden D-Mark Umsatz Marktführer in der Dialysebehandlung war. Schon nach wenigen Wochen, zum 1. September 1998, war der Wechsel vollzogen. Aus Dörholts vielen Aktivitäten dort ging auch der Verein „Sportler für Organspende“ hervor, dessen Gründungmitglied er ist.

Ab 2001 arbeitete er dann freiberuflich, schrieb Geschäftsberichte, u. a. für den Verband der Chemischen Industrie (VCI), machte die Mitarbeiterzeitung der Firma Braun, die Kundenzeitung „Treffer“ von Lotto Hessen und den Internetauftritt der Deutschen Krebsgesellschaft. Daneben war er lange Jahre Pressesprecher der größten Orthopädischen Universitätsklinik Europas in Heidelberg und zeitgleich einige Jahre zusätzlich Pressesprecher der auf Wirbelsäulenoperationen spezialisierten Galenus-Klinik in Stuttgart.

Mit dem Eintritt ins Rentenalter hatte Dörholt dann endlich Zeit, sich seinen privaten und ehrenamtlichen Aktivitäten intensiver zu widmen. Zeitlebens war er sozial engagiert, u. a. als Vertrauensmann, gewählter „Kümmerer“ (auch das gibt es) und Sicherheitsbeauftragter in der Hoechst AG. Seit über 30 Jahren gehört er der Gewerkschaft der Journalisten, dem Deutschen Journalistenverband (DJV) an, dem weltweit stärksten Journalistenverband übrigens. Nach vielen Jahren als stellvertretender Vorsitzender des 1.300 Mitglieder zählenden Frankfurter DJV-Ortsverbandes, als Mitglied des Fachausschusses Europa im Hessischen Landesverband, bei dessen Verbandstagen er mehrfach als Sitzungspräsident fungierte, und als Delegierter der DJV- Bundesverbandstage gab er schließlich vor zwei Wochen bei der Hauptversammlung des Ortsverbands Frankfurt aus Altersgründen seine Ämter ab. Mit einem Präsent und herzlichem Beifall dankten ihm die Mitglieder für seine Tätigkeit. Auch aus dem „Förderverein Rudolf-Pichlmayer-Stiftung“, in dem er Schriftführer war, und dem „Verein der Freunde Paul Ehrlichs“ ist er mittlerweile ausgeschieden.

Mitglied im Vorstand des „Patientenforum e.V.“, einem bundesweit agierenden Verein für Patienten- und Versicherungsinteressen, ist er indes noch. Ebenfalls ist er noch Mitglied der Vertreterversammlung der Frankfurter Volksbank, langjähriges CDU-Mitglied (er gehört dem Siebener-Ausschuss der CDU Höchst-Unterliederbach an) und, was ihm, dem stets der Schalk im Nacken sitzt, sowie als früherer Faschingsprinz in Cham „Norbert I. von Echonien“ und Ehemann der ehemaligen Sindlinger Faschingsprinzessin „Gunhild I. von Trompetanien“ besonders Spaß macht: Präsident des Ehrensenats der Sindlinger Fastnacht e.V. Das ist ein selbständiger Verein, der die kulturellen Aktivitäten, besonders die des 1. SKV, bei dem Dörholt einstmals auch schon im Vorstand saß, fördert. Ihm gehören, stets friedlich vereint, auch viele Politiker an, so Gregor Amann, Markus Frank, Franz Frey, Alfons Gerling, Sieghard Pawlik, Matthias Zimmer und bis vor kurzem auch Heinz Riesenhuber.

Im Rahmen dieses Vereins, des Ehrensenats, kommt der Jubilar auch dazu, ein anderes seiner vielen Hobbys auszuleben: die Musik. Er spielt Gitarre und Banjo, singt ganz passabel, und mit seiner Frau Gunhild, die erste Trompeterin im Blasorchester Höchst spielt, musiziert er auch hin und wieder öffentlich, denn sie spielt auch Querflöte und Irish Pipe. Da kommt dann stets viel Freude und gute Laune auf. Ach ja, und dann frönt Norbert Dörholt noch einer leckeren lukullischen Tätigkeit: Er ist Pressesprecher des Vereins der Köche Frankfurt e.V. Deren Mitglieder heimsen beständig nationale und internationale Preise ein und veranstalten alljährlich den legendären „Ball der Köche“. Also dann weiterhin guten Appetit, nie erlahmende Schaffenskraft – und natürlich herzliche Glückwünsche!