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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Verein für Entwicklung Somalias bilanziert G20-Gipfel

„Bekenntnis zum Freihandel wird Afrika kaum helfen!“

von Norbert Dörholt

(18.07.2017)  Als „durchwachsen“ hat jetzt die Vorsitzende des in Wiesbaden ansässigen Vereins für Entwicklung und humanitäre Hilfe Somalias e.V., Asli Ahmed-Murmann, das Ergebnis des G20 Gipfels bezeichnet: „In der Summe steht dieser Gipfel für die Selbstbeschäftigung der Industrienationen und den Versuch, zumindest den kleinsten gemeinsamen Nenner herauszuarbeiten. Damit hat vor allem die eigentliche Idee des G20 Gipfel, nämlich gemeinsam Verantwortung für die Welt zu übernehmen, gelitten.“

Zu den konkreten Gipfelergebnissen erklärte Ahmed-Murmann: „Das klare Bekenntnis zu einem regelgebundenen Welthandel ist zu begrüßen. Unter einem Handelskrieg hätten die Länder Afrikas wohl am meisten gelitten. Weltweite Standards auf dem Niveau der G20 Industrienationen werden aber auch dafür sorgen, dass Markzugänge für die Länder Afrikas weiterhin nur sehr begrenzt möglich sein werden. Das Bekenntnis zum Freihandel wird Afrika deshalb kaum helfen. Gerade im Bereich der Lebensmittel und anderer natürlicher Rohstoffe sind nicht die Handelsvorschriften, sondern Umwelt- und Lebensmittelstandards die eigentlichen Handelsschranken. Für die Bauern in Afrika ist es am Ende egal, ob sie aufgrund von klassischen Zollvorschriften und Einfuhrkontrollen oder aufgrund anderer Vorschriften keinen Marktzugang bekommen. Das ist vor allem deshalb schade, weil gerade der Handel so unheimlich viel für die Wirtschaften Afrikas erreichen kann.“

Ahmed-Murmann weiter: „Digitalisierung ist der Entwicklungsmotor Afrikas! – Die Digitalisierung ist der Entwicklungsmotor für eine nachhaltige Entwicklung Afrikas. Schon heute haben mobile Anwendungen und Bezahlsysteme eine geradezu systemische Bedeutung in vielen Ländern Afrikas. Die Verfügbarkeit des Internets stabilisiert so zum Beispiel nahezu das gesamte Bank- und Finanzwesen in Ländern wie Somalia. Aber auch die gesamte Kommunikation, auch die auf politischer und zivilgesellschaftlicher Ebene, funktioniert im Wesentlichen über das Internet. Das Internet hat deshalb eine wirtschaftliche, aber auch eine nicht zu unterschätzende stabilisierende Funktion in vielen Ländern Afrikas.“.

„Wie stark die Länder Afrikas vom Internet abhängen, kann man derzeit in Somalia beobachten,“ schilderte die Vereinsvorsitzende an einem Beispiel. „Seit drei Wochen sind weite Teile Zentral- und Südsomalias ohne Internetzugang. Auch die Hauptstadt Mogadishu ist davon betroffen. Seitdem funktioniert weder das Finanz- und Bankensystem noch die Kommunikation innerhalb des Landes oder mit der Außenwelt. Somalia ist von der Hunger- und Dürrekatastrophe in Ostafrika besonders stark betroffenen. Ohne schnelle technische Hilfe läuft man Gefahr, dass sich das Land weiter destabilisiert.“ Ahmed-Murmann begrüßt in diesem Zusammenhang begrüßte, dass die G20 die Chancen der Digitalisierung in Afrika stärker nutzen wollen.

Enttäuscht zeigte sich die Vereinsvorsitzende darüber, dass wichtige Schlüsselthemen in der Abschlusserklärung überhaupt nicht erwähnt wurden: „Einige der großen Themen Afrikas tauchen in der Abschlusserklärung überhaupt nicht auf. So finden sich weder die Worte „Demokratie“ noch „Staatsaufbau“ in der der Abschlusserklärung.“ Beides seien wesentliche Säulen einer nachhaltigen Entwicklung in Afrika und beide Themen würden afrikanische Regierungen und Eliten stärker in die Verantwortung nehmen. Denn ohne funktionierenden Staat, ohne die Möglichkeit für die Menschen, sich auch gegen staatliches Handeln zur Wehr zu setzen, werd die Korruptionsbekämpfung in diesen Ländern reines Wunschdenken bleiben.“

„Das Ergebnis des G20 Gipfels hat deshalb aus der Sicht Afrikas etwas Licht und ziemlich viel Schatten. Es ist der deutschen Präsidentschaft leider nicht gelungen, die Entwicklung Afrika stärker in den Fokus der Weltpolitik zu rücken. So sind einige gut gemeinte Passagen übrig geblieben, bei denen wir jetzt sehr genau schauen werden, ob diese nur schmückendes Beiwerk oder ernstgemeinter Bestandteil der Erklärung sind“, so Ahmed-Murmann.
(Verein für Entwicklung und humanitäre Hilfe Somalias e.V., Liane-Synek Str. 41
D-65197 Wiesbaden, Tel: 0049 (0) 15125202701, Email: Info@developmentforsomalia.com , www.developmentforsomalia.com )