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Letzte Aktualisierung: 18.04.2024

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Unermüdlich im Einsatz für Tier und Mensch

Die Frankfurter TierTafel mit der Walter Möller-Plakette ausgezeichnet

von Pelin Abuzahra

(20.11.2018) Jeden dritten Samstag im Monat stehen sie in einer langen Schlange an – für ihren geliebten Vierbeiner. Denn ihr Haustier ist für sie Halt und Stütze. Doch wenn Herrchen oder Frauchen unverschuldet in Not geraten und das Geld kaum zum Leben reicht, dann müssen viele ihr geliebtes Tier abgeben. Damit es nicht soweit kommt, verteilen jeden dritten Samstag Ehrenamtliche Futter für die Tiere.

Inge Böhm, Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler, Conny Badermann, Uschi Pinsker und Hund Willi
Foto: Stadt Frankfurt Salome Roessler
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Seit 2007 arbeitet Conny Badermann mit ihrem 25-köpfigen Team unermüdlich für die TierTafel. 550 Stunden im Monat, auch an Feiertagen und Wochenenden. Die erste Vorsitzende hat die Tiertafel aufgebaut und so manches erlebt und gesehen. Sie erinnert sich an viele Fälle. Einmal habe sie einen Brief im Briefkasten gehabt. Es schrieb ein Pärchen, das seine alte einsame Nachbarin und deren Hund versorgte. Der Hund sei herzkrank und sie wüssten nicht, was sie tun sollten. Badermann zögerte nicht. Sie packte sofort Futter ein, fuhr zu der Frau und brachte den Hund zum Tierarzt. „Lange haben wir Elisabeth und ihren Hund begleitet“, erinnert sie sich. Es sei eine Freundschaft entstanden. Dann sei erst der Hund verstorben und kurz darauf Elisabeth. „Wenn ich helfen kann, damit es Tier und Mensch besser geht, geht es mir auch gut – mehr wünsche ich mir nicht“, sagt Badermann. Zurzeit werden rund 700 Tiere von der TierTafel versorgt. Jeden Monat kommen an die 300 Menschen, um Futter abzuholen.

Die Plakette ist Anerkennung und Motivation
Für ihren Einsatz und ihr Engagement wurde die TierTafel nun mit der Walter Möller-Plakette der Stadt Frankfurt ausgezeichnet, die mit 10.000 Euro dotiert ist. „Für viele bedürftige Menschen ist ihr Haustier ein wichtiger Sozialpartner und eine psychische Stütze. Ich freue mich daher, dass die Walter Möller-Plakette 2018 an den Verein Frankfurter TierTafel geht. Wir zeichnen so herausragende Arbeit für das Gemeinwohl aus“, begründet Oberbürgermeister Peter Feldmann die Entscheidung der Jury.

„Die Tiertafel ist eine wertvolle Ergänzung des Frankfurter Sozialsystems durch tolles ehrenamtliches Engagement der Menschen“, sagte Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler bei der Überreichung der Plakette am Montag, 19. November, im Kaisersaal.

Bei der Tafel ist die Freude über die Auszeichnung groß. „Die 10.000 Euro Preisgeld sind selbstverständlich eine große Unterstützung für unsere Arbeit. Aber mindestens genauso wichtig ist uns die mit der Möller-Plakette verbundene öffentliche Anerkennung. Das motiviert! Hierfür bedanken wir uns bei unseren Unterstützern und der Stadt“, sagt Conny Badermann.

Für jedes Tier das passende Futter
Für Badermann und ihre Kollegen ist es wichtig, dass die Tiere artgerecht ernährt und versorgt werden. „Wir schauen genau, welches Futter ein Tier braucht. Es ist uns wichtig, dass alte Tiere ihr Seniorfutter und die kranken Tiere das vom Tierarzt verordnete Spezialfutter bekommen. Wir beachten bei jedem Tier eventuelle Unverträglichkeiten, Alter, Gewicht und Erkrankungen“, erklärt die erste Vorsitzende des Vereins. Die Regale im Futterlager in der Ludwig-Landmann-Straße sind nach Tierart, Tiergröße und nach Futterarten sortiert.

Damit jeder das richtige Futter erhält, werden die Kunden der TierTafel in eine Kartei aufgenommen. In dieser verzeichnen die Mitarbeiter den Halter und jedes Tier mit Alter, Gewicht, Krankheiten und Geschmacksvorlieben. Die Neuaufnahme findet alle zwei Monate statt. Dabei sei es wichtig, dass die Tiere schon lange im Haushalt leben. „Neuanschaffungen von Welpen und Kätzchen unterstützen wir nicht. Aber Ausnahmen gibt es schon mal, zum Beispiel wenn eine Person ein Tier zu Therapiezwecken oder ein Blinder einen Assistenzhund braucht.“

Eine Katze für die Seele – auch das unterstützt die Tiertafel
So war es bei Andrea, die ihren Nachnamen nicht nennen möchte. Sie ist aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeitsfähig. Ihre Ärztin habe ihr aus Therapiezwecken zu einem Tier geraten. „Ich bin schon lange in psychiatrischer Behandlung. Da ich Katzen liebe, wollte ich gerne eine. Doch ich lebe von Hartz IV und ich wollte das Tier gut versorgt wissen. Also habe ich mich mit meinem Anliegen zuerst bei der Tiertafel vorgestellt“, berichtet Andrea. Sie haben zu den üblichen Unterlagen wie einem Bescheid vom Amt, ein Schreiben der Ärztin sehen wollen – Andrea konnte alles nachweisen. Die TierTafel half bei der Vermittlung. Kater Moritz kam 2013 vom Tierschutz zu Andrea. „Er ist mein Goldschatz und tut mir so gut.“ Später stellte sich heraus, dass Moritz herzkrank ist. Die Tiertafel hilft auch hier: Sie bezahlen die Medikamente und Arztkosten für Kater Moritz. „Ich könnte mir ein Leben ohne den Kater nicht vorstellen. Ich bin froh, dass mich die Tiertafel unterstützt. Deshalb freue ich mich über jeden Unterstützer für den Verein.“

Um das Hilfsangebot stemmen zu können, ist der Verein auf Spenden und Sponsoren angewiesen. Ein Unterstützer ist auch Peter Küchler aus Frankfurt. Während die Kunden in der Schlange stehen und warten, lädt er mit einem Mitarbeiter Futtersäcke, Dosen, Hunde- und Katzenspielzeug, Leinen, Hundemäntel und Leckerlis aus. „Ich habe selbst Hunde und bin Tierschützer. Ich bin von der Arbeit der TierTafel überzeugt. Ich weiß, wie gut ein Tier dem Menschen tut. Oft ist das Tier der einzige Partner im Alter, wenn Vereinsamung ein großes Problem ist. Die Tiertafel ermöglicht so viel und das möchte ich unterstützen“, sagt der Dauerspender.

Die Mitarbeiter sind das erste Glied in einer Kette von Helfern
Die Mitarbeiter kümmern sich nicht nur um die Tiere. Sie besuchen die oft betagten Halter zuhause, organisieren die Tierarztbesuche und -fahrten – alles privat und ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Die Hilfe ist für Mensch und Tier wertvoll, denn die Begegnungen mit den Mitarbeitern des Vereins sind wichtige Kontakte. Im Gespräch mit dem Tierbesitzer komme das eine oder andere belastende Anliegen zum Vorschein, weiß Badermann aus Erfahrung. Die Mitarbeiter der Tiertafel nehmen dann Kontakt zu Pflegediensten oder Sozialrathäusern auf und sind das erste Glied in einer Kette von Helfern. „Viele schämen sich wegen ihrer Situation und holen sich keine Hilfe“, sagt Badermann. Auch die Tierarztrechnungen zahlt der Verein. Und wenn Frauchen oder Herrchen ins Krankenhaus muss, kümmern sich die Ehrenamtlichen um ein vorübergehendes Zuhause für die Tiere.

„Die Tiere sind meine einzige Familie, meine Luft zum Atmen. Ich bin der Tafel unendlich dankbar. Ohne ihre Unterstützung müsste ich ohne meine Tiere leben und das ist eigentlich unvorstellbar“, sagt eine Kundin in der Schlange. (ffm)