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Letzte Aktualisierung: 24.04.2024

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Teneriffas mystischer Lorbeerwald

Auch jenseits des Pico del Teide gibt es lohnenswerte Ausflugsziele

von Karin Willen

(14.12.2017) Auf der kanarischen Insel Teneriffa gibt es neben der sonnensicheren Südküste auch ein kühleres Kontrasterlebnis. Mit oft atemberaubenden Fernsichten. Manchmal beeinträchtigt allerdings Nebel die Sicht im Anagebirge im Nordostzipfel der Insel. Doch er bezaubert mit ganz eigentümlichen Gerüchen und einer mystischen Stimmung.

Bildergalerie
Eingang zur kanarischen Mystik: Der kleinste Rundweg ist auch für Rollstuhlfahrer geeignet
Foto: Karin Willen
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Cruz del Carmen: Hinter der Kapelle beginnen die Pfade der Sinne
Foto: Karin Willen
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Unspektakuläre Schönheit: Im Nebel bieten kleine Lichtungen den Ausblick im Anagebirge
Foto: Karin Willen
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Die Luft so weiß und schwer wie in der Dampfsauna, der Wind fast so eisig wie eine Nordsee-Brise - und fünf Meter weiter könnte im milchigen Leuchten die Realität entschwinden: "Wenn eine Gegend sich in Nebel hüllt, erscheint sie größer, erhabener und erhöht die Einbildungskraft", berichtete Caspar David Friedrich vor knapp 200 Jahren.

Wo die Wolken den Boden berühren
Miriam, die seit 2005 das Besucherzentrum Cruz del Carmen im Anagagebirge im Nordostzipfel Teneriffas betreut, ist da bodenständiger: "Gut, dass Sie dick angezogen sind", sagt sie. "Viele Besucher vergessen, dass es hier auf 971 Metern mindestens zehn Grad kälter ist als an der Südküste." Diese Urlauber würden in Shorts und T-Shirts kommen und frieren.

Wenn es nur die Kälte wäre! Wo die Wolken den Boden berühren, wird der Lehmboden glitschig und die Kleidung feucht. Wanderschuhe, Ostfriesennerz und Handschuhe wären jetzt gut. Und eigentlich wandert man ja wegen der Aussicht.

Flechten in Fetzen und tiefgrüne Moose
Allein drei der schönsten Aussichtspunkte von Teneriffa öffnen im Anagagebirge den Blick über tiefe Schluchten bis hin zum Berg Teide sogar nach Gran Canaria. Doch wir sind froh, wenn wir durch den Nebel die Erklärungstafeln am Wegesrand der drei Pfade der Sinne sehen können. Silbergrüne Flechten hängen in Fetzen an den Bäumen und reichern die verschleierte Luft mit Dramatik an. Tiefgrüne Moose und Farne glänzen an krummen Wegen über knorzigem Wurzelwerk, die auch in eine Hobbithöhle führen könnten.

Kanarischer Urwald
Im Lorbeerwald klärt der zugleich modrige und frische Geruch die Nase. Gerüche, Temperatur und Landschaftsfarben könnten kontrastreicher nicht sein zur sonnensicheren Südküste, die eine Autostunde entfernt liegt. Wir hatten den Ausflugstipp von einem Gast unseres Hotels Iberostar Anthelia an der Costa Adeje erhalten. "Der kanarische Urwald im Anagagebirge ist ein Traum", schwärmte er. Mit der baumhohen und mystischen Erika sei die Region so ganz anders als die karge Mondlandschaft auf dem Teide.

Fachfrau Miriam rückt das jetzt zurecht: "Das ganze Mittelmeer-Gebiet war vor der Eiszeit voll davon. Der Lorbeerwald auf La Gomera ist größer, doch wir sind Europas Hotspot, was die biologische Vielfalt auf so kleinem Raum angeht." Das Besucherzentrum des Landschaftsparks zeigt die Pflanzen und Tiere des immergrünen Hartlaubwaldes und wie die Einwohner sie nutzten. Am Wegesrand erklären Tafeln die Bäume und Pflanzen. Nur für die Tierwelt war es wohl zu ungemütlich an unserem Besuchstag. Kein Laut, kein Flügelschlag, als hätte die Mystik sie einfach geschluckt.

Informationen: Pfade der Sinne
Die Pfade der Sinne gehören zu 16 ländlichen Routen, die für Autofahrer entworfen wurden, die Teneriffa auf eigene Faust erkunden wollen. Das Besucherzentrum Cruz del Carmen ist an der Carretera Monte de las Mercedes, km 6. La Laguna. Es ist täglich von 9.30 Uhr bis 15 Uhr geöffnet. Weitere Informationen hier.