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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Stadt Hofheim trauert um Erika Haindl

von Adolf Albus

(03.05.2019) „Mit Trauer haben wir die Nachricht aufgenommen, dass Erika Haindl tot ist. Unsere Stadt hat eine herausragend engagierte Mitbürgerin verloren. Wer ihren Lebenslauf und die Auflistung ihrer Ehrenämter liest, mag kaum glauben, dass ein einziger Mensch so Vieles initiieren und bewegen konnte. Unser Mitgefühl gilt ihrer Familie“, halten Bürgermeisterin Gisela Stang und Stadtverordnetenvorsteher Andreas Hegeler fest.

„Insbesondere in den Feldern Kommunalpolitik und Kultur sowie Menschen- und Frauenrechte sind Erikas Haindls Verdienste für Hofheim kaum hoch genug anzurechnen. Neben dieser anspruchsvollen beruflichen und ehrenamtlichen Tätigkeiten war sie Ehefrau, zog als Mutter zwei Kinder groß und war später als Großmutter für ihre beiden Enkel da“, sagte Stang.

Im April 2011 wurde Erika Haindl mit dem Ehrenring in Gold der Stadt Hofheim ausgezeichnet. Dies ist, nach dem Ehrenbürger, die zweithöchste städtische Auszeichnung. Sie wird sehr selten und nur an Personen verliehen, die sich auf politischem, künstlerischem, kulturellem, wissenschaftlichem, wirtschaftlichem, sozialem oder anderem Gebiet um die Stadt Hofheim in besonderem Maße verdient gemacht haben und durch ihr Wirken dazu beigetragen haben, das Ansehen der Stadt zu mehren. Außerdem erhielt sie gemeinsam mit Hermann Haindl 1979 den "Deutschen Preis für Denkmalschutz" durch das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz.

1985 wurde sie mit dem Ehrenbrief des Landes Hessen und 1991 mit der Ehrennadel in Silber der Stadt Hofheim ausgezeichnet. 2012 folgte das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Für den Ehrenbeirat, der die Verleihung des Ehrenrings in Gold der Stadt Hofheim 2011 beschlossen hat, war es völlig klar, dass Erika Haindl alle Voraussetzungen erfüllt. So setzte sie zu diesem Zeitpunkte bereits seit mehr als 40 Jahren im Stadtbild Hofheims zahlreiche Zeichen, die das Ansehen der Kreisstadt steigern und auf welche die Stadt stolz ist. Das Stadtmuseum, für dessen Realisierung sich Erika Haindl eingesetzt hat, ist eines der prominentesten Beispiele für ihr Wirken in Hofheim.

Aber es gibt natürlich noch viele weitere: Dr. Erika Haindl war Mit-Begründerin des "Kunstvereins Hofheim" und war von 1968 bis 1987 dessen Vorsitzende. 1974 organisierte sie selbständig die erste Hofheimer Kulturwoche in Zusammenarbeit mit dem Magistrat. Der Titel war „Soziokulturelle Integration der ehemals selbständigen Gemeinden nach der Gebietsreform". Ebenfalls 1974 rief sie als Mit-Begründerin die „Bürgervereinigung Hofheimer Altstadt“ ins Leben. 1976 stand die Pilotsanierung eines historischen Bauerngehöftes in der Altstadt, gemeinsam mit ihrem Mann Hermann Haindl, an. Das Obergeschoss stellten Haindls für kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung.

1982 sanierten die Eheleute eine alte Fachwerkscheune zum „Atelier Haindl“, das für Ausstellungen genutzt wird. Seit 1985 war Erika Haindl Mitglied der Arbeitsgruppe des Stadtmuseums Hofheim, die ihre Arbeit mit dessen Eröffnung erfolgreich zu Ende brachte. 1987 initiierte sie gemeinsam mit ihrem Mann die Gründung des "Zentrums für altes und neues Wissen und Handeln e.V.“, war als Referentin tätig und organisierte das Zentrum bis 2001 ehrenamtlich. In der Lokalen Agenda 21 und am Stadtleitbild Hofheim wirkte sie mit. Eine hohe Wertschätzung erfuhr das Ehepaar Haindl 2011 durch Hofheims italienische Partnerstadt: Die Stadt Buccino ernannte Erika und Hermann Haindl zu Ehrenbürgern.

Nicht zu vergessen ist auch, dass sich Erika Haindl auf Kreisebene für die Kunst (Förderkreis Kunstsammlung MTK) und den Denkmalschutz (Förderkreis Denkmalpflege MTK, Mitglied Denkmalbeirat der Unteren Denkmalschutzbehörde des MTK) eingesetzt hat. Sie war auch kommunalpolitisch äußerst engagiert. Von 1972 bis 1981 war sie Mitglied der Stadtverordnetenversammlung in Hofheim und dort von 1976 bis 1988 Mitglied der Altstadtkommission.

Auf ihre Initiative wurde das Ziel der Rehabilitierung der Opfer der Hexenverfolgung durch das „Kurfürstliche Amt Höchst-Hofheim“ erreicht. Ein Thema, das die städtischen Gremien bewegte und beschäftigte. 2001 stiftete Erika Haindl – aus Anlass ihres 70. Geburtstages - der Stadt ein Relief zum Gedenken an die Opfer der Hexenverfolgung. Damit begann ihr starker Einsatz, diese unschuldig verurteilten Frauen aus dem Vergessen herauszuholen. Mit der Stiftung begann das Projekt „Heilung braucht Erinnerung“.
Dessen Ziele waren die Aufarbeitung der Hexenverfolgung in Hofheim und die Geschichte der Frauen von der Vergangenheit bis zur Gegenwart in ihrer Vielschichtigkeit zu zeigen. Das Anliegen wurde auf vielerlei Weise in die Öffentlichkeit getragen. Etwa bei dem jährlichen Gedenken an die Opfer vor dem Hexenturm. Oder beim Theaterstück „Hexenwahn in Salem“. Das zeigte 2005, wie schnell Menschenwürde verletzt wird, wenn in einer Massenhysterie Dorfbewohnerinnen als Hexen „verschrien“ und verfolgt werden.

Im März 2010 initiierte Erika Haindl die Arbeitsgruppe „Erinnerung allein genügt nicht“. Ihr Ziel war die Rehabilitierung der als Hexen vom Amt Hofheim im 16. und 17. Jahrhundert zum Tode verurteilten Frauen. Es folgte die entsprechende Anfrage an den Magistrat. Und im November hat die Stadtverordnetenversammlung Hofheim auf Antrag aller Fraktionen eine Resolution gegen Gewalt an Frauen verabschiedet, sich zum Unrecht, das damals innerhalb der Stadtmauern geschah, bekannt und den Opfern der Hexenprozesse ihre Würde zurückgegeben.

Für die Sanierung der Altstadt setzte sich Erika Haindl in den 1970er Jahren besonders ein. Heute sind die Straßen und Gassen mit den liebevoll sanierten Fachwerkhäusern ein Anziehungspunkt für Gäste und ein Schatz, auf den alle Einheimischen stolz sind.

Dr. Erika Haindl wurde am 27. April 1931 in Frankfurt-Höchst geboren.

Sie war seit 1955 mit dem bekannten Hofheimer Künstler Hermann Haindl verheiratet bis dieser 2013 starb. Mit ihm hatte sie zwei Kinder.

1979 erlangte sie das Staatsexamen als Hauswirtschaftsleiterin und über Begabten-Abitur Studium an der Goethe Universität in Frankfurt, wo sie seit 1971 studiert hatte.

Es folgte eine Promotion im Fach Kulturanthropologie / Europäische Ethnologie zum Dr. phil..