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Letzte Aktualisierung: 16.04.2024

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Rote Rose überm Herz und Spott in der Kehle

Bidla Buh mit „Mehr geht nicht“ beim Rheingau Musik Festival

von Ingeborg Fischer und Karl-Heinz Stier

(16.08.2017) Die Erwartungen der Fangemeinde an die drei Hamburger Musik-Comedians „Bidla Buh“ in der Staatsdomäne Rauenthal „im Baiken“ beim Rheingau Musik Festival waren groß und wurden gleich zu Beginn des Programms erfüllt. Mit fetzigem Rock´n Roll, im Outfit der 20er/30er Jahre mit Frack und roter Blume im Knopfloch, brachten sie das Publikum im Zelt sofort zum Jubeln und Applaudieren.

Bildergalerie
Bidla Buh präsentiert ungewohnte musikalische Virtuosität
Foto: RMF/Ansgar Klostermann
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"Schlaf, Kinchen schlaf ein" - Gesänge
Foto: RMF/Ansgar Kostermann
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Einer der verblüffenden musikalischen Variationen: Pappröhren dienten als Ersatz- und Schlaginstrumente
Foto: RMF/Ansgar Kostermann
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Mit rotem Schal (Hans Torge Bollert), Zylinder (Ole Klindwort) und umgekehrter Schiebermütze (Jan-Frederick Behrend – meist am Schlagzeug) bezogen die Drei sofort einen Günther und eine Gisela unter den Zuschauern mit ein in ihr Programm und scheuten sich auch nicht, auf Kosten der Beiden das Publikum zum Johlen zu bringen.  Und wie bei einer Fassenachts-Sitzung mussten sie aufstehen, mittun und sie taten es bereitwillig. Ein etwas anzüglicher Text über einen Schlüpfer tat sein Übriges.

Dann erstes High-Light des Abends im Baiken. Torge pfiff von „Hoch auf dem gelben Wagen“ bis zu „Kleine Nachtmusik von Mozart“ derart atemberaubend gut und spannte einen weiten Bogen durch die Musikwelt, dass Ilse Werner sicher neidisch hätte werden müssen. Chapeau!

Während Ole zunächst mit Angela-Merkel-Raute abwartend dastand, gingen die Comedians dann über zu einer körperlichen Höchstleistung. Blasebälge, die mit dem Po auf und niedergedrückt wurden, brachten sie mit 3 Melodica-Instrumente zum Klingen und die Frackträger ins Schwitzen. Es war außerordentlich erstaunlich, wie ideenreich die drei begeisternden Musiker sind und was sie alles zu Tönen bringen können – mit einer Mischung aus musikalischer Virtuosität und großer Stilvielfalt.

Schlagzeuger Frederick zeigte sich als Meister am Xylophon, sogar mit 4 Anschlagstöcken. Da war Geschwindigkeit keine Hexerei! Als Fußballfans bliesen sie Fanmelodien auf Bierflaschen und auf der Gitarre spielten alle Drei zweihändig! Glöckchen an der Kleidung klingelten und brachten Melodien zustande allein durch Körperbewegungen, bunte Plastikrohre erzeugten Wohltönendes, Miniflügel und Gitarre kamen zum Einsatz, und sogar bunte Party-Plastik-Becher konnten Rhythmus und Tonfolgen zum Mitklatschen hervorbringen.

Reizend der Gesangsvortrag mit Kinderliedern, aber auch da witzig und ein wenig satirisch. Manche Kleinkinder hätten dabei möglicherweise das Fürchten gelernt.

Unter dem Motto „Für eine allein bin ich viel zu schade..“ zeigte  Hans Torge Bollert – übrigens auch ein begabter Sänger - sein großes Können auf Blasinstrumenten: mit einem Parforce-Horn, mit der Klassik-Trompete und einer Liebeserklärung, dem Aida-Triumph-Marsch und Cancan, einer rosa Jazz-Trompete, auf der er die „Rosarote Panther-Melodie“ blies, mit einer Barock-Trompete und Holzhackerjodler, mit einer weißen Sopran-Posaune, die jammerte und schluchzte, einer Rauch speienden Hard-Rock-Trompete, und dann…blies er den Hochzeitsmarsch „Treulich geführt“ auf einem Gartenschlauch.

Jan-Frederick Behrend, meist mit unbeteiligtem todernstem Gesichtsausdruck, legte an seinem Schlagzeug einen wilden Solo hin, er war außer Rand und Band und das Publikum auch!

Zuweilen kam eine „der Rheingau wie er Singt und Lacht-Stimmung“ auf und man sang sogar gemeinsam ein plattdeutsches Lied. Das Zelt kochte

Fazit des Abends: es ist unbestritten festzustellen, dass die drei Hanseaten Musiker auf höchstem Niveau sind, mit kurzweiligen Moderationen amüsierten und verblüffende musikalische Variationen aufspielten. Seit zwanzig Jahren spielen sie nun zusammen, wurden auch schon mit dem Rheingau Musik Preis ausgezeichnet Unsere frühere Skepsis war verflogen. Begeisternde Musiker hatten einen wahrlich unterhaltsamen Abend geboten.