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Letzte Aktualisierung: 19.04.2024

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Ringvorlesung „Judentum und Protestantismus – historische und theologische Perspektiven“

Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie veranstaltet öffentliche Vortragsreihe

von Adolf Albus

(25.04.2017) Im Kontext des Reformationsjubiläums veranstaltet die Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie am Fachbereich Evangelische Theologie an der Goethe-Universität Frankfurt im Sommersemester 2017 eine hochkarätige Ringvorlesung: Sie beschäftigt sich mit den spannungsreichen Beziehungen zwischen Judentum und Protestantismus seit der Zeit Martin Luthers sowie zu theologischen Fragen ihres wechselseitigen Verhältnisses.

Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass die kritische Selbstreflexion als Grundlage des gegenwärtigen Dialogs zwischen Christentum und Judentum unerlässlich ist. Die öffentliche Ringvorlesung  findet jeweils mittwochs von 18 bis 20 Uhr im Hörsaalzentrum der Goethe-Universität Frankfurt (HZ 8) auf dem Campus Westend statt.

Namhafte Referentinnen und Referenten aus Deutschland, Israel und den USA nehmen die Vortragsreihe zum Anlass, die neueste Forschung zu den vielen Facetten der christlich-jüdischen Beziehungen öffentlich zur Diskussion zu stellen. Am Anfang steht die nach wie vorher kontrovers diskutierte Frage, ob Martin Luther mit seinen „Judenschriften“ in die Geschichte des Antisemitismus gehört. Dazu Christian Wiese, Organisator der Reihe und Inhaber der Martin-Buber-Professur: „Das historische Bild des Verhältnisses von Judentum und Protestantismus ist jedoch viel differenzierter, da es in der Reformationszeit selbst und in späteren Jahrhunderten auch alternative protestantische Stimmen zum Judentum gab, etwa im neuzeitlichen Pietismus oder im liberalen Protestantismus des 19. und 20. Jahrhunderts.“ Die amerikanische Historikerin Susannah Heschel, die durch zahlreiche hervorragende Arbeiten zum protestantischen Antisemitismus hervorgetreten ist, wird völkische Theologien des „arischen Jesus“ in der deutschen Theologie der Nazi-Zeit vorstellen, und der Chicagoer Historiker David Nirenberg präsentiert seine Thesen zur Tradition des Antijudaismus und Antisemitismus als einer bestimmenden Kraft der europäischen Geistes- und Kulturgeschichte – um nur zwei Themen zu vertiefen.

Ein besonderer Akzent wird auf der vielfach ausgeblendeten jüdischen Perspektive liegen, d.h. auf jüdischen Wahrnehmungen des Protestantismus, der jüdischen Erfahrung mit der Reformation und ihren theologischen, kulturellen und politischen Folgen, der jüdischen Rezeption protestantischen Denkens seit der Aufklärung sowie der kritischen Auseinandersetzung jüdischer Gelehrter mit den Erscheinungsformen von Antijudaismus und Antisemitismus im protestantischen Kontext. So wird der israelische Historiker Shmuel Feiner den jüdischen Aufklärer Moses Mendelssohn porträtieren, den eine intellektuelle Freundschaft mit Gotthold Ephraim Lessing verband, der aber auch darunter litt, dass er von protestantischen Zeitgenossen öffentlich zur Konversion aufgefordert wurde.

Die Ringvorlesung steht im Kontext des von Prof. Dr. Christian Wiese geleiteten LOEWE-Forschungsschwerpunkts „Religiöse Positionierung: Modalitäten und Konstellationen in jüdischen, christlichen und islamischen Kontexten“, der nach der Pluralismusfähigkeit der drei monotheistischen Religionen fragt. Mitorganisatoren der Vortragsreihe sind das interdisziplinäre Frankfurter Graduiertenkolleg „Theologie als Wissenschaft“, der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, das Zentrum Ökumene der Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und der Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) und die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Wetterau e.V.