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Letzte Aktualisierung: 18.04.2024

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MUSIKFEST Fremd bin ich ... Weltmusik im Mozartsaal der Alten Oper am 29. September

von Ilse Romahn

(26.09.2017) Andere Epochen, andere Genres, andere Kulturen – ähnliches Thema: Wenn das diesjährige Musikfest der Alten Oper Frankfurt sich mit den Botschaften aus Franz Schuberts „Winterreise“ auseinandersetzt, dann stets auch aus unerwarteten Perspektiven heraus.

Hannes Seidl
Foto: Normen Thörel
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Eine Produktion von Hannes Seidl in Koproduktion mit der Alten Oper Frankfurt, dem Konzerthaus Berlin und der Philharmonie Luxembourg. Gefördert vom Musikfonds e.V., In Kooperation mit dem Künstlerhaus Mousonturm Frankfurt am Main

Gleich auf dreifache Weise geschieht das am Freitag, 29. September 2017, im Mozart Saal der Alten Oper. Denn das Motto „Fremd bin ich ...“, das sich an der ersten Zeile der „Winterreise“ entzündet, steht über allen drei Konzerten dieses langen Musikfest-Abends – die den Blick auf andere Klangwelten und -kulturen richten.

Musik aus Afrika steht im Zentrum des ersten Konzerts am 29. September um 20.00 Uhr, das sich nur augenscheinlich vom Ausgangswerk des Musikfests weit entfernt. Denn was die Lieder Schuberts mit der vorgestellten Musik aus Mali verbindet, ist ihre gesellschaftliche Relevanz: Welche Rolle nimmt der Musiker in seiner Umgebung ein, was trägt er weiter, was prangert er an? Die Koraspieler Sidiki und sein Bruder Balla Diabaté (der für seinen erkrankten Vater Toumani einspringt) führen in diesem Konzert, das zugleich die Reihe „Weltmusik im Mozart Saal“ der Saison 2017/18 eröffnet, das Publikum in eine Klangwelt, deren Wurzeln 700 Jahre zurückreichen. Bereits in der 72. Generation tragen Sidiki und Balla Diabaté das Griot-Erbe weiter, eine Tradition in Mali, nach der die Männer die Instrumente spielen und die Frauen Sängerinnen sind. Griot lautet die französische Bezeichnung für Musikerkasten in Westafrika, deren Rolle vergleichbar ist mit denen von Troubadouren in Europa. Griots standen seit dem Frühmittelalter im Dienst wohlhabender Persönlichkeiten als Hüter von Wissen und Geschichte, als Berater und Diplomaten.

Als eine Art Live-Hörspiel mit Musik und Texten begreift der in Frankfurt lebende Komponist Hannes Seidl sein neues Projekt „Salims Salon“, das im zweiten Konzert des Abends um 21.30 Uhr im Mozart Saal seine Uraufführung erlebt. In diesem Salon treffen vier Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft aufeinander, die sich mit experimenteller elektronischer Musik fernab traditioneller Folklore auseinandersetzen. Außenseiterschaft erfahren sie durch genau jene künstlerische Positionierung, die sich der kulturellen Zuschreibung und Erwartungshaltung entziehen will und stattdessen durch einen individuellen, selbstbewussten, gegenwärtigen Ansatz geprägt ist.

Hannes Seidl hat mit diesen vier Musikerpersönlichkeiten aus Ägypten, Kamerun, London und der Demokratischen Republik Kongo einen Abend konzipiert, der Raum lässt zum Musizieren in Duos, Trios oder solistisch – für das Publikum, vor allem aber füreinander. Mit Musik, aber auch in Interviewausschnitten und vorgelesenen Texten wird dabei die Frage nach dem Anderssein, dem Fremden verknüpft mit einem nicht nur musikalische Abläufe bestimmenden Thema: der getakteten Zeit. Denn die Geschichte des Chronometers ist einerseits die Geschichte großer Errungenschaften der Moderne, der Möglichkeiten des Austauschs und der Kommunikation, andererseits aber auch die Geschichte der Kolonialisierung und der Unterdrückung indigener Kulturen. So reflektiert der Abend in Texten und Musik das Verhältnis von getakteter Zeit und freier, erlebter Zeit, von Komposition und Improvisation und schließlich den Umstand, dass Zeit nicht einfach existiert, sondern ein soziales Konstrukt ist. Darüber hinaus erzählt „Salims Salon“ aber auch von vier außergewöhnlichen Musikerpersönlichkeiten: Cedrik Fermont (geboren in Zaire, studierte elektroakustische Musik in Belgien und lebt jetzt in Berlin), Jacqueline George (Soundkünstlerin aus Kairo), AMET (Autorin, Performerin und Musikerin, geboren in Kamerun und in Berlin aufgewachsen) und Seth Ayyaz (in London lebend, mit elektronischer ebenso wie mit traditioneller arabischer Musik vertraut) geben Einblick in ihre künstlerische Arbeit und ihre Erfahrungen des Fremden, des Anderen ihrer Musik.

Eine Utopie steht im Zentrum des dritten Konzerts am Abend (22.45 Uhr): Als Karlheinz Stockhausen in den 1960er Jahren sein Werk „Hymnen“ realisierte, nahm er sich bewusst Musik als Grundlage, die jeder kennt und die jedem vertraut ist: Rund 40 Nationalhymnen werden zu Klangobjekten in diesem tönenden Ganzen. Stockhausens Hoffnung: „Die Komposition von so vielen Nationalhymnen zu einer gemeinsamen musikalischen Zeit- und Raumpolyphonie könnte die Einheit der Völker und Nationen in einer harmonischen Menschenfamilie als musikalische Vision erlebbar machen.

Konzerte 1, 2 und 3: Ermöglicht durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain im Rahmen des Schwerpunktthemas „Transit“

Konzert 1 / Friedensstifter mit der Kora: € 22,- / 29,- (Endpreise)
Konzert 2 / Salims Salon: € 19,- (Endpreis)
Kombiticket für den gesamten Abend: € 32,80 / 38,40
Eintritt zum Vortrag und zu „Stockhausen – Hymnen“ frei

Tickethotline: (069)1340400 ▪ www.alteoper.de