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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Leder in allen Lebenslagen

100 Jahre Deutsches Ledermuseum in Offenbach

von Karl-Heinz Stier

(18.09.2017) Ob Leder in der Liebe, Leder in der Kindheit, in Trachten und Tradition oder in den Weltreligionen – das Deutsche Ledermuseum in Offenbach zeigt zu seinem 100. Geburtstag in einer weiteren Jubiläumsausstellung die große Bandbreite und Vielfalt des Materials Leder.

Bildergalerie
Erster und jüngster Ankauf: Tiroler Truhe aus dem 16. Jahrhundert und Nashornspielzeug aus der DDR von 1970
Foto: Karl-Heinz Stier
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Eberleder-Elefant - das Spielzeug von König Ludwig XV. von Frankreich
Foto: Karl-Heinz Stier
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Frauenkleider aus Leder von nordamerikanischen Siedlern um 1875
Foto: Karl-Heinz Stier
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Im Gegensatz zur ersten im März dieses Jahres unter dem Titel „Vielfalt des Leders“, in dem es um den faszinierenden Werkstoff Leder ging, stehen diesmal nach Angaben von Museumsleiterin Dr. Ines Florschütz herausragende Exponate der Offenbacher Sammlungen im Mittelpunkt. Deshalb heißt jetzt der Titel auch „Leder.Welt.Geschichte“.

Wer einen Rundgang durch die  Ausstellung unternimmt, entdeckt gleich zu Beginn im ersten Raum zwei gegensätzliche Objektpaare, die den Bogen über die 100jährige Sammlungsgeschichte des Deutschen Ledermuseums spannen. Es wird der erste  Ankauf des Museumsgründers Hugo Eberhard im Jahre 1912 gezeigt: eine Tiroler Truhe aus dem 16. Jahrhundert und die letzte Erwerbung ein Nashorn als Rupfenspielzeug aus der ehemaligen DDR von 1970, das auf der Truhe steht. Auch das älteste Exponat der Sammlung, ein ägyptisches Rohhautgefäß, datiert etwa 4000 Jahr v. Chr., wird zusammen mit einem der neuesten Ankäufe, einem edlen mit Leder überzogenen Kopfhöher präsentiert.

Insgesamt sind 130 Objekte als exemplarischer Querschnitt in vier Themengruppen zu sehen. In der ersten spielt die Lederstadt Offenbach eine Rolle. Dazu gehören die Offenbacher Herzchen, ein Etui für drei Flakons von 1870, ein beliebter Export- und Souvenirartikel, den auch Otto von Bismarck, der erste Reichskanzler, für seine Frau bestellte, oder eine rote Unterarmtasche von Rieth und Kopp um 1936 aus Ecraseeleder, deren raffinierter Magnetverschluss ins Auge fällt oder die korbähnliche Bügeltasche 1955 von Goldpfeil mit auffälligem, rundem Schnappverschluss. Aus dem ursprünglich handwerklich geprägten Luxusgewerbe entwickelte sich im 19. und Beginn des 20.Jahrunderts in Offenbach eine Leder- und Lederwarenindustrie, die ihren Höhepunkt in den 1920er Jahren erlebte.

Die zweite Themengruppe mit Leder leben befasst sich mit der Bedeutung des Leders  als Begleiter durchs Leben und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten, zum Beispiel ein mit Eberleder überzogener Spielzeugelefant, 61 cm hoch und 84 cm breit, mit dem der französische König Ludwig XV. (1710 – 1715) als Kind spielte, Goethes Zylinderhutschachtel aus Kalbsleder, die er bis zu seinem Lebensende in Gebrauch hatte oder die Hausschuhe von Ulrike von Levetzow, die von einer unerfüllten Liebe des damals 72jährigen Dichters und Schriftstellers an die 17jährige berichteten.

Leder wurde überall in der Welt und seit Urzeiten verwendet, um Macht zu demonstrieren, Kriege zu führen, bestehende Ordnungen zu verteidigen oder in Frage zu stellen. Dieses Thema ist unter der dritten Themengruppe Leder machen Geschichte zu finden. Ein Bespiel ist die japanische Samurai-Rüstung, die zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert in Japan zum Einsatz kamen und die Widerstandsfähigkeit und Schutzfunktion des Leders in Brustschutz, Schutzplatten und mehrgliedrigen Waffenrock belegten.

In der vierten und letzten Themengruppe Leder öffnet Welten soll verdeutlicht werden, wie künstlerische Stillrichtungen, Kleidungen und Masken mit Lederarbeiten auf ihre Entstehungszeit und –kultur verweisen. Beispiele sind ein Siedlerfrauenkleid aus Nordamerika (1875- 1880) und ein Festkleid der Lakota, ebenfalls Nordamerika um 1870.

Museumsdirektorin Dr. Ines Florschütz, die seit 2014 im Amt ist, hat mit den beiden Ausstellungen, der jetzigen und der im Frühjahr, das Museum inhaltlich neu ausgerichtet. „Wir wollen die verschiedenen Sammlungsbereiche immer wieder neu kombinieren und interpretieren, um anhand der Kulturgeschichte des Leders die Menschheitsgeschichte global zu veranschaulichen“, so ihr Credo.

Leder.Welt.Geschichte ist bis 25. Februar geöffnet, jeweils Di-So von 10 bis 17 Uhr, jeden zweiten Do im Monat bis 20 Uhr. Mehr Infos – auch zu Workshops und Führungen unter www.ledermueseum.de