Das Online-Gesellschaftsmagazin aus Frankfurt am Main

Letzte Aktualisierung: 23.04.2024

Werbung
Werbung

Kindeswohl: 12 500 Gefährdungseinschätzungen in Hessen 2018

von Helmut Poppe

(02.08.2019) Ein Drittel der Fälle mit akuter oder latenter Kindeswohlgefährdung Die Hälfte der betroffenen Kinder waren unter 7 Jahre alt Vernachlässigung des Kindes ist die häufigste Gefährdungsart Anzeichen sexueller Gewalt bei jeder zwanzigsten Feststellung

Kindeswohlgefährdung Hessen 2018 StatistikHessen
Foto: HSL
***

In Hessen wurden im Jahr 2018 knapp 12 500 Gefährdungseinschätzungen nach § 8a des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe) durchgeführt. Wie das Hessische Statistische Landesamt mitteilt, waren dies 16 Prozent mehr als im Jahr 2017. Mädchen waren geringfügig häufiger von Gefährdungseinschätzungen betroffen als Jungen.

Als Ergebnis der durchgeführten Gefährdungseinschätzungen wurde bei 19 Prozent (2373 Fälle) eine akute und bei 14 Prozent (1724 Fälle) eine latente Kindeswohlgefährdung festgestellt. In 67 Prozent der Fälle lag keine Kindeswohlgefährdung vor. Bei gut der Hälfte der Fälle ohne Kindeswohlgefährdung bestand ein Hilfebedarf. Die Hälfte aller Gefährdungseinschätzungen betraf Kinder unter 7 Jahren.

Von den 4097 Fällen, in denen eine akute oder latente Kindeswohlgefährdung festgestellt wurde, war mit 52 Prozent (2140 Fälle) die Vernachlässigung die am häufigsten genannte Gefährdungsart, gefolgt von psychischen Misshandlungen mit 40 Prozent (1626) und den körperlichen Misshandlungen mit 27 Prozent (1091). Anzeichen sexueller Gewalt wurden in 5 Prozent der Fälle (200) festgestellt. Mehrfachnennungen waren möglich. Bei den akuten Kindeswohlgefährdungen spielten körperliche Misshandlungen mit 31 Prozent eine größere Rolle als bei latenten Gefährdungen (20 Prozent). Hingegen spielten die psychischen Misshandlungen bei den latenten Gefährdungseinschätzungen mit 43 Prozent eine größere Rolle als bei den akuten Gefährdungseinschätzungen (37 Prozent).

Als Folge der akuten Kindeswohlgefährdung wurden junge Menschen in 39 Prozent der 2373 Fälle im Jahr 2018 in Obhut, d. h. aus der Familie, genommen. In knapp 16 Prozent wurde die bisherige Leistung fortgeführt, in 15 Prozent eine ambulante bzw. teilstationäre Hilfe zur Erziehung eingeleitet. In 6 Prozent erfolgte eine familienersetzende Hilfe zur Erziehung; hierzu zählen beispielsweise die Heimerziehung oder die Unterbringung in einer Pflegefamilie in Vollzeit. Weitere Hilfsmaßnahmen, wie z. B. die Erziehungsberatungen und Maßnahmen der Kinder- und Jugendpsychiatrie, erreichten einen Anteil von 32 Prozent. In 6 Prozent wurde keine Hilfe neu eingeleitet. Mehrfachnennungen waren möglich.

Die Konstellation der Familienverhältnisse spielte für die Gefährdungseinschätzungen eine große Rolle. In der Hälfte der Fälle lebte der junge Mensch bei einem alleinerziehenden Elternteil oder bei einem Elternteil mit neuer Partnerin oder neuem Partner.

Häufig erfolgte die Initiative zur Gefährdungseinschätzung durch die Polizei, das Gericht oder die Staatsanwaltschaft (24 Prozent) oder die Bekannte/Nachbarschaft (10 Prozent). Auch die Initiative von Ärztinnen und Ärzten und anonyme Anzeigen (9 bzw. 8 Prozent) sowie Anzeigen durch die Schule (11 Prozent) führten zu Gefährdungseinschätzungen. Eltern bzw. Personensorgeberechtigte wurden in knapp 8 Prozent tätig. In gut 6 Prozent der Fälle wurde der soziale Dienst/Jugendamt tätig. Andere Institutionen oder Personen, auf deren Initiative die Gefährdungseinschätzung erfolgte, spielten mit jeweils unter 6 Prozent eine untergeordnete Rolle. (HSL)