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Letzte Aktualisierung: 18.04.2024

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Japanische Cloisonnés - Schätze

Ausstellung im Museum Angewandte Kunst in Frankfurt

von Karl-Heinz Stier

(22.05.2019) Eine Wunderkammer des japanischen Cloisonnés präsentiert bis zum 22. September das Museum Angewandte Kunst im Schaumainkai 17 in Frankfurt. Der Begriff Cloisonné ist eine poetische Namensfindung, hervorgegangen aus dem Buddhismus. Es bedeutet 7 Schätze und steht für die „Vervollkommnung des großen Charakters“ (so der Kurator Dr. Stephan von der Schulenburg) und meint in diesem Genre kunstvoll verzierte Vasen, Teller und Schalen.

Bildergalerie
Kurator Dr. Stephan von der Schulenburg erläutere beim Rundgang die über 300 Cloisonné-Kunstwerke
Foto: Karl-Heinz Stier
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Namikawas sieben Vasen
Foto: Karl-Heinz Stier
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Teller für die Aufbewahrung von Visitenkarten
Foto: Karl-Heinz Stier
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Die Yokohama Vierkantvase, einer der letzten herausragenden Stücke der späten Taishö-Zeit
Foto: Karl-Heinz Stier
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Das Museum erhielt im Jahr 2016 eine anonyme Schenkung von rund vierhundert hochwertigen japanischen Cloisonné-Arbeiten. Nachdem noch im gleichen Jahr erste handverlesene Stücke gezeigt wurden, widmete sich die neue Ausstellung, die heute Abend eröffnet wird, nun erstmals der ganzen Sammlung in ihrer Vielfalt. Durch die Übereignung der letzten Sammlung verfügt das Museum Angewandte Kunst nun über eine der bedeutendsten europäischen Museumssammlungen zum Thema japanisches Cloisonné, wie sie sich in vergleichbarer Qualität nur im Victoria & Albert Museum in London wiederfindet.

Die Kunstwerke, die von meterhohen Vasen bis zu wenige Zentimeter kleinen Accessoires reichen, erreichte in der frühen Ming-Zeit (1368 – 1644) China. Zuvor wurde sie aus dem östlichen Mittelmeer-Raum hierher gebracht. Man nannte sie damals „eine Ware aus dem Teufelsland“. Doch sie erfreute sich in China rasch großer Beliebtheit und wurde zu einem lebendigen Teilbereich des chinesischen Kunsthandwerkes. Doch diese Arbeiten blieben hier weitgehend erfolglos. Anders dagegen in Japan. Dass hier Cloisonné in der Meiji-Zeit zu einem erfolgreichsten Zweig der Handwerkskunst werden konnte, waren gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen im Zuge der Öffnung und Modernisierung des Landes. Das für den westlichen Geschmack entworfenes Cloisonné war ein höchst erfolgreicher Exportartikel, nicht zuletzt zur Finanzierung der immensen Kosten für die Modernisierung und Industrialisierung des Landes.

Der Japonismus als Modephänomen war geboren. So haben Miniaturgefäße um 1895 niemals mehr eine solche technische Meisterkunst erreicht. Kleine Deckelvasen, an denen man monatelang gearbeitet hatte, bestimmten den internationalen Markt. Alles war Handarbeit, die Ware wurde mehrfach gebrannt. Herausragender Künstler war in diesem Zusammenhang Namikawa Yasuyuki (1845 – 1927) mit seinen sieben Vasen.

 Auffallend sind auch in der Ausstellung viele Wandteller. Sie wurden aber als Behälter für die Visitenkarten bei Feiern als Tischdekoration in Japan benutzt. Sie sind zwar nicht qualitativ hoch angesiedelt, bestechen aber durch ihre feingearbeiteten Ornamente. Eines der letzten herausragenden Kunstwerke stammt aus der Taiskö-Zeit (1910 – 1930), die Yokohama Vierkantvase aus dem Vertrieb Kuhn & Komor, außergewöhnlich in  Formfindung und Dekor.

Wie überhaupt die Dekortechnik, bei der farbiges Glas zwischen feinen Kupferstegen auf eine Oberfläche aufgeschmolzen wird, gezielt für den gehobenen internationalen Markt geschaffen wurden. In einer Verbindung aus östlicher und westlicher Ästhetik entstand ein neuer dekorativer Stil. Noch heute beeindrucken die zarten Farbverläufe, die fein gearbeiteten Motive und malerischen Oberflächeneffekte. „Als sich Mitte des 19. Jahrhunderts Japan der Welt öffnete, blickte der Westen staunend auf ein Land voller Naturschönheiten, aber auch auf eine Hochkultur und ihre raffinierten Artefakte“, betonte Kurator Dr. von der Schulenburg. Er erinnerte daran, dass der Zeitraum der meisten Stücke mit jener Zeit zusammenfalle, in der Grundlage für das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt gelegt wurde. „Der Japonismus war damals eine Modeerscheinung, die viele Bereiche des Museums nachhaltig prägte“.