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Letzte Aktualisierung: 24.04.2024

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Ist Frankfurt erste Adresse für Brexit-Banken?

Helaba-Finanzplatzstudie geht davon aus

von Karl-Heinz Stier

(25.09.2018) Die Brexit-Verhandlungen gehen in die heiße Phase. Ob eine Einigung zwischen Großbritannien und der EU gelingt und wie diese aussieht, ist nicht vorherzusagen. Das nimmt die Helaba als in Frankfurt beheimateter Universalbank mit starkem regionalen Einfluss und seit langem Beobachter des deutschen Finanzzentrums zum Anlass, um festzustellen, welche Chancen Frankfurt bei der Verlagerung der Geschäftsaktivitäten von London nach anderen Standorten hat.

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Dr. Traud erläutert Finanzplatzstudie
Foto: Karl-Heinz Stier
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Brexit-Banken verdoppeln nahezu ihre Mitarbeiter bis Ende 2020
Foto: Karl-Heinz Stier
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„Nach und nach werden die Koffer bei Brexit-Banken gepackt und viele davon gehen in Richtung Rhein-Main. So haben bisher 25 Brexit-Banken den Finanzplatz Frankfurt auserkoren, darunter viele namhafte Institute. Erst mit Abstand folgen Paris und dahinter Luxemburg. Das ist das Ergebnis unserer aktuellen Brexit Map“, erläuterte Dr. Gertrud Traud, Chefvolkswirtin und Leiterin des Bereiches Volkswirtschaft/Research, bei der Vorstellung der Studie in Frankfurt.

Die Helaba hatte von Anfang an dem deutschen Bankenzentrum gute Chancen eingeräumt, „primärer Profiteur des Brexit bedingten Umstrukturierungsprozesses“  zu werden. Dies hat sich nach neueren Untersuchungen zusehends bewahrheitet. „Einige große Konzerne haben die Main-Metropole als ihnen in Zukunft wichtigsten EU-Hub benannt und damit eine strategische Grundsatzentscheidung pro Frankfurt getroffen. Dies wird sich auch in der Entwicklung der Mitarbeiterzahlen niederschlagen. Die meisten haben bereits eine Zweigstelle in Frankfurt oder sind über Tochtergesellschaften vor Ort präsent“, betonte Helaba-Finanzexpertin Ulrike Bischoff.

Zusammen hatten die Frankfurter Brexit-Banken ausländischer Herkunft Ende 2017 hier schätzungsweise rund 2 500 Mitarbeiter. Im Rahmen ihrer Brexit-bedingten Anpassungen wird sie diesen Bestand nach Meinung der Helaba bis Ende 2020 nahezu verdoppeln.  Dr. Traud hält an ihrer positiven Brexit-Prognose für Frankfurt fest. „Im Laufe der nächsten Jahre werden mindestens 8 000  Finanzjobs in Frankfurt geschaffen. Bis Ende 2020 sollte sich dieser Effekt deutlich in der hiesigen Beschäftigung bemerkbar machen und die konsolidierungsbedingten Stellenstreichungen im deutschen Bankenwesen überkompensieren“. Insgesamt lasse  dies dann  einen Stand von rund 65 000 Bankbeschäftigten in der Main-Metropole erwarten - ein Zuwachs von drei Prozent bzw. fast 1 800 Bankern.

Das Ranking der großen europäischen Finanzzentren gelte grundsätzlich weiterhin: London vor Frankfurt vor Paris. Dabei konnte – so die Studie der Helaba - Frankfurt seine Wettbewerbsposition stärker verbessern als Paris. Mit Blick auf die zuweilen sehr offensive Vermarktung anderer Standorte sei ein selbstbewusstes, konzentriertes Auftreten des deutschen Finanzzentrums wichtig. Dazu trage auch die hessische Landesregierung mit vielen Aktivitäten bei. Darüber hinaus gäbe es ein Netzwerk der verschiedenen Akteure in der Region. Auch seitens der Bundesregierung erfährt Frankfurt zunehmend verbale Rückendeckung, berichtet Dr. Traud. Vorteilhaft für den Finanzplatz Frankfurt wirke sich die gute Lebensqualität, die angemessenen Büromieten, der Standort als Verkehrsdrehscheibe, die Börse und nicht zuletzt die EZB in Doppelfunktion aus. „Wollen wir hoffen, dass der Nachfolger von Dragi in die gleiche Kerbe schlägt“.  Mit großer Sicherheit geht die Finanzplatzstudie der Helaba in ihrer Schlussfolgerung davon aus, dass Frankfurt Paris abhängt.