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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Intensive Debatte zur Lage und Zukunft der Lyrik

Veranstalter von Fokus Lyrik ziehen positive Bilanz

von Ilse Romahn

(11.03.2019) Vom 7. bis 10. März fand in Frankfurt am Main der große Festivalkongress Fokus Lyrik statt, der in diesem Jahr die „Frankfurter Lyriktage“ ersetzte, um Lage und Zukunft der Lyrik mit einer Vielzahl von Akteuren zu diskutierten.

Neues vom Lyrikbergriff. Podium Michael Fehr_Daniela Seel_Maximilian Mengeringhaus_Donna Stonecipher_Swantje Lichtenstein in der Evangelischen Akademie
Foto: Stadt Frankfurt / Alexander Paul Englert
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 An dem vom Kulturamt Frankfurt und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung veranstalteten Festivalkongress nahmen rund 125 Akteurinnen und Akteure der Lyrikszene und eine Vielzahl an Besuchern teil. Gefördert wurde Fokus Lyrik durch die Kulturstiftung des Bundes.

Der internationale Festivalkongress setzte sich aus einem diskursiven und einem performativen Teil zusammen. Für die Podien zu zentralen Themen des poetischen Diskurses sowie des Lyrikbetriebs zeichnete sich der Lyriker und Veranstalter Tristan Marquardt verantwortlich. Das künstlerische Rahmenprogramm mit internationalen Lyrikerinnen und Lyrikern kuratierte die Dichterin, Essayisten und Vizepräsidentin der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Monika Rinck.

Kulturdezernentin Ina Hartwig, bilanziert: „Auch vor dem Hintergrund der einzigartigen Förderlandschaft für Literatur in Deutschland - allein die Zahl an Literaturpreisen und Stipendien ist beeindruckend - hat der Festivalkongress Fokus Lyrik deutlich gezeigt, dass die Lyrik noch nicht genügend im öffentlichen Bewusstsein verankert ist. Gerade in Zeiten sprachlicher Verrohung ist es wichtig, das Instrument der Lyrik als verdichteter, konzentrierter Sprachform zu fördern. Das Potenzial beispielsweise in der kulturellen Bildung, aber auch im universitären Curriculum sollte weiter ausgeschöpft werden. Hierzu hat der Festivalkongress Mut gemacht.“

Die Leiterin des Festivalkongresses, Sonja Vandenrath, unterstreicht: „Fokus Lyrik hat eindrücklich gezeigt, dass es ein großes öffentliches Interesse an der Gegenwartslyrik gibt. Doch sie steht an einem Wendepunkt, an dem sich entscheidet, ob sie weiterhin eine Nischensparte bleibt oder ob sie in zentralen gesellschaftlichen Bereichen wie Schulen und Universitäten dauerhaft verankert werden kann. Die Dynamik der Diskussionen und das überwältigende Publikumsinteresse an alle Veranstaltungen ist ein positives Signal für die Zukunft, das von Frankfurt ausgeht.“

Friederike Tappe-Hornbostel, Leiterin der Kommunikation der Kulturstiftung des Bundes: „Die Lyrik braucht eine stärkere Stimme in Kulturpolitik und Gesellschaft: Fokus Lyrik war eine ideale Plattform, um die verschiedenen Interessen und Bedürfnisse der Szene zu artikulieren. Es geht für uns als Förderer darum, mit dem Festivalkongress einen Prozess zur Verbesserung der Rahmenbedingungen in der Produktion, Verbreitung und Rezeption von Lyrik zu unterstützen. Das ist umso wichtiger als die zeitgenössische Lyrik eine der kreativsten und innovativsten künstlerischen Sparten ist.“

Bernd Busch, Generalsekretär der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, ergänzt: „Es war eine intensive Zeit und ich bin dankbar für das reiche Programm, das Monika Rinck und Tristan Marquardt zusammengestellt haben. Was bleibt, sind viel eindrückliche Momente und die gewonnenen Einsichten, was nun weiter zu tun ist. Das ist gut so.“

An den Abenden und als Matinee am Sonntag fanden im Rahmen von Fokus Lyrik außergewöhnliche Lyrik-Performances sowie die Premierenlesung der europäischen Lyrikanthologie „Grand Tour“ statt. Der Freitag und der Samstag waren Podien zur Lage und Zukunft der Gegenwartslyrik gewidmet, auf denen zum Teil heftig debattiert wurde. Die Diskussionsrunden debattierten über gesellschaftspolitische Fragen rund um die Lyrik, aber auch die Situation der Förderung, der Kritik, der Übersetzungen und der Vermittlung. Eine ganztägige Vorlesungsreihe widmete sich der Geschichte der deutschsprachigen Dichtung vom Althochdeutschen bis zur Gegenwart.

Während Fokus Lyrik fanden auch nicht-öffentliche Roundtables mit eingeladenen Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Bereichen wie etwa Buchhandel, Lyrikkritik und Übersetzung statt. Hier wurden auf der Grundlage von Fragebögen zentrale Thesen und Anliegen formuliert. Deren Ergebnisse sind in einem Positionspapier zusammenfasst, das Forderungen für die Zukunft der Lyrik enthält.
In einer öffentlichen Jurysitzung wurde über die Vergabe eines Lyrikpreises diskutiert. Der „Frankfurter Lyrik-Preis“ geht an Sebastian Unger für seinen Band „Die Tiere wissen noch nicht Bescheid“ (Matthes & Seitz, 2018). „Seine Gedichte schaffen Welten, in denen die Grenzen zwischen Organischem und Anorganischem, zwischen Körper und Sprache neu figuriert werden. Die poetische Plausibilität, mit der das geschieht, hat die Jury beeindruckt“, begründete die Jury ihre Entscheidung. (ffm)