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Letzte Aktualisierung: 17.04.2024

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In die Ukraine zum Operieren: Klaus Exner fährt zu seinem zehnten Interplast-Einsatz nach Osteuropa

von Karin Willen

(16.11.2018) Bald 40 Jahre operieren Chirurgen der Ärztehilfsorganisation Interplast Germany unentgeltlich in Entwicklungsländern. Der Plastische Chirurg Klaus Exner ist seit der ersten Stunde dabei. Jetzt fährt er zu seinem zehnten Einsatz in die Ukraine.

Herzensangelegenheit Entwicklungshilfe: Der Plastische Chirurg Dr. Klaus Exner von Interplast Germany operiert unentgeltlich in der Ukraine
Foto: privat
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Die Koffer sind gepackt, am Sonntag, dem 18. November, geht es wieder los. Diesmal ist der Operationseinsatz ein kleines Jubiläum: Dr. Klaus Exner und Team fahren das zehnte Mal nach Lwiw in der Ukraine, zu Deutsch Lemberg. Etliche ihrer ukrainischen Patienten haben sich mit ihren Familien dann schon einen bis zwei Tage vor ihnen auf den Weg gemacht, um ab Montag operiert zu werden.

„Die Patienten sind manchmal bis zu drei Tage unterwegs, um rechtzeitig in Lemberg in der Westukraine zu sein, erklärt der Plastische Chirurg. Er operiert mit seinem kleinen, aber sehr engagierten Team ukrainischer Kollegen und Krankenschwestern unentgeltlich im städtischen Krankenhaus Nummer 8. „Die Patienten könnten sich die Operation sonst nicht leisten.“ Operiert werden vor allem angeborene Lidprobleme bei Kindern, die später zu Haltungsschäden führen können, aber auch Verbrennungen und Unfallfolgen. Die Zusammenarbeit mit den ukrainischen Ärzten funktioniert Exner zufolge reibungslos. Und da das Krankenhaus einigermaßen gut ausgestattet ist, braucht er auch nur feines Nahtmaterial, ein paar besondere Instrumente und gesponserte Medikamente einzupacken.

Routine seit 1980

Der fünftägige Aufenthalt ist für Exner inzwischen schon ein wenig Routine, weil er die Abläufe und Gegebenheiten, die Kollegen vor Ort und viele der zahlreichen Helfer schon kennt. Zudem verfügt er über langjährige Erfahrung in der Entwicklungshilfe. Als sein damaliger Chef und Vorgänger als Chefarzt der Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Wiederherstellungs- und Handchirurgie im Markuskrankenhaus, Prof. Dr. Gottfried Lemperle, 1980 die deutsche Abteilung der internationalen Ärztehilfsorganisation Interplast gegründet hatte, konnte er bereits auf Exners Erfahrungen als Stipendiat in der Entwicklungshilfe in Bolivien zurückgreifen. Seit der Gründung von Interplast Germany sind chirurgische Einsätze in Afrika, Asien und Südamerika immer ein Teil von Exners Urlaub. Dieses Engagement hat er auch nicht aufgegeben, als er sich 2013 nach der Klinikleitung als Arzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie in Frankfurt und Oberursel niedergelassen hat.

Operieren und Standards setzen

Zum Feiern bleibt bei diesem zehnten Ukraine-Einsatz keine Zeit. Operiert wird auch jetzt von morgens bis abends, Dolmetscher helfen bei den Gesprächen mit den Patienten. Neben der unmittelbaren chirurgischen Hilfe geht es bei Interplast aber auch um Know-how-Transfer. „Kürzlich haben wir die ukrainischen Kollegen beispielsweise durch Hospitationen in München mit neuen Operationsmethoden bekannt gemacht“, sagt er. In Myanmar (Burma) konnte Interplast Germany schon Standards setzen; die ärztliche Versorgung sei dort mittlerweile besser. „Die wissen heute, dass es bei Lippen-Kiefer- und Gaumenspalte nicht reicht, ein ästhetisch befriedigendes Ergebnis zu erzielen, sondern dass, es auch auf funktionelle Verbesserungen ankommt.“ Deshalb arbeiten die Chirurgen dort jetzt auch mit Zahnärzten und Hals-, Nasen-, Ohren-Ärzten zusammen.

Mehr als 43 Einsätze in aller Welt

Die Ärztehilfsorganisation Interplast bietet ihre Hilfe an, bedarf aber der Einladung und der Unterstützung durch ein Krankenhaus und zumindest der offiziellen Duldung der jeweiligen Regierung. Mehr als 43 Einsätze in aller Welt zählt Exner heute, darunter allein 14 in Myanmar. So unterschiedlich wie die Länder und Kontinente, seien auch die jeweiligen Anforderungen. Ghana habe sich in den letzten 20 Jahren gut selbst entwickelt. Das kann Exner aber nicht von jedem Land sagen, in dem er das Leben von Patienten ein Stück erleichtern konnte.

Zudem kann das Interplast-Team vor Ort nicht einschätzen, ob die Patienten die Eingriffe wirklich nicht bezahlen können. „Ich hätte nichts dagegen, wenn Sozialarbeiter in den Ländern feststellen könnten, ob und wer zumindest für einen Teil der Krankenhauskosten selbst aufkommen könnte. Dann könnten wir noch mehr Patienten helfen.“ In den meisten Entwicklungsländern fehlt es an sozialen Systemen wie Krankenkassen.

Pro Interplast hilft mit

Exner und sein Team werden durch den Förderverein Pro Interplast in Seligenstadt unterstützt. Der Verein, den eine Patientin des Markuskrankenhauses 1989 gegründet hat, finanziert seit seiner Gründung jährlich um die 25 Auslandseinsätze von Ärzteteams. Die Arbeit wird über Spenden sowie Zuweisungen von Bußgeldern durch Gerichte und Staatsanwaltschaften ermöglicht. Da die Mitgliedsbeiträge (jedes Mitglied zahlt einen Mindestjahresbeitrag von 36 Euro) bereits deutlich über den Verwaltungskosten liegen (das sind etwa zwei bis drei Prozent der Kosten) fließen die Spenden und Zuweisungen zu hundert Prozent der humanitären Hilfe zu.

Karin Willen

Über Interplast Germany e.V.

In manchen Ländern werden Menschen mit angeborenen Fehlbildungen oder Erkrankungen ausgegrenzt und sozial nicht akzeptiert. Unbehandelte Verbrennungsnarben können zu Entstellungen oder erheblichen Funktionseinbußen besonders der Arme und Beine führen. Die betroffenen Patienten sind dann oft nicht in der Lage für sich und die Familie zu sorgen. Die Ärzte des eingetragenen Vereins behandeln Patienten unentgeltlich, die unter Gesichtsfehlbildungen, Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten, Handfehlbildungen, schweren Verbrennungsnarben, Tumoren der Haut und des Kopfes, Defekten durch Unfälle oder Kriegsfolgen und sonstigen Erkrankungen leiden, die in das Fachgebiet der Plastischen Chirurgie fallen. Damit sollen die Patienten in die Lage versetzt werden, ein sozial integrierter Teil ihrer Gesellschaft zu werden. Die Interplast-Teams sind jeweils ein bis  zwei Wochen im Auslandseinsatz.

Über Pro Interplast e.V.

Der Verein zur Förderung medizinischer und sozialer Hilfe in Entwicklungsländern e. V. finanziert Ärzte-Einsätze in Entwicklungs- und Schwellenländern. Daneben finanziert der Verein Medikamente, Impf- und Ernährungsprogramme, aber auch einfache Dinge wie Wolldecken, Matratzen oder Kleidung für behinderte und kranke (Waisen-) Kinder in Heimen oder in den Slums von Kalkutta. Mehrere Kinderheime konnten auch durch Pro Interplast mit sauberem Trinkwasser und Elektrizität versorgt werden.

Spendenkonto: Volksbank Seligenstadt e.G
IBAN: DE24 5069 2100 0000 2802 08 
BIC: GENODE51SEL

Der Verein ist zur Ausstellung von Spendenquittungen berechtigt. Dafür bitte die Adresse angeben.