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Letzte Aktualisierung: 19.04.2024

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Im Bann der Lügen: Zur Gesetzeslage von Fake News

von J. Eatough

(14.08.2017) Immer häufiger kommt es in Politik und Presse zur Verwachsung von Faktizität und Fiktionalität: Die Rede ist von Fake News, welche gerade in den letzten Jahren in aller Munde sind – und dies nicht erst seit US-Präsident Donald Trump. Insbesondere das Internet ermöglicht eine blitzartige Streuung wahrheitswidriger Botschaften, wobei eine beachtliche Reichweite erzielt werden kann.

Was aber unternimmt der Gesetzgeber, um das Inverkehrbringen unzutreffender Berichterstattung zu unterbinden? Welche Rechtsnormen finden ihre Anwendung? Und, vor allem, wie kann sich der von Fake News Betroffene vor dem Konsum sowie dem Vertrauen in die Richtigkeit etwaiger Falschmeldungen schützen? Der folgende Text klärt auf.

Das World Wide Web hat zweifelsohne die Medienlandschaft wie auch den Prozess der Informationszirkulation revolutioniert: Nunmehr ist es jedermann möglich, Informationen im Nullkommanichts zu recherchieren und über die immaterielle Datenautobahn in die Welt hinauszutragen. Das Phänomen des sogenannten „user generated content“ – also der von Nutzern generierte Inhalt – tritt neben fachmännisch erstellten Meldungen hinzu. Auf diesem Wege erhöht sich leider auch das Maß an unrichtigen Tatsachenbehauptungen. Die Begrifflichkeit der „Zeitungsente“ wurde also in einem neuartigen Gewand eingekleidet und ist einer durch die Digitalisierung bedingte Transformation unterzogen worden: Ubiquitär und rasant durchstreift sie die Medienlandschaft.

Der Definition von Fake News haftet neuerdings eine politische  Assoziation an. Ursprünglich, d.h. vor dieser Politisierung, wurden damit unzutreffende sowie überdramatisierte Meldungen charakterisiert, welche zum Zwecke der Herbeiführung einer gesteigerten Menge an Klicks im Netz konstruiert wurden. Dem tritt heutzutage ein propagandistisches Merkmal hinzu: Eine mutwillige Manipulation der öffentlichen Sichtweise wird angestrebt. Nicht zu verwechseln sind Fake News jedoch mit Verschwörungstheorien. Im Rahmen dieser fehlt grundsätzlich die Intention der Indoktrination. Weiterhin sind Fake News von Falschmeldungen zu differenzieren. Zwar erfahren diese beiden Bezeichnungen vielfach eine synonyme Verwendung, doch existiert ein kleiner, aber feiner Unterschied. Dem Initiator von Falschmeldungen mangelt es am Vorsatz bezüglich des Inverkehrbringens von Unrichtigkeiten, wohingegen der Schöpfer von Fake News diese mit Wissen und Wollen emittiert.

Nun wird aber das Lügen an sich nicht mit Sanktionen geahndet; ein individueller Straftatbestand für die Verbreitung von falschen Tatsachenbehauptungen bleibt abwesend. Kommt es aber im Zuge dessen zur Beschränkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Einzelner, so ist an § 186 StGB, die „üble Nachrede“, zu denken. Dieser Paragraph findet seine Anwendung, sofern eine Person durch die Dissemination unzutreffender Aussagen herabgewürdigt wird. Dies kann eine Geldstrafe oder eine Gefängnisstrafe von bis zu einem Jahr zur Folge haben. Fand die Diskreditierung auf dem Schriftwege statt, so drohen sogar zwei Jahre Freiheitsentzug. Voraussetzung zur Erfüllung des Tatbestandes des § 186 StGB ist jedoch die Unwissenheit des Verfassers über die Inkorrektheit der gestreuten Behauptungen. Ist die Kenntnis um die Falschheit aber zu bejahen, kommt es zur Anwendung des § 187 StGB. Es liegt ein Sachverhalt der Verleumdung vor, wobei sich die entsprechende in Aussicht gestellte Strafe auf bis zu fünf Jahren Gefängnis oder eine gesteigerte Geldstrafe erhöht. Noch schwerwiegender gestalten sich die jeweiligen Sanktionen aus, sobald eine Person des öffentlichen Lebens verunglimpft wird.

Der von Fake News Betroffene hat letztlich das Anrecht auf Rektifikation, also Berichtigung der Unwahrheiten. Sind diese nur teilweise inkorrekt, so ist die partielle Korrektur abzuverlangen. Lässt sich ferner eine durch die falsche Tatsachenbehauptung ausgelöste materielle Einbuße des Leidtragenden feststellen, so wird ein Anspruch auf entsprechenden Ersatz begründet. Es ist derjenige Zustand herbeizuführen, welcher ohne die jeweilige Tat bestünde. Entstandene immaterielle Schäden berechtigen den Betroffenen zur Schmerzensgeldforderung.

Fake News existieren auch ohne konkreten Personenbezug, etwa im Pressebereich. Hier gestaltet sich die Sachlage als knifflig. Es greift die im Grundgesetz verankerte Pressefreiheit. Der mit Vorsatz handelnde Journalist begeht mit der Verbreitung unwahrer Meldungen demnach kein Strafdelikt. Doch verpflichtet ihn der Pressekodex zur journalistischen Sorgfalt, welchem sämtliche Berichterstatter Folge leisten müssen. Ist ein entsprechender Verstoß gegeben, so kann durch den Presserat eine offizielle Rüge erfolgen. In der Konsequenz bedarf es der unverzüglichen Richtigstellung der jeweiligen Falschangaben. Eine per se zutreffende Meldung, die aber maßgebende Fakten vorenthält, erfordert eine Vervollständigung um diese.

Nicht verwunderlich ist es, dass sich mehr und mehr politische Persönlichkeiten für die Integration des Schulfachs der Medienkompetenz in den Lehrplan einsetzen: Folgt man der Meinung von Spezialisten, so liegt die Zuständigkeit der Enthüllung von Fake News als solche beim Verbraucher. Von enormer Relevanz ist demnach die frühzeitige Unterweisung von Kindern wie jungen Menschen im kritischen Umgang mit Medien. Was aber beinhaltet eine derartige gesunde Skepsis? Folgendes ist grundsätzlich ratsam:

Komparation der Headline mit dem Fließtext – Sensationsmache und erste Diskrepanzen können sich so bereits andeuten Nebeneinanderstellung mehrerer Meldungen zur selben Thematik auf unterschiedlichen Portalen Nachforschungen zum Verfasser des Berichts anstellen – ist dieser real-existent? Oder handelt es sich vielmehr um einen sogenannten „Bot“, der vollautomatisch Posts veröffentlicht? Ist der jeweilige Autoren-Account noch relativ frisch und verfügt über nur wenig vernetzte Kontakte, so deutet dies auf einen Bot hin.  www.anwalt.org