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Letzte Aktualisierung: 19.04.2024

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Hilfe bekommen, Chancen nutzen

Beratungs- und Lernzentrum steht allen Frankfurtern ab 25 Jahren offen

von Pelin Abuzahra

(18.04.2019) Oana Cecilia Fodorean war nicht recht zufrieden mit ihrem beruflichen Werdegang. In Rumänien hatte sie Management und Tourismus studiert – aber dann abgebrochen. Vor neun Jahren kam sie nach Deutschland. Zunächst arbeitete sie in einem Restaurant und lernte ihren Mann kennen. Sie bekam ihren ersten Sohn. Während ihrer Elternzeit machte sie die Lizenz zur Fitnesstrainerin und arbeitete dann in diesem Bereich.

Beratungs- und Lernzentrum der FRAP Agentur: Außenansicht
Foto: Stadt Frankfurt / Salome Roessler
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Vier Jahre später kam ihr zweiter Sohn auf die Welt. Danach stieg sie wieder als Fitnesstrainerin ein, doch so richtig glücklich war sie damit nicht. Dann kam die Trennung von ihrem Mann. „Es war finanziell schwierig. Als Fitnesstrainerin wurde ich nicht gut bezahlt. Ich sagte mir: Jetzt muss ich ernsthaft etwas tun für meine und für die Zukunft meiner Kinder.“ Jeden Tag ging die alleinerziehende Mutter mit ihren Söhnen an der Mainzer Landstraße 405 vorbei – und fragte sich, was sich hinter der Tür mit dem Schild „Frankfurter Arbeitsmarktprogramm – Beratungs- und Lernzentrum“ verbirgt. „Ich bin dann einfach mal reingegangen und habe meine Geschichte erzählt“, erinnert sich Fodorean.

Individuelle Beratung rund um die Themen Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung
Das Beratungs- und Lernzentrumzentrum ist eine Einrichtung der FRAP Agentur. Diese ist eine gemeinnützige Gesellschaft und ein stadtnahes Unternehmen und organisiert im Auftrag des Magistrats der Stadt das Arbeitsmarktprogramm für Menschen über 25 Jahre. „Wir gehen vom Grundverständnis aus, dass Arbeit nicht nur Basis materieller Existenz ist, sondern auch eine entscheidende Grundlage für Anerkennung, soziale Bezüge, Gesundheit und aktive Teilhabe an der Gesellschaft“, erklärt Dilek Akkaya von deren Stabsstelle Unternehmenskommunikation. Das Programm hilft aus prekären Arbeitsverhältnissen heraus und beim Nachholen eines Berufsabschlusses, gibt berufliche Neurorientierung und unterstützt bei der Arbeitssuche. Im Beratungs- und Lernzentrum erhalten Frankfurter eine ausführliche individuelle Beratung rund um die Themen Arbeit, Ausbildung und Weiterbildung.

Eigeninitiative ist gefragt
Eine solche individuelle Beratung hat Fodorean erhalten als sie sich 2017 vorstellte. „Die erste Empfehlung war, einen Sprachkurs zu absolvieren und mein rumänisches Abitur anerkennen zu lassen. Ich wusste nicht, dass ich mein Abschlusszeugnis anerkennen lassen kann, sonst hätte ich mich viel früher darum gekümmert“, sagt sie. „Meine Beraterin hat mir den Kontakt gegeben und mich dabei unterstützt.“ Als nächstes meldete sich die 29-Jährige für einen Deutschkurs an – dafür hatte sie eine Liste von Sprachschulen erhalten. Man müsse viel selbst managen und viel Eigeninitiative haben. Aber wenn man den Willen habe, dann könne man mit der notwendigen Unterstützung der FRAP Agentur alles erreichen, sagt sie. „Ich wollte Hilfe und ich habe Hilfe bekommen und meine Chance genutzt“, fügt Fodorean hinzu. Gemeinsam mit ihrem Berater hat sie einen beruflichen Ziel- und Entwicklungsplan erarbeitet und erfolgreich umgesetzt. Sie macht seit Sommer eine Ausbildung zur Fahrdienstleiterin bei der Deutschen Bahn. „Ich habe lange überlegt und eingesehen, dass mich nur eine gute Ausbildung weiterbringt.“ Einfach ist es für die Alleinerziehende nicht immer: Manchmal beginnt ihre Schicht um 6 Uhr, dann springt der Vater der Kinder ein und bringt die beiden Jungs in die Schule und in die Kita.

Es gibt viele Möglichkeiten, berufliche Situaton zu verbessern
Die Mitarbeiter im Beratungszentrum wissen, dass Weiterbildungen und Neuorientierungen im Beruf wichtig sein können. Gerade Menschen ohne berufliche Qualifikation stecken häufig in prekären Arbeitsverhältnissen, sind öfter von Arbeitslosigkeit bedroht und verdienen weniger. Oft wissen sie nicht, dass sie ihre berufliche Situation verbessern können. Denn die FRAP-Berater kennen den Frankfurter Arbeitsmarkt sowie die aktuelle Weiterbildungslandschaft und Finanzierungsmöglichkeiten. Die Erfahrungen, Fähigkeiten und Interessen der Ratsuchenden im Blick, entwickeln sie neue berufliche Perspektiven.

Zusätzlich zur Beratung gibt es im angegliederten Lernzentrum die Möglichkeit für berufliche Themen zu lernen. Hierfür stehen individuelle PC-Arbeitsplätze mit Internetzugang und eine Fachbibliothek kostenfrei zur Verfügung.

Eine Lernberaterin unterstützt dabei, geeignete Lernmaterialien auszuwählen und bei allen Fragen rund ums Lernen. „Häufig müssen sich Menschen auf Berufsabschlüsse vorbereiten oder ihre Deutschkenntnisse vertiefen. Dafür ist das Lernzentrum ein guter ruhiger Ort“, beschreibt Birgit Pörtner, Leiterin des Beratungs- und Lernzentrums.

Gespräche, die weiterbringen
Manchmal führt der Weg in eine gänzlich andere Richtung. Der Chemiker Nabil B. hat nach seinem Master lange eine Stelle gesucht, die zu ihm passte. Doch er fand nichts. Sein Wunsch war es, in die Forschung und Entwicklung zu gehen. Doch der Weg in eine wissenschaftliche Karriere sei schwierig und die Nachfrage größer als das Angebot, berichtet er. Der 30-Jährige stieß während seiner Suche nach Stellen im Internet auf das Beratungszentrum des Frankfurter Arbeitsmarktprogramms. Mit seinem Berater erörterte er, welche Möglichkeiten es für ihn gibt: „Da saß eine Person vor mir, die mir zugehört hat, die sich Gedanken machte und mir Fragen stellte, die mich weiterbrachten“, erinnert er sich an das erste Gespräch vor etwa einem Jahr. Gemeinsam mit seinem Berater kam Nabil B. auf die Tätigkeit als Lehrer für naturwissenschaftlichen Unterricht. Er begann als Quereinsteiger ein Referendariat an einer Schule. „Lehrer sein passt zu mir. Ich kann gut mit Jugendlichen umgehen“, resümiert er. Doch mit dieser Erkenntnis kam auch die Ernüchterung, dass ihm die fehlende didaktische Ausbildung das Lehren erschwerte. „Ich wurde auch fachfremd zum Beispiel in Physik eingesetzt und das war sehr schwierig“, sagt er. Er hat das Referendariat zunächst wieder aufgegeben. Doch er hat etwas ausprobiert und so sein Profil geschärft und etwas Wesentliches über sich erfahren: Die Arbeit mit Jugendlichen bereitet ihm Freude – insbesondere ihnen dabei zu helfen, Komplexes zu verstehen und anzuwenden. Nabil. B. wird sich in diesem Bereich weiter orientieren. Eines weiß er genau: „Für Akademiker gibt es keine richtige Anlaufstelle nach dem Studium. Man wird allein gelassen. Zum Glück gibt es das Beratungszentrum. Hier hat man mir geh! olfen un d tut es immer noch. Das ist sehr viel wert.“

Jeder Frankfurter ab 25 bekommt Unterstützung
Oana Cecilia Fodorean wünscht sich mit einer sehr guten Leistung ihre Ausbildung abzuschließen. „Danach will ich in diesem Bereich arbeiten und alles in ruhiges Fahrwasser bringen und meinen Kindern eine gute Zukunft ermöglichen. Ich bin dankbar, dass die Menschen im Beratungszentrum mir geholfen haben und gezeigt haben, welche Möglichkeiten es für mich gibt“, sagt sie.

Das Beratungs- und Lernzentrum steht jedem Frankfurter ab 25 Jahren offen. Wer beruflich neue Wege gehen will, aus seinem bestehenden Arbeitsverhältnis mehr machen oder sich bei der Suche nach einem Arbeits- oder Ausbildungsplatz beraten lassen möchte, kann einen Termin zur Beratung unter (069)68097150 vereinbaren oder eine E-Mail an bz@frap-agentur.de senden.

Das Beratungs- und Lernzentrum in der Mainzer Landstraße 405 hat Montag bis Mittwoch von 8 bis 16 Uhr, Donnerstag von 8 bis 19 Uhr und Freitag von 8 bis 15 Uhr geöffnet. Weitere Informationen gibt es unter http://www.frap-beratungszentrum.de im Internet. (ffm)