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Letzte Aktualisierung: 15.04.2024

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Heimkehr des Hl. Antonius in die Höchster Justinuskirche

von Ilse Romahn

(10.04.2017) Der namensgebende Hl. Justinus hat an einem unbekannten Ort seine letzte Ruhe gefunden, die Hl. Margarete grüßt zwar vom Hochaltar, harrt aber noch ihrer Wiederentdeckung als Patronin der neuen Pfarrei. Der wichtigste Heilige aber, Antonius Abbas, der Eremit aus der ägyptischen Wüste und Ordenspatron der Antoniter, kehrt nun, nach einem längeren Kuraufenthalt in der Werkstatt des Hessischen Landesamtes für Denkmalpflege, an seinen Platz in der Ostkapelle der Justinuskirche zurück.

Bildergalerie
Hl. Antonius, farblicher Befund der originalen Farbigkeit 1485
Foto: Friederike Schäfer
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Hl. Antonius, Anmutung der Farbfassung im 15. Jahrhundert
Foto: Wolfram Strohbach
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Nach einer gründlichen Untersuchung und Restaurierung erstrahlt die 1485 in Worms geschaffene lebensgroße Skulptur des Heiligen (fast) wieder in neuem Glanz und reiht sich als ein herausragendes Werk der spätgotischen Bildhauerkunst unter die hochrangigen Kunstschätze der Kirche ein.
                
In der Restaurierungswerkstatt wurde gründliche Arbeit geleistet. In einem ersten Schritt wurden Arbeitsproben angefertigt. Diese  hatten zum Ergebnis, dass die Farbfassung des Originals doch stärker beschädigt war als zunächst angenommen.  Eine Freilegung älterer und nur in Resten vorhandenen Farbflächen wurde aus diesem Grund von der Restaurateurin nicht empfohlen. Es wurde beschlossen, die Oberfläche der Skulptur zu reinigen, auf eine Abnahme von späteren Übermalungen jedoch zu verzichten.

Ursprünglich hatte die Sitzfigur des Hl. Antonius ihren Platz auf dem Hochaltar im neuen, 1464 vollendeten Chor. Wahrscheinlich schon in der Barockzeit, als die Statue fast 250 Jahre alt war und im neuen Hochaltar von 1726 ihren Platz finden sollte, wurden Schäden an der Farbfassung ausgebessert. Ganz sicher aber war dies im 19. Jh. der Fall. Damals wurde die Figur mit Ölfarbe überstrichen, was sie sicher nicht schöner aussehen ließ, aber immerhin die darunterliegenden Farbflächen schützte. Diese Übermalung wurde im Zuge der großen Renovierung von 1930-32 entfernt, wobei ein großer Teil der Farbigkeit des 15. Jhs. wieder zutage trat. Gleichwohl wurden auch bei dieser Maßnahme Retuschen und Übermalungen aufgebracht. In diesem Zustand blieb die Figur bis 1986, als sie mit einer Spende von Anton Schreibweis erneut gereinigt und konservatorisch behandelt wurde.

Die Übermalungen und „Restaurierungen“ vor 1930 wurden zwar mit den besten Absichten, aber nicht immer fachgerecht durchgeführt. Deshalb mussten bei den nun abgeschlossenen Arbeiten u.a. alte Kreppklebestreifen und Klebstoffe, welche die darunterliegenden Farbschichten zu beschädigen drohten, in einem aufwendigen Verfahren abgelöst werden. Auch die Skulptur selbst hatte die Jahrhunderte nicht ohne Schäden überstanden. Die linke Hand war einst mutwillig abgebrochen und fehlerhaft mit Metallnägeln wieder mit der Figur verbunden worden. Auch fehlten drei originale Finger und waren durch schlechte Ergänzungen ersetzt worden. Neue, dem Original entsprechende Finger wurden angefertigt und naturalistisch retuschiert.

Die gesamte, durch Kerzenruß, Staub und natürliche Luftverschmutzung belastete Figur wurde einer wässrigen Reinigung unterzogen, wobei auch Radierpulver und der Radierstift mit der gebotenen Vorsicht zum Einsatz kamen. Ältere Übermalungsreste, die den Farboberflächen ein fleckiges Aussehen gaben, wurden mit Aquarellfarben lasierend abgetönt. Somit konnte die Oberfläche beruhigt und die plastische Form der Skulptur besser zur Geltung gebracht werden. Für all diese Arbeiten zeichneten Frau Friederike Schäfer und das Arbeitsteam vom Hessischen Landesamt für Denkmalpflege unter der Leitung von Frau Christine Kenner verantwortlich.

Die Figur des Hl. Antonius, der im ausgehenden 15. Jh., gemessen an ihrer künstlerischen Qualität und Bedeutung, nur wenige von gleichem Rang gegenübergestellt werden können, hat durch die nun abgeschlossene Restaurierung viel von ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild zurückgewonnen. Es gibt im deutschsprachigen Raum nur wenige vergleichbare Skulpturen dieser Art: eine Antoniusstatue von etwa 1570 im Antoniterkloster Tempzin in Mecklenburg, eine ähnliche Figur des 16. Jhs. im Bode-Museum in Berlin und natürlich der 15 Jahre später von Niklas Hagenauer geschaffene hl. Antonius im inneren Schrein des Isenheimer Altares in Colmar, dessen Vorbild vielleicht der Höchster Antonius war.  Zugleich ist sie für weitere Jahrzehnte gesichert und somit zukünftigen Generationen als ein herausragendes Kunstwerk aus dem späten Mittelalter bewahrt worden. Die Kosten für die aktuelle Restaurierung teilten sich das Bistum Limburg, die Hessische Denkmalpflege und, wie in vielen vorangegangenen Fällen, die Stiftergemeinschaft Justinuskirche. Die Restaurierung des Hl. Antonius hat die Justinuskirche in Frankfurt am Main-Höchst um ein bedeutendes Kunstwerk bereichert.