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Letzte Aktualisierung: 25.04.2024

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Gedenkstätte ‚Arbeitserziehungslager Heddernheim‘ der Öffentlichkeit übergeben

von Ilse Romahn

(19.11.2018) Kulturdezernentin Ina Hartwig hat am Samstag, 17. November, zusammen mit dem Heddernheimer Ortsvorsteher Klaus Nattrodt die neugestaltete Gedenkstätte „Arbeitserziehungslager Heddernheim“ der Öffentlichkeit übergeben. Sie erinnert an das Schicksal der insgesamt etwa zehntausend Zwangsarbeiter, die hier in der Zeit von 1942 bis 1945 interniert waren.

Besucher mit Trauerkranz an der Gedenkstätte, v. r. Kulturdezernentin Ina Hartwig
Foto: Stadt Frankfurt / Bernd Kammerer
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Die meisten der Häftlinge stammten aus den im Zweiten Weltkrieg von der Wehrmacht besetzten Ländern und leisteten Zwangsarbeit in der Industrie. Auch die Stadt Frankfurt beteiligte sich an der brutalen Ausbeutung, etwa indem sie bei der Gestapo Gefangene zur Räumung von Bombenschäden anforderte. Der Heddernheimer Bevölkerung war das Lager bekannt, es trug in Anspielung auf die Strafkolonie in Französisch-Guayana den zynischen Spitznamen „Kajenn“.

Kulturdezernentin Hartwig dankte in ihrer Eröffnungsrede dem Ortsbeirat 8 für sein intensives Engagement bei der Realisierung der Gedenkstätte: „Die neu geschaffene Gedenkstätte macht die Geschichte des Lagers und das Leid der Opfer sichtbar. Sie ruft aber auch die Rolle der Bevölkerung während der nationalsozialistischen Herrschaft in Erinnerung. Denn auch dieses Kapitel, das Verbrechen unter den Augen vieler, gehört untrennbar zur Geschichte der Stadt und darf nicht ausgeblendet werden.“

„Wir sind uns der Verantwortung bewusst, das Gedenken an zehntausend Menschen, die in unserem Stadtteil Opfer des damaligen nationalsozialistischen Unrechtsstaates wurden, wachhalten zu müssen. Im Jahr 1985 wurde die Gedenkstätte in ihrem ursprünglichen Zustand durch den Ortsbeirat 8 initiiert, nun hat sie eine Neugestaltung und Aufwertung erfahren: eine Verbindungstreppe von der Ludwig-Reinheimer-Straße, neue Raum- und Lichtverhältnisse sowie zwei Kunstwerke sollen auf die Geschehnisse von damals verweisen. Insgesamt hat hierfür der Ortsbeirat eine Summe von 49.000 Euro bereitgestellt“, sagte Ortsvorsteher Nattrodt.

Er erläuterte Konzeption und Realisierungsprozess der Gedenkstätte. Der Ortsbeirats 8 widmet sich dem Thema fraktionsübergreifend bereits seit den 1980er Jahren, auch die Neukonzeption geht auf seine Initiative zurück.

Die bisherige, in den 1980er Jahren konzipierte Gedenkstätte erinnerte mit zwei Bronzetafeln an das Lager. Da das frühere Lagerareal heute weitgehend überbaut ist und bis auf einen Gewölbekeller keines der historischen Gebäude erhalten ist, drohte sie übersehen zu werden. Mit der Neukonzeption wird der Ort sichtbarer. Die Gedenkstätte präsentiert sich nun als Ensemble aus dem historischen Gebäudeteil und zwei Kunstobjekten, entworfen von Inge Hagner und Bernd Fischer. Die Künstler waren zur Einweihung anwesend.

Das von Hagner gestaltete Kunstwerk in Form einer Pyramide lenkt auch die Aufmerksamkeit eiliger Passanten auf den Gedenkort. Die von der Künstlerin gewählten Materialien Ziegel und Cortenstahl bilden eine Referenz an die Geschichte des Ortes und die um die Unmenschlichkeit in ihrer Nachbarschaft wissenden Bewohner des Stadtteils und der Stadt. Die Gedenkinstallation wird ergänzt durch ein LED-Textlaufband des Künstlers Bernd Fischer, das aus dem Dunkel des Gewölbekellers leuchtet, der vermutlich als Arrestzelle genutzt wurde. In roten Buchstaben informiert der Text über das Lager, den Terror und seine Opfer. (ffm)