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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Erfindung Europa – In welchem Europa wollen wir leben?

Thementage vom 10. bis 12. Februar 2017 im Schauspiel Frankfurt

von Ilse Romahn

(11.01.2017)  Das Entsetzen der demokratischen Kräfte in Europa nach den US-Wahlen bleibt groß. Während die EU strukturell selbst in einer existenziellen Krise steckt, wächst ihr international eine neue Rolle zu. Und sie ist alarmiert. Denn zu sehr erinnert die neonationalistische Rhetorik aus Amerika an jene, die in vielen europäischen Ländern grassiert und die EU-Europa zu spalten droht; zu sehr wird die Repräsentationskrise der Politik sichtbar. Gleichzeitig wächst bei vielen Europäerinnen und Europäern ein Verlangen nach wirklichen politischen Alternativen. Angesichts machtpolitischer und ökonomischer Verschiebungen in der globalisierten Welt muss sich Europa nach innen und außen neu begründen und vor allem als politisches Projekt im 21. Jahrhundert neu erfinden.

In Vorträgen und Diskussionen versammeln die Thementage im Schauspiel Frankfurt namhafte Denker, Politiker und Aktivisten, darunter Jakob Augstein, Daniel Cohn-Bendit, Pablo Bustinudy, Michel Friedman, Ulrike Guérot, Axel Honneth, Sreæko Horvat, Navid Kermani, Claus Leggewie, Frédéric Lordon, Chantal Mouffe, Guillaume Paoli, Martin Roth, Adrian Zandberg u.v.a, die an drei Tagen Ideen und Forderungen für Europa formulieren und zur Diskussion stellen. Wie soll sie aussehen, die »Erfindung Europa«?

Oliver Reese, Intendant des Schauspiel Frankfurt: »Mit den Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland wird 2017 ohne Zweifel ein Schicksalsjahr für die Europäische Union, in dem auch die Weichen für das Miteinander in den kommenden Jahren gestellt werden. Unsere Thementage »Erfindung Europa« fragen im Schauspiel Frankfurt deshalb, wie es um Europas Zukunft steht. In welchem Europa wollen wir leben und wie lässt sich Europa neu erfinden? Ein vielfältiges Programm, bestehend aus Inszenierungen, Vorträgen, Diskussionsforen, Filmen und vielem mehr lädt dazu ein, mit neuen Impulsen noch einmal grundsätzlich über Europa nachzudenken.«

Vorträge und Diskussionen
Eröffnet werden die Thementage am 10. Februar 2017, um 19.30 Uhr mit der Podiumsdiskussion »Erfindung Europa – In welchem Europa wollen wir leben?«. Öffnen Krise und Kritik an der EU Aktionsräume für eine politische Wiedergeburt Europas? Michel Friedman diskutiert mit Jakob Augstein, Daniel Cohn-Bendit, Martin Roth (Leiter des Victoria and Albert Museum in London und designierter Präsident des Institut für Ausland-beziehungen) und Daniela Schwarzer (Analystin und Beraterin für Europa-Politik) über die Zukunft Europas.

Am Samstag, 11. Februar, laden vier Vorträge, Diskussionen und Gespräche im Chagallsaal dazu ein, Europa neu zu denken. Dirk Baecker deckt Europas inhärente Widersprüchlichkeit zwischen Machtanspruch und Machtverzicht auf (11.00 - 12.00 Uhr), Ulrike Guérot streitet mit Frédéric Lordon über ihr Konzept einer Republik Europa (12.30 - 14.00 Uhr), Claus Leggewie und Roman Léandre Schmidt rufen zur Neugründung eines proeuropäischen Netzwerks auf (15.00 - 16.00 Uhr) und Pablo Bustinudy [Podemos], Sreæko Horvat [DiEM25], Chantal Mouffe und Adrian Zandberg [Razem] debattieren über Strategien neuer linker Parteien und außerparlamentarischer Opposition in Europa (17.00 - 18.30 Uhr).

Daniel Cohn-Bendit stellt auf einer Probebühne um 16.30 Uhr unter dem Motto »Fragen eines alten Europäers an die Jugend« Jugendlichen aus Frankfurt und vielen Teilen der Welt Fragen zu Europa. Was denkt die junge Generation über Europa? Wie wollen sie es für sich gestalten?

Navid Kermani und Axel Honneth (Professor für Sozialphilosophie und Direktor des Instituts für Sozialforschung an der Goethe-Universität Frankfurt a.M.) diskutieren unter der Moderation von Bascha Mika (Chefredakteurin der Frankfurter Rundschau) am 12. Februar, um 12.00 Uhr, wie es nach Brexit, Terror, Trump und Aleppo in einer »Welt aus den Fugen« weitergehen kann. Die Veranstaltung ist eine Station auf Kermanis Theaterreise, bei der er eine Woche lang verschiedene Schulen und Theater besucht, um über die Zukunft Europas und unserer Demokratien nachzudenken.

Gastspiele und Inszenierungen
»Common Ground« heißt der Theaterabend von Yael Ronen und Ensemble, der 2015 zum Berliner Theatertreffen eingeladen war und den Publikumspreis »Stücke 2015« der Mülheimer Theatertage gewonnen hat. Was übersetzt so viel wie gemeinsamer Boden heißt, gibt die Blickrichtung vor, unter der Ronen den Zerfall des Vielvölkerstaats Jugoslawien beleuchtet: Nicht wegen seiner Vielfalt, sondern aus Angst vor dem Multikulturellen zerfiel der Balkan. Welchen »Common Ground« haben wir heute in einem Europa, das in seine Nationalstaaten zu zerfallen droht? Das einmalige Gastspiel des Maxim Gorki Theater Berlin wird am 11. Februar um 19.30 Uhr im Schauspielhaus aufgeführt.

In Kay Voges‘ Inszenierung »Die Schwarze Flotte«, Gastspiel des Schauspiel Dortmund, treffen detailliert recherchierter Journalismus und Theater auf Augenhöhe zusammen. Das Stück, das auf einer Recherche des Rechercheverbunds CORRECT!V basiert, deckt das illegale Geschäft auf, das Reedereien mit dem Handel von Menschen, Drogen und Waffen zwischen Schwarzem Meer, Mittelmeer und den afrikanischen Ostküsten machen. Aufführung am 12. Februar um 20.00 Uhr in den Kammerspielen.

Wie blickt eine Gruppe Jugendlicher mit europäischen, orientalischen oder asiatischen Kulturerfahrungen auf Europa? In »United in Peace and Freedom«, einer Fortsetzung des Projektes »Frankfurt Babel«, sucht der Jugendclub des Schauspiel Frankfurt Antworten darauf, was Europa ist beziehungsweise sein kann. Die Inszenierung von Martina Droste und Chris Weinheimer läuft am 11. Februar um 20.00 Uhr in den Kammerspielen.

Rahmenprogramm
Am Samstag verwandeln sich die Box und das Seitenfoyer in ein Programmkino. In der Box wird um 14.30 Uhr und 17.00 Uhr der Berlinale-Beitrag »Europe, She Loves« des jungen Schweizer Regisseurs Jan Gassmann über den Rückzug junger Europäer ins Private gezeigt. Im Seitenfoyer sind ab 10.30 Uhr Alexander Kluges Interviews der dctp-Reihe »Europa – Das unbeschriebene Blatt« zu sehen. Kluges Gespräche mit realen und fiktiven Experten drehen sich um die drängenden Europafragen.

Im Foyer des Schauspielhauses präsentieren verschiedene Europa-Initiativen an Infoständen ihre Gestaltungsideen für Europa. In der Panorama Bar kocht die Freitagsküche.

Der Eintritt zu Veranstaltungen im Chagallsaal, der Box, dem Foyer und der Probebühne ist frei.
Begrenzte Platzanzahl

Tickets für die Inszenierungen, Gastspiele und Eröffnungsveranstaltung über www.schauspielfrankfurt.de und die zentralen Vorverkaufsstellen. Kartentelefon: (069)212494.94.

Kuratorin der Vorträge und Diskussionsveranstaltungen: Anja Nioduschewski

Das Programm und das Veranstaltungsmagazin abrufbar unter ww.schauspielfrankfurt.de/erfindung-europa/