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Letzte Aktualisierung: 19.04.2024

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Unwetter am 27. Mai 2016 in Kriftel

Bürger müssen Einsatz der Feuerwehr nicht bezahlen

von Adolf Albus

(29.09.2016)  Kriftel - Am Dienstag wurde es von den Mitgliedern des Gemeindevorstands einstimmig beschlossen: Die Gemeinde macht von der „Härtefallregelung“ in Paragraph 7 der Gebührensatzung Gebrauch und verzichtet komplett auf eine Abrechnung der Gebühren für die Hilfeleistung der Freiwilligen Feuerwehr Kriftel am Freitag, den 27. Mai 2016. Hier war aufgrund eines Unwetters mit Starkregen und Hagel über dem Main-Taunus-Kreis ein Großeinsatz in Kriftel gefahren worden. Während des Unwetters wurden zahlreiche Keller überschwemmt, Kanaldeckel wurden aus den Halterungen gedrückt und der Schwarzbach trat über die Ufer. In der Presse wurde von einem der schlimmsten Unwetter dieser Art in den vergangenen Jahrzehnten berichtet.

100 Einsätze
Die Freiwillige Feuerwehr Kriftel war zu rund hundert Einsätzen im Gemeindegebiet gerufen worden – und konnte mit Unterstützung der Hochheimer Wehr allen Bürgern in Not helfen. 30 Einsätze könnten jetzt - nach der Satzung über die Gebühren für den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde Kriftel - abgerechnet werden. Die Städte Hofheim und Hattersheim haben kürzlich ihre Bürger zur Kasse gebeten. In Kriftel soll es nun eine andere Lösung geben: „Auch wenn der Landrat nicht offiziell der Katastrophenfall ausgerufen hat, war es dennoch für die Krifteler eine Katastrophe. So ein Unwetter mit derartigen Schäden habe ich in meiner gesamten Zeit im Rathaus, also seit 36 Jahren, so nicht erlebt“, so Jirasek.

Durch die hohe Wassermenge, pro Quadratmeter über 45 Liter in 30 Minuten, liefen viele Keller voll. Jirasek: „Von den Auswirkungen des Unwetters waren sowohl Privathaushalte, Firmen als auch Vereine sowie öffentliche Einrichtungen tangiert. Betroffene - ohne entsprechenden Versicherungsschutz - haben bereits durch die Schäden des Unwetters wirtschaftliche Einbußen erlitten. Durch die Erhebung von Gebühren für die Hilfeleistungseinsätze der Freiwilligen Feuerwehr Kriftel würden Sie nachträglich zusätzlich finanziell belastet.“

Krifteler Gebührensatzung lässt Ausnahme zu
Die Gebührensatzung vom 14. Februar 2012 sieht vor, dass die der Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde Kriftel bei Erfüllung ihrer Aufgaben entstandenen Gebühren und Auslagen zu erstatten sind, soweit der Einsatz nicht nach dem Hessischen Brand- und Katastrophenschutzgesetz (HBKG) kostenfrei ist. Der Einsatz der öffentlichen Feuerwehren bei Bränden, für die Rettung von Menschen aus akuter Lebensgefahr und im Falle einer Katastrophe infolge von Naturereignissen ist für den Geschädigten gebührenfrei.

Landrat entscheidet über „Katastrophenfall“
Eine Katastrophe im Sinne dieses Gesetzes ist ein „Ereignis, das Leben, Gesundheit oder die lebensnotwendige Versorgung der Bevölkerung, Tiere, erhebliche Sachwerte oder die natürlichen Lebensgrundlagen in so ungewöhnlichem Maße gefährdet oder beeinträchtigt, dass zur Beseitigung die einheitliche Lenkung aller Katastrophenschutzmaßnahmen sowie der Einsatz von Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes erforderlich sind.“
Den Eintritt und das Ende einer Katastrophe stellt die untere Katastrophenschutzbehörde fest. Somit ist der Landrat des Main Taunus-Kreises zuständig. Bei dem Unwetter am 27. Mai 2016 handelt es sich aber nicht um eine Katastrophe im Sinne des HBKG, da der Landrat keinen Katastrophenfall ausgerufen hat.

Nach dem HBKG gibt es keine Möglichkeit von der Gebührenerhebung abzusehen. Jedoch können „ Ausnahmeregelungen für besondere Härtefälle“ in den Gebührenordnungen vorgesehen werden. Demnach ist es den Kommunen überlassen, in Sonderregelungen ihrer kommunalen Satzungen Ausnahmeregelungen aufzunehmen. Glück für die Krifteler: Die Gebührensatzung der Gemeinde Kriftel sieht eine solche Härtefallregelung in § 7 vor. Entschieden wird per Beschluss des Gemeindevorstandes.

Gemeinde übernimmt die Kosten von etwa 20.000 Euro
Die Höhe der Gebühr errechnet sich nach der aufgewendeten Zeit, dem eingesetzten Material, nach Art und Anzahl des eingesetzten Personals, der Fahrzeuge und Geräte sowie der zu prüfenden Geräte und Einrichtungen. So werden beispielsweise bei Brand- und Hilfeleistungseinsätzen je Einsatzkraft je angefangener Viertelstunde 6 Euro erhoben. Für das Löschgruppenfahrzeug (LF 10) werden 35 Euro und für das Hilfeleistungstanklöschfahrzeug (HTLF) 40 Euro je angefangener Viertelstunde fällig.

Für einen Einsatz am 27. Mai 2016 in einem Privathaushalt bei dem fünf Kameradinnen und Kameraden mit dem HTLF ausrückten und eine Stunde Hilfe leisteten und zudem ein Industriesauger und eine Tauchpumpe im Einsatz waren, würde eine Gebühr in Höhe von 324 Euro erhoben werden. Für den dreistündigen Einsatz in einem Mehrfamilienhaus, zu dem fünf Kameradinnen und Kameraden mit dem LF 10 ausrücken und unter Zuhilfenahme eines Industriesaugers und einer Tauchpumpe Hilfe leisten, könnte ein Kostenersatz von 912 Euro verlangt werden. Nach einer Durchschnittsberechnung würden so für die erbrachte Hilfeleistung aufgrund des Unwetters am 27. Mai 2016 Gebühren in Höhe von 15.000 bis 20.000 anfallen.