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Letzte Aktualisierung: 25.04.2024

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Lärmobergrenze für den Frankfurter Flughafen

Fraport und IHK kritisieren Vorschlag des Landes

von Bernd Bauschmann

(28.09.2016)  Die Fluglärmbelastung rund um den Frankfurter Flughafen soll Grenzen unterworfen werden. „Wir wollen eine Lärmobergrenze einziehen, die das Rhein- Main-Gebiet vor einem unbegrenzten Anstieg der Belastung durch Fluglärm schützt“, sagte Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir am Dienstag in Wiesbaden. „16 Jahre nach dem Mediationsverfahren zum Ausbau des Frankfurter Flughafens wollen wir nun endlich dieses offene Versprechen einlösen.“ Das Modell sieht vor, das zukünftig erlaubte Lärmniveau um 1,8 Dezibel gegenüber den im Planfeststellungsbeschluss prognostizierten Werten zu senken. „Wir haben uns im Koalitionsvertrag auf zwei Ziele verständigt: Wir wollen Entwicklung am Frankfurter Flughafen ermöglichen und zugleich die Lärmbelastung begrenzen. Mit der Lärmobergrenze wird genau das möglich“, so der Minister. „Zum ersten Mal ist damit die Entwicklungsmöglichkeit des Flughafens verknüpft mit der Frage, wie viel Lärm der Flugverkehr macht. Das ist ein Paradigmenwechsel.“

Die Fluglärmbelastung rund um den Frankfurter Flughafen soll Grenzen unterworfen werden. „Wir wollen eine Lärmobergrenze einziehen, die das Rhein- Main-Gebiet vor einem unbegrenzten Anstieg der Belastung durch Fluglärm schützt“, sagte Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir am Dienstag in Wiesbaden. „16 Jahre nach dem Mediationsverfahren zum Ausbau des Frankfurter Flughafens wollen wir nun endlich dieses offene Versprechen einlösen.“ Das Modell sieht vor, das zukünftig erlaubte Lärmniveau um 1,8 Dezibel gegenüber den im Planfeststellungsbeschluss prognostizierten Werten zu senken. „Wir haben uns im Koalitionsvertrag auf zwei Ziele verständigt: Wir wollen Entwicklung am Frankfurter Flughafen ermöglichen und zugleich die Lärmbelastung begrenzen. Mit der Lärmobergrenze wird genau das möglich“, so der Minister. „Zum ersten Mal ist damit die Entwicklungsmöglichkeit des Flughafens verknüpft mit der Frage, wie viel Lärm der Flugverkehr macht. Das ist ein Paradigmenwechsel.“

Der Minister wies darauf hin, dass die Lärmbelastung in der Region ohne eine Begrenzung noch deutlich steigen könne. Im vergangenen Jahr starteten und landeten am Frankfurter Flughafen 468.000 Flugzeuge. Beim Erlass des Planfeststellungsbeschlusses war ein Dauerschallpegel errechnet worden, der von einer Steigerung auf 701.000 Flugbewegungen im Jahr 2020 ausging. „Würde man diesen Anstieg von aktuell 470.000 auf 701.000 bei identischem Flottenmix und Routenbelegung hochrechnen, würde der Lärmpegel noch um 1,8 Dezibel steigen“, so der Minister. „Zum Vergleich: Eine Zunahme um 3 Dezibel entspricht einer Verdoppelung des Dauerschallpegels.“

Schon heute sind in der Region 300.000 Menschen allein innerhalb eines Tagesdauerschallpegels von 50 dB(A) stark durch Fluglärm belästigt. Die in diesem Jahr veröffentlichte, bislang umfassendste wissenschaftliche Lärmwirkungsstudie NORAH hatte unter anderem ergeben, dass Menschen immer empfindlicher auf Verkehrslärm reagieren. „Lärm nervt zudem nicht nur, Lärm kann auch ernsthaft krank machen“, sagte Al-Wazir. „Unter Vorsorgeaspekten ist ein unbegrenzter weiterer Anstieg der Lärmbelastung nicht zu verantworten.“

Um den weiteren Anstieg der Lärmbelastung in der Region zu minimieren, soll die Lärmobergrenze die Fläche begrenzen, in der die Lärmbelastung besonders hoch ist. Al-Wazir: „Wir begrenzen also den Lärm, nicht die Flugbewegungen. Dies führt zu einem Anreiz, die einzelne Flugbewegung leiser abzuwickeln. Das kommt der gesamten Region, insbesondere auch den hoch- und höchstbetroffenen Anwohnern zugute.“

Konkret sieht das Modell vor, die Gebiete mit hoher Fluglärmbelastung (55 dB(A) und mehr) sowie mit der höchsten Fluglärmbelastung (60 dB(A) und mehr) zu begrenzen. Dabei wird, wie bei Fluglärmprognosen üblich, die so genannte 3- Sigma Regelung angewendet.

Ohne eine Lärmobergrenze könnte die Fläche der hochbetroffenen Gebiete nach den Annahmen des Planfeststellungsbeschlusses in Zukunft um über 11.000 Hektar wachsen. Die Lärmobergrenze greift bereits bei zusätzlichen 3300 Hektar. Das sind 70 Prozent weniger.

In den höchstbetroffenen Gebieten ist eine noch stärkere Begrenzung geplant. Nach den Annahmen des Planfeststellungsbeschlusses könnte diese Fläche noch um über 5100 Hektar zunehmen. Hier greift die Lärmobergrenze bereits bei zusätzlichen 1200 Hektar. Das ist eine Verringerung um 77 Prozent.

Al-Wazir: „Mit dem vorgelegten Model kann die Lärmobergrenze anhand klarer, objektivierbarer, fachlicher und für jeden überprüfbarer Faktoren berechnet werden.“

Zur Überprüfung des Modells wird jedes Jahr anhand der real stattgefundenen Flugbewegungen berechnet, ob die Lärmobergrenze im Vorjahr eingehalten wurde. Dabei werden auch Reduktionen durch neue, leisere Flugzeuge und umgesetzte aktive Schallschutzmaßnahmen berücksichtigt. „Bei der erstmaligen Überschreitung der Lärmobergrenze müssen Fraport und Fluggesellschaften Maßnahmen zur Lärmreduktion umsetzen. Wird die Lärmobergrenze zwei Jahre in Folge gerissen, kommt es im Folgejahr zum Einfrieren der Flugbewegungen“, sagte Al-Wazir. „Wir wollen aber, dass es gar nicht so weit kommt. Vielmehr geben wir mit der Lärmobergrenze einen Anreiz, frühzeitig etwas gegen steigenden Lärm zu unternehmen, damit es erst gar nicht zu einem Einfrieren der Bewegungszahlen kommt.“ Die Lärmobergrenze soll also wirken, schon bevor sie erreicht wird.

Neben der Begrenzung hoch- und höchstbetroffenen Gebieten, soll der Flughafenbetreiber regelmäßig Lärmminderungspläne vorstellen. Al-Wazir: „Wir möchten sehen, wie sich die Lärmbelastung an den unterschiedlichen Orten in der Region - auch außerhalb der Fläche, nach der die Lärmobergrenze berechnet wird - entwickelt.“ Daran sollen auch das Forum Flughafen und Region, die Fluglärmkommission sowie die wichtigsten Fluggesellschaften beteiligt werden. Zum Monitoring-Konzept gehören zudem die Darstellung des Flugzeugmixes, Indexbetrachtungen sowie eine Prognose, ob die Lärmobergrenze in den nächsten 5 Jahren tangiert werden könnte.

„Wir halten eine solche Lärmobergrenze insbesondere aus zwei Gründen für wichtig und machbar. Erstens wissen wir heute, dass mehr Menschen von Fluglärm hoch belästigt sind als noch vor Jahren angenommen, weil sie deutlich sensibler auf Lärm reagieren. Und zweitens zeigen die aktualisierten Prognosen der Fraport, dass die Flugbewegungen deutlich langsamer steigen als ursprünglich angenommen“, so der Minister. „Weil die Flugzeuge aber über die Jahre immer moderner und lärmärmer wurden und werden können die Flugbewegungen bei entsprechender Anstrengung für möglichst lärmarmes Fliegen mittlerweile deutlich leiser abgewickelt werden als bei der Ausbauentscheidung des Flughafens gedacht. Genau das wollen wir mit der Lärmobergrenze nun auch einfordern.“

Zum weiteren Verfahren sagte der Minister, er biete der Luftverkehrswirtschaft nun Verhandlungen an, um zu einer Vereinbarung zur Einführung einer Lärmobergrenze zu kommen. Auch das Forum Flughafen und Region und Fluglärmkommission sollen eingebunden werden. „Führen die Gespräche zu keiner Einigung, wollen wir die Betriebsgenehmigung entsprechend des Lärmobergrenzen-Modells ändern“, so Al-Wazir. „Das gilt auch, wenn die Lärmobergrenze trotz Vereinbarung nicht eingehalten wird.“

„Wir ermöglichen es dem Flughafen damit, sich weiter zu entwickeln. Das ist alleine schon aus Gründen der Rechtssicherheit notwendig“, sagte der Minister. Gleichzeitig solle eine verbindliche Grenze eingezogen werden. „Wir senden damit eine klare Botschaft an die Luftverkehrsindustrie: Wenn ihr deutlich mehr fliegen wollt, dann müsst ihr die einzelne Flugbewegung leiser machen.“


Stellungnahme der Fraport
„Der heute vom Hessischen Wirtschaftsministerium vorgestellte Entwurf einer Lärmobergrenze muss sich an den Ausbauzielen und den gesetzten Parametern des Planfeststellungsbeschlusses messen lassen. Soweit der Vorschlag derzeit bekannt ist, ist er aus unserer Sicht nicht akzeptabel und einige Fragen sind weiterhin ungeklärt. Eine Lärmobergrenze darf die Ausbauziele nicht konterkarieren. Wir haben jedoch – auch in Gesprächen mit der Politik – stets betont, dass wir auf Basis der geltenden Rechts- und Genehmigungslage bereit sind, konstruktiv an kooperativen Lösungen mitzuarbeiten“, kommentiert Dr. Stefan Schulte, Vorstandsvorsitzender der Fraport AG, den vorliegenden Entwurf.

Fraport steht zu seinem Engagement, weitere Ansätze für leiseres Fliegen am Standort Frankfurt zu realisieren und Impulse für technologischen Fortschritt zu setzen. „Das ist auch in unserem eigenen Interesse. Dabei ist aber auch zu berücksichtigen, dass technologischer Fortschritt und Innovationen bei An- und Abflugverfahren und damit weitere Entlastungen nicht linear verlaufen. Wir müssen die entsprechenden Zyklen berücksichtigen, um einen realistischen Blick für die Möglichkeiten zu erhalten. Sonst besteht die Gefahr der Überforderung des Systems mit dem Risiko einer weiteren massiven Benachteiligung im globalen Wettbewerb“, weist Schulte hin. Gleichzeitig müssen zufriedenstellende Regelungen für die künftigen Schallschutzzonen gefunden werden.

Statement der IHK Frankfurt
Die vom Hessischen Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir geplante Einführung einer Lärmobergrenze am Frankfurter Flughafen würde die Entwicklung des Flughafens faktisch beschränken und wäre damit für die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts nachhaltig von Nachteil. „Die Verlässlichkeit des politischen Verfahrens zum Flughafenausbau wird erheblich in Frage gestellt. Zudem würde die Zukunft des Wirtschaftsstandorts FrankfurtRheinMain ohne Not gefährdet“, sagte Prof. Dr. Mathias Müller, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der hessischen Industrie- und Handelskammern in Frankfurt am Main. Das Angebot des Ministers zu weiteren Gesprächen mit der Luftverkehrswirtschaft sei richtig, die Androhung einer einseitigen Durchsetzung seines Modells dagegen kontraproduktiv und widersprüchlich. „Die IHKs fordern, zum Konsensweg zurückzukehren, so wie er in dem Mediationsverfahren zum Flughafenausbau aus dem Jahr 2000, an der die IHK Frankfurt mitgewirkt hat, bisher immer erfolgreich beschritten wurde.“

Anstatt einen rechtlich fragwürdigen Weg über eine Verordnung zu verfolgen, sollte das Instrumentarium transparent, verlässlich und in einem konsensualen Verfahren mit den relevanten Akteuren entwickelt werden. Dabei müssten die Rahmendaten des Planfeststellungsbeschlusses mit den 701.000 möglichen Flugbewegungen uneingeschränkt Geltung behalten.

„Wir bedauern sehr, dass der Minister das wiederholte Angebot von Seiten der Wirtschaft zum Dialog nicht ergriffen hat“, sagte Prof. Müller. Die Wettbewerbsposition des Frankfurter Flughafens sei durch das Nachtflugverbot bereits stark beeinträchtigt und drohe nun weiter beschnitten zu werden. Nach Einführung des Nachtflugverbots wurde bereits ein starker Rückgang des Cargo-Verkehrs verzeichnet. Wiederholt werden Klagen von internationalen Fluggästen laut, die wegen unverschuldeter Verzögerungen im Flugplan abends nicht mehr aus Frankfurt starten konnten. „Die internationalen Fluggesellschaften werden weitere Behinderungen auf Dauer kaum mehr hinnehmen.“