Das Online-Gesellschaftsmagazin aus Frankfurt am Main

Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

Werbung
Werbung

Engagement bedeutet Teilhabe

Ehrenamtsakademie der Evangelischen Kirche in Frankfurt eröffnet

von Ilse Romahn

(30.04.2016)  Frankfurt - In der Evangelischen Kirche spielt das Ehrenamt eine entscheidende Rolle. Um die dort Engagierten zu unterstützen, ist in der Heiliggeistkirche am Dominikanerkloster die Ehrenamtsakademie der Evangelischen Kirche in Frankfurt festlich eröffnet worden. Sie bietet ein breites Qualifizierungs- und Fortbildungsangebot, etwa in Sachen Öffentlichkeitsarbeit, Fundraising, Organisation von Sitzungen „und nicht zuletzt zu theologischen Fragen“, so der evangelische Stadtdekan Dr. Achim Knecht in seiner Begrüßung vor rund 150 Gästen aus Kirche, aber auch Politik und Sozialverbänden. „Frankfurt ist für uns aus Darmstädter Sicht schon immer was Besonderes“, sagte der Leiter der Ehrenamtsakademie der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau Pfarrer Dr. Steffen Bauer in seinem Grußwort vor der Übergabe der Urkunde. Die Landeskirche hat auf ihrem Gebiet schon eine Reihe von Ehrenamtsakademien aufgebaut, die neue am Main ist ein weiteres wichtiges Element dieses Netzes.


Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler, Stadtdekan Dr. Achim Knecht, Dr. Steffen Bauer, Leiter der Ehrenamtsakademie EKHN, Cornelia Coenen-Marx, die den Festvortrag hielt und Anke Meye,
Bildungsreferentin
Foto: Rolf Oeser
***

Die Ehrenamtsakademie wendet sich vor allem an Menschen „im leitenden Ehrenamt“, aber nicht nur an sie, genutzt werden kann sie von allen Engagierten. Dr. Knecht listete eingangs auf, dass sich in Frankfurt rund 600 Personen ehrenamtlich in der Gemeinde mit Leitungsaufgaben befassen, hinzu kämen rund 3000 weitere Personen, die sich in Gemeinden engagieren. Für den Schwerpunkt Kinder- und Jugendarbeit haben sich rund 500 Leute entschieden, für Seniorinnen und Senioren etwa 300. Hinzu kommen noch zahlreiche Ehrenamtliche, die in der Diakonie und für den Fachbereich I: Beratung, Bildung, Jugend der Evangelischen Kirche in Frankfurt Menschen in dieser Stadt zur Seite stehen.

Die Bedeutung, die den im kirchlichen Rahmen ehrenamtlich Tätigen zugeschrieben wird, zeigte auch die Gästeliste. In der ersten Reihe saß Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler (Frankfurts Erster Bürger). Der Stadtdekan begrüßte ihn als sozusagen „leitenden Ehrenamtlichen der Stadt Frankfurt“, weitere Stadtverordnete waren in die Heiliggeistkirche gekommen, die Kommunale Ausländervertretung war repräsentiert, von katholischer Seite kamen Gaby Hagmans, Caritasdirektorin, Frankfurt und Daniela Marschall-Kehrel, Vorsitzende der katholischen Stadtversammlung, der Frankfurter Sportkreis, die Malteser, die Polytechnische Gesellschaft, sie alle zählten zu den Verbänden, die Vertreterinnen und Vertreter in die Heiliggeistkirche entsandt hatten.

Ein gelungenes Beispiel für Ehrenamt ist das Musikprojekt „bridges – Musik verbindet“ mit Musikern aus aller Welt. Die Wurzeln der Sängerin liegen im syrisch-türkischen Raum, sie kam vor 35 Jahren nach Deutschland, das lautenähnliche Instrument Oud spielte ein Flüchtling aus Syrien, der erst seit kurzem hier ist, aber auch eine ganze Reihe Frankfurterinnen und Frankfurter gehören zu dem Ensemble. „Den Menschen liegen Sachen am Herzen und dafür setzen sie sich ein“, stellte Anke Meyer, die als Bildungsreferentin im Fachbereich I für die Ehrenamtsakademie zuständig ist, „bridges“ und das Thema „Ehrenamt“ vor. Das Publikum zeigte sich beeindruckt von dem Auftritt.

Einen Festvortrag zu dem Thema „Empathie und Solidarität – Christsein und Kirche in der Zivilgesellschaft“ hielt Cornelia Coenen-Marx, Oberkirchenrätin der Evangelischen Kirche in Deutschland im Ruhestand. Die auch als Publizistin profilierte Theologin war bis zum Frühjahr 2015 Sozialreferentin der EKD und in dieser Funktion auch für das Thema „Ehrenamt“ zuständig. „Engagement bedeutet Teilhabe“, sagte sie, es gestalte die Bürgergesellschaft, biete Lebenssinn und Qualifikation. In den vergangenen Monaten habe sich die Kirche als Basis für die Flüchtlingsarbeit bewährt. Ihre Strukturen hätten ermöglicht, rasch ein vielfältiges Angebot aufzubauen. Coenen-Marx zitierte aus einem Artikel des „Freitags“ in dem es hieß „empathisch, effizient und leise“ sei da seitens kirchlicher Kreise schnell geholfen worden. Den Titel des Artikels „Tue Gutes und schweige darüber“ nutzte sie aber auch für kritische Anmerkungen. Empathisch und effizient, solidarisch, „aber nicht immer stumm und leise“, solle die ehrenamtliche Arbeit verstanden werden.

Coenen-Marx erwähnte, dass bei Diakonie und Caritas rund 70 Prozent der ehrenamtlichen Arbeit von Frauen geleistet werde, „die meisten Familienfrauen“. Sie plädierte für ein Bild von Ehrenamt, das wirklich allen zugänglich sei – inklusiv im weitesten Sinne. „Wir brauchen neue Rahmenbedingungen für das Ehrenamt“, verlangte sie. Auch bei der Politik sei Bewegung gefragt, Ehrenamtliche dürften nicht benutzt werden, um den Sozialstaat zurückzuschrauben. Es gelte zwischen Beruf und Ehrenamt neue „Seitenwechselprofile“ zu schaffen, „Care-Zeiten“ müssten bei der Berechnung der Rente auch eine Rolle spielen. Die Kirche solle in die Rolle von „Coaches“ hineinwachsen – Menschen schulen, damit sie anderen Menschen helfen.
www.frankfurt-evangelisch.de